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„Dieses Material wird unser Leben verändern“ – Erstmals „metallischer Wasserstoff“ erzeugt


Mikroskopaufnahmen der Phasen bei der Erzeugung von festen metallischem Wasserstoff (r.) aus molekularem Wasserstoff (l.).

Copyright: R. Dias and I.F. Silvera

Cambridge (USA) – Er galt bislang als Heiliger Gral der Hochdruckphysik, ein seit knapp einem Jahrhundert gesuchter moderner „Stein der Weisen“ – sogenannter metallischer Wasserstoff. Jetzt berichten Harvard-Wissenschaftler, dass es ihnen erstmals gelungen sei die exotische Form des Wasserstoffs herzustellen und schwärmen schon jetzt von den umfangreichen Anwendungsmöglichkeiten: „Dieses Material wird das Leben auf unserem Planeten verändern!“

Wie Professor Isaac Silvera und Ranga Dias von der Harvard University aktuell im Fachjournal „Science“ (DOI: 10.1126/science.aal1579) berichten, könnte der atomar-metallische Wasserstoff grundlegende Fragen über die Natur von Materie im Allgemeinen beantworten und für eine große Bandbreite an Anwendungen, etwa als Supraleiter bei Raumtemperatur oder Supertreibstoff in der Raumfahrt genutzt werden.

„Es ist das erste Mal, dass metallischer Wasserstoff auf der Erde hergestellt werden konnte“, berichtet Silvera von seinem eigenen Forschungserfolg fasziniert: „Wenn man so will, sehen wir hier ein Material, das so noch nie auf der Erde existiert hat.“

Um eine Kleinstprobe des Materials herzustellen, setzten die Wissenschaftler eine winzige Menge Wasserstoffgas einem Druck von 495 Gigapascal und damit höheren Druckverhältnissen im Erdkern aus: „Unter diesem extremen Druck, löst sich die Molekülbindung des normalerweise gasförmigen molekularen Wasserstoffs auf und nimmt einen festen (kristallinen) Zustand an – wird ein Metall.“

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Mit dem neuen Material, so schwärmen die beiden Wissenschaftler, eröffne sich ein faszinierendes Fenster für eine ganze Reihe „revolutionärer Materialien und Anwendungsmöglichkeiten“. Gerade auch, weil metallischer Wasserstoff wahrscheinlich sogar stabil sei.

„Das bedeutet, dass wenn man den Druck wegnimmt, der Wasserstoff in seiner metallischen Form verbleibt – vergleichbar etwa mit einem Diamant, der ja auch durch gewaltigen Druck und intensive Hitze entsteht, wenn diese auf Graphit einwirken. Fallen Druck und Hitze weg, bleibt der Diamant ein Diamant.“

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Vor diesem Hintergrund könnte metallischer Wasserstoff nun etwa als Supraleiter genutzt werden, der dann nicht mehr aufwendig gekühlt werden müsste und schon bei Raumtemperatur eingesetzt werden kann: „Das wäre geradezu revolutionär“, so Silvera und Dias und führen dazu weiter aus: „Schon bei der bisherigen Energieübertragung gehen bis zu 15 Prozent alleine während des Transports verloren. Könnte man dieses Material nun in Stromleitungen und Netzwerken einsetzten, so würde dieser Verlust wegfallen.

Ein bei Raumtemperatur funktionierender Supraleiter könnte zudem unsere Transportsysteme völlig verändern, in dem magnetische Levitation (also sozusagen das Schweben) von Hochgeschwindigkeitszügen möglich wird oder Elektroautos – aber auch alle anderen elektrischen Geräte – sehr viel effizienter betrieben werden könnten.

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Auch für die Energieerzeugung und -speicherung bringt metallischer Wasserstoff viele Vorteile, da Supraleiter keinen Widerstand aufbauen und Energie so gespeichert werden kann, in dem Strom in supraleitenden Spulen aufrechterhalten und jeweils bei Bedarf genutzt werden kann.“

Auf diese Weise habe metallischer Wasserstoff „das Potential, das Leben auf der Erde zu verändern“, so die Forscher. Metallischer Wasserstoff könnte darüber hinaus eine Schlüsselrolle bei der Erforschung des Weltraums spielen, da er deutlich effizientere Raketenantriebe ermögliche: „Um das Material herzustellen, benötigt man zwar große Mengen an Energie. Aber es ist genau diese Energie, die bei der Rückumwandlung in molekularen Wasserstoff auch wieder freigesetzt wird“, erklärt Silvera. „Auf diese Weise entstünde der bislang kraftvollste Treibstoff überhaupt, der die mit Raketen betriebene Erforschung des Weltalls revolutionieren könnte.“

Tatsächlich erbringen bisherige Raketentreibstoffe einen sog. „spezifischen Impuls“ (s), also die Geschwindigkeit der Antriebsgase beim Verlassen der Düse, von rund 450-470 s. Metallischer Wasserstoff, so haben Wissenschaftler errechnet, könnte mehr als 1.700 s entwickeln. „Das würde uns die Erforschung des äußeren Sonnensystems erlauben oder wir könnten Raketen mit deutlichen höheren Nutzlasten nur noch mit einer statt zwei Antriebsstufen in Erdumlaufbahnen bringen.“

Zeitgleich mit der Veröffentlichung des Fachartikels, treten Kritiker massiv auf den Plan und bezeichnen die Arbeit der beiden Harvard-Physiker als „kompletten Müll ohne jegliche Daten“, berichtet Spiegel-Online und zitiert drei der Hauptkonkurrenten von Silvera im Rennen um die Herstellung metallischen Wasserstoffs. Die Arbeit sei „es nicht Wert, ihr Beachtung zu schenken“ und sogar von „Betrug“ ist die Rede. Das Hauptargument der gemeinsamen Kritik von Eugene Gregoryanz von der University of Edinburgh, Mikhail Eremets vom Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz und Ross Howie vom Center for High Pressure Science & Technology Advanced Research in Shanghai: Der angeblich metallische Wasserstoff habe sich nur bei einem einzigen Versuch gezeigt. Silvera und Dias hätten das beschriebene Experiment nie wiederholen können. Auch habe man „keinesfalls“ den beschrieben Druck erreichen können und es sei sogar „fraglich, dass überhaupt Wasserstoff verwendet worden sei“. Bis zum Redaktionsschluss dieser Meldung war noch keine Reaktion der derart angegriffenen Wissenschaftler bekannt. GreWi wird weiterhin berichten…

© grenzwissenschaft-aktuell.de

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Andreas Müller
Fachjournalist Anomalistik | Autor | Publizist
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