Plutos Herz deutet auf einen 100 Kilometer tiefen Ozean unter der Oberfläche
New Horizons-Aufnahmen des Zwergplaneten Pluto.
Copyright: NASA/APL/SwRI
Providence (USA) – Es wäre eine wissenschaftliche Sensation: Weitere Simulationen von US-Forschern deuten daraufhin, dass der einst neunte und am weitesten von der Sonne entfernte Planet unseres Sonnensystems – der zum Zwergplaneten degradierte Pluto – unter seiner eisigen Oberfläche einen rund 100 Kilometer tiefen Ozean flüssigen Salzwassers besitzt.
Seit dem Vorbeiflug der NASA-Sonde „New Horizons“ im vergangenen Jahr mehren sich die Hinweise auf einen flüssigen Wasserozean auf Pluto. Durch Modellberechnungen und Simulationen eines einen gewaltigen Krater auf Pluto hinterlassenen Einschlags gelang es Wissenschaftlern um Brandon Johnson von der Brown University jetzt erstmals auf die Tiefe und die Zusammensetzung des Ozeans zu schließen.
Wie Johnson und Kollegen aktuell im Fachjournal „Geophysical Research Letters“ (DOI: 10.1002/2016GL070694) berichten, ist der Ozean wahrscheinlich rund 100 Kilometer tief und besitzt einen Salzgehalt, wie er dem des Toten Meeres entspricht.
Während schon frühere Datenauswertungen und thermale Modelle zum Inneren von Pluto und Hinweise auf Plattentektonik für die Existenz eines verborgenen Pluto-Ozeans gesprochen haben (…GreWi berichtete), war es bislang schwer, auf dessen Tiefe und Zusammensetzung zu schließen.
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In ihrer Studie konzentrierten sich die Forscher auf die rund 900 Kilometer durchmessende Ebene mit der Bezeichnung „Sputnik Planung“ im westlichen Teil der herzförmigen hellen Region (s. Abb.). Diese ist heute zwar nahezu frei von jeglichen Einschlagskratern, entstand aber selbst wahrscheinlich einst durch den Einschlag eines mindestens 200 Kilometer großen Objekts.
Um nun zu verstehen, was Sputnik Planum mit dem verborgenen Ozean auf Pluto zu tun hat, muss man sich kurz die Position der Region im Verhältnis zum größten der fünf Pluto-Monde Charon vor Augen führen: Pluto und Charon sind aneinander rotationsgebunden. Das heißt, dass beide Körper einander stets die gleiche Seite zuwenden. Spuktnik Planum befindet sich genau auf der Gezeitenachse, die beide Körper (Pluto und Charon) miteinander verbindet. Diese Position legt wiederum nahe, dass die Ebene über eine sogenannte positive Massenanomalie verfügt. Sie verfügt also über mehr Masse, als der Rest von Plutos Eiskruste. Während Charon an Pluto zieht, würde er also stärker an jenen Regionen mit mehr Masse ziehen, was wiederum erklären würde, warum Spuktnik Planum entlang der Gezeitenachse der beiden Körper ausgerichtet ist.
Es ist allerdings ungewöhnlich, dass gerade ein Einschlagsbecken eine positive Massenanomalie aufweisen sollte: „Ein Einschlagskrater ist eigentlich ein Loch im Boden“, kommentiert Johnson und führt weiter aus: „Man würde hier also viel eher eine negative Massenanomalie erwarten. Das hat uns zu der Frage geführt, wie es hier zu einer positiven Masse kommen kann.“
Ein Teil der Antwort auf die Frage sehen die Forscher darin, dass die Kraterebene nach ihrer Entstehung wieder mit Trockeneis angefüllt wurde. Diese Eisschicht fügte der Eben also wieder Masse hinzu. Allerdings ist diese Schicht alleine nicht dick genug, um die positive Masse von Sputnik Planum zu erklären: „Der Rest der Masse wurde wahrscheinlich von einer Flüssigkeit unterhalb der Oberfläche hinzugefügt“, so die Forscher.
„Wie eine auf ein Trampolin fallende Bowlingkugel, so erzeugt ein großer Einschlag nicht nur eine (gewaltige) Delle in einer Planetenoberfläche, sondern wird auch von einem Rückschlag gefolgt, der dann wieder Material aus den Tiefen des Planeteninneren nach oben zieht. Ist dieses nach oben gelangende Material nun dichter als jenes Material, das durch ein Einschlag fortgeschleudert wurde, so verfügt die Kraterebene am Ende wieder über die selbe Masse wie vor dem Einschlag. Geologen sprechen angesichts eines solchen Phänomens von einem isostatischen Ausgleich,“
Da Wasser dichter ist als Eis, könnte ein unter der Oberfläche verborgener Ozean, und die später sich darüber angesammelte Trockeneis-Schicht,die positive Masseanomalie von Sputnik Planum am besten erklären.
„Nun wollten wir dieses Szenario auch anhand von Computermodellen des Pluto auch überprüfen. Das Ergebnis zeigt uns, dass die Entstehung der positiven Masseanomalie stark von der Frage abhängt, wie tief der postulierte Ozean tatsächlich und wie salzhaltig er ist, da Salz die Dichte des Wassers verändert.“
Anhand verschiedener Modelle zeigt sich, dass auf der Grundlage der Eiskruste der darunter verborgene Ozean mindestens 100 Kilometer tief und einen Salzgehalt von rund 30 Prozent haben müsste.
„Es ist schon ziemlich erstaunlich, dass wir mit Pluto einen Himmelskörper haben, der sich so weit von der Sonne entfernt, im äußeren Sonnensystem befindet und dennoch immer noch flüssiges Wasser besitzt“, so Johnson abschließend.
Derzeit suchen die Forscher in weiteren Daten der Sonde nach weiteren Hinweisen für den Pluto-Ozean.
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