Super-Zivilisation um fernen Stern? Analyse bestätigt „KIC 8462852“ als „herausragendes SETI-Ziel“
Diese Aufnahme des Keck-Observatory zeigt KIC 8462852 im Vergleich zu seinem Begleitstern
Copyright/Quelle: Boyajian et al.
University Park (USA) – Erst vor wenigen Tagen sorgten US-Astronomen durch die Entdeckung des auffallend ungewöhnlichen Lichtmusters des fernen Sterns „KIC 8462852“ weltweit für Schlagzeilen, könnte das Muster doch auch das Ergebnis einer gewaltigen künstlich erschaffenen Struktur sein, die den Stern umkreist. Während Kritiker dieser Theorie natürliche Erklärungen wie ein Kometen- oder Asteroidenbombardement bevorzugen, weist nun eine aktuelle Studie die „bizarre Lichtkurve“ des Sterns als „herausragendes Ziel“ für die Suche nach außerirdisch-intelligentem Leben (Search for Extraterrestrial Intelligence, SETI) im Umfeld des Sterns aus.
Schon zuvor hatte sich Jason Wright von der Penn State University angesichts der vom NASA-Weltraumteleskop „Kepler“ entdeckten Lichtmuster des rund 1480 Lichtjahre entfernten Sterns begeistert gezeigt: „Als mir (Tabetha Boyajian) diese Daten zeigte, war ich davon ganz fasziniert, so verrückt sahen sie aus“, so Wright gegenüber Ross Andersen auf „TheAtlantic.com„. „Zwar sollten Außerirdische immer die letzte Hypothese sein, die man angesichts neuentdeckter Phänomene diskutiert, doch das hier sah genau so aus, wie das, was man erwartet, wenn es von einer außerirdischen Zivilisation erbaut worden wäre.“ Zugleich erklärte der Astronom, dass der Stern unmittelbar zum derzeit potentiell wichtigsten SETI-Ziel erklärt und bereits Beobachtungszeit mit einem großen Radioteleskop erbeten wurde (…GreWi berichtete).
In einem aktuell veröffentlichten Fachartikel gehen Wright und Kollegen weiter auf die Merkmale und besonderen Eigenschaften von „KIC 8462852“ ein:
„Während für die ungewöhnlichen Lichtmuster einer ganzen Reihe veränderlicher Sterne (wie bspw.: „KIC 12557548“ und „CoRoT-29″) ausreichend natürliche Erklärungen gefunden werden konnten (u.a. Monde, Planeten, große Sonnenflecken, protoplanetare Scheiben, Kometen- und Asteroidengürtel, gewaltige Kollisionen, Instrumentenfehler) und somit die Hypothese eines intelligenten außerirdischen Ursprungs (ETIH) nicht weitergehend rechtfertigen, stimmt die bizarre Lichtkurve von ‚KIC 8462852‘ mit der Signatur eines ganzes Schwarms von (künstlichen) Megastrukturen überein, (die den Stern umkreisen).“
Grafische Illustration eines sogenannten Dyson-Schwarms
Copyright: GFDL/BY-SA-3.0/via Wikimedia Commons
Tatsächlich, so erläutern Wright und Kollegen in ihrem aktuellen Artikel, tun sich die Entdecker der ungewöhnlichen Lichtkurve von „KIC 8462852“ schwer damit, deren Eigenschaften mit natürlichen Szenarios in Übereinstimmung zu bringen. Besonders die Schlussfolgerung, dass es sich offenbar um individuelle Objekte handelt, deren Form jeweils von der einer Kugel stark abweicht, mache es schwer, die Materieansammlung, die den Stern umkreist, auf natürliche bzw. astrophysikalische Weise zu erklären.
www.grenzwissenschaft-aktuell.de
+ HIER können Sie den täglichen GreWi-Newsletter bestellen +
Insgesamt bedecken die Objekte bei ihrem Umlauf bzw. Transit vor ihrem Stern etwa die Hälfte des Sternradius. Die Beobachtungen legen zudem nahe, dass es sich um mindestens acht Objekte gewaltigen Ausmaßes handeln muss.
Während zunächst ein Ringsystem einleuchtend erschien, spreche gegen die Vorstellung, dass das Lichtmuster keine periodisch exakt wiederkehrenden symmetrischen Merkmale aufweise, wie sie von derartigen Ringsystemen zu erwarten wären.
Während sich das Entdeckerteam um Tabetha Boyajian von der Yale University bislang noch auf Fragmente auseinandergebrochener Exokometen als Erklärung für das Lichtmuster konzentrieren (…GreWi berichtete), beschreiben Wright und Kollegen in ihrem aktuellen Artikel eine „außergewöhnliche Hypothese für ein außergewöhnliches Objekt“: „Wir haben mit ‚KIC 8462852‘ ein System mit allen Merkmalen für einen sog. Dyson-Schwarm“.
Hintergrund:
Die realistischste und am ehesten Dysons ursprünglichen Vorstellungen entsprechende Form (des Einsatzes einer – zumindest teilweisen – künstlichen Ummantelung eines Stern, etwa zur direkten und großskaligen Energiegewinnung) ist der Dyson-Schwarm. Er besteht aus einer großen Zahl unabhängiger Solarkollektoren die den Stern umkreisen. Sie könnten sich in Größe und Form unterscheiden und gegebenenfalls eigenständige Habitate bilden. Es wurde eine Vielzahl von Vorschlägen für mögliche Verteilungsmuster gemacht, jeder mit seinen eigenen Vorzügen und Nachteilen. Zum Beispiel nutzt ein Dyson-Schwarm in Scheibenform die kinetische Energie seines Rohmaterials am besten aus, das vorwiegend aus Asteroiden besteht, die nahe der Ebene der Ekliptik in ungefähr der gleichen Umlaufrichtung kreisen. In jedem Fall würden einige Kollektoren einen Teil ihres Umlaufs im Schatten anderer verbringen und somit die Effizienz des Schwarms etwas herabsetzen. Das Verhältnis des Erdbahnradius von 149.600.000 km zum Sonnendurchmesser von 1.392.700 km beträgt rund 107,4. Das bedeutet, dass beim Erdbahnradius der Kernschatten eines als kreisscheibenförmig angenommenen Solarkollektors rund 107,4-mal so lang wie der Durchmesser des Solarkollektors ist. In einer Entfernung vom 1074-fachen des Durchmessers des Solarkollektors kann daher die maximale Abschattung nur noch 1 % betragen, weil, von dort aus gesehen, der scheinbare Durchmesser des Solarkollektors 10-mal kleiner ist als der scheinbare Durchmesser der Sonne.
(Quelle: Wikipedia)
„Traditionell verfolgt SETI (das Programm zur Suche nach Signalen/Hinweisen außerirdischer Intelligenz) die nachvollziehbare Strategie, sich auf die am vielversprechendsten Ziele zu konzentrieren. Vor dem Hintergrund der qualitativen Einzigartigkeit dieses Objekts und besonders vor dem Hintergrund, dass angedachte natürliche Ansätze als Erklärung inadäquat erscheinen und nicht zuletzt weil bereits aufgezeigt werden konnte, dass gerade das Weltraumteleskop Kepler anhand seiner Messungen in der Lage sein sollte, außerirdische Mega-Strukturen anhand von Anomalien wie genau dieser zu entdeckten, glauben wir, dass es sich (bei „KIC 8462852″) um das bislang vielversprechendste (inter-)stellare SETI-Ziel überhaupt handelt.“ Der Stern rechtfertige somit „ein gesteigertes Interesse von Seiten der SETI und hierzu weiterführende traditionelle astrophysikalische Beobachtungen.“
Die 4-jährigen Kepler-Beobachtungsdaten zu „KIC 8462852″ zeigen bislang einzigartige auffällige Sprünge auf.
Copyright/Quelle: Boyajian et al.
Gerade die Einzigartigkeit des Lichtmusters von „KIC 8462852“ im Abgleich zu über 100.000 von Kepler untersuchten Sternen, unterstreiche die Bedeutung des Sterns als herausragendes SETI-Ziel, so die Astronomen abschließend. „Aufgrund dieser Einzigartigkeit bliebe das Objekte aber auch dann noch von großer Bedeutung, wenn sich das Lichtmuster von ‚KIC 8462852‘ als natürlicher Effekt herausstellen sollte.“
© grenzwissenschaft-aktuell.de