Außerirdisches Signal? Neuer Radioblitz (FRB) stellt Astronomen vor weitere Rätsel
Der FRB 150215.
Copyright: Emily Petroff via Twitter
Dwingeloo (Niederlande) – Sie sind eines der derzeit größten Rätsel der Astronomie: Schnelle Radioausbrüche (Fast Radio Bursts; FRBs) sind nur wenige Millisekunden andauernde, dafür aber extrem energetische Radioblitze, von denen bislang erst 17 bzw. 22 Exemplare aufgefangen wurden und über deren Herkunft und Natur immer noch spekuliert wird. Während die einen dahinter ein noch unbekanntes astrophysikalisches Phänomen vermuten, hoffen andere wiederum, dass es sich um intelligente Signale von Außerirdischen handeln könnte. Ein neues Signal stellt Astronomen nun vor zusätzliche Rästel.
Live aufgefangen wurde der FRB mit der Bezeichnung „FRB 150215“ im Februar 2015 mit dem Parkes Telescope in Australien und wurde von seinen damaligen Entdeckern um Emily Petroff vom Netherlands Institute for Radio Astronomy (ASTRON) jetzt in einem Fachartikel vorab via ArXiv.org beschrieben.
Der Vorteil der direkten Live-Beobachtung eines FRBs liegt in dem Umstand, dass unmittelbar auch andere Teleskope auf die immer noch seltenen hochenergetischen Radioblitze aufmerksam gemacht und Folgebeobachtungen durchgeführt werden können. Auf diese Weise können Astronomen weitere Informationen über das Signal erlangen – etwa über dessen Polarisation.
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Wird (Radio-)Licht polarisiert, so weisen seine elektrischen Felder alle in die gleiche Richtung. Die Messungen zeigten denn auch, dass 43 Prozent des Lichts von FRB 150215 eine lineare Polarisation aufweist.
Bislang konnten Astronomen nur von vier der bis zu 22 entdeckten und dokumentierten FRB deren Polarisation messen. Dabei zeigte sich, dass ein Signal gar keine Polarisation aufwies, eines eine lineare, ein anderes eine zirkulare und zwei sowohl zirkulare als auch lineare Polarisationen besaßen.
Im Fall von „FRB 150215“ gelang es den Astronomen hinzu, die sogenannte Faradaysche Rotation der Polarisation aufgrund der Magnetfelder zu vermessen, die das Signal auf seinem Weg zur Erde passiert hatte. Dies erlaubte es ihnen dann, die Magnetfelder zwischen uns und der Quelle des Signals zu untersuchen: Je mehr Magnetfelder vorhanden, um so höher ist die Faradaysche Rotation.
Ausschnittsvergrößerung des Signals von „FRB 150215“
Copyright: E. Petroff
Die für FRB 150215 bestimmte Quantität lag jedoch bei Null. Obwohl das Signal, um uns zu erreichen, durch eine sehr dichte Region unserer Milchstraße gereist sein muss, scheint es allerdings – zur Überraschung der Astronomen – nur zu sehr geringen magnetischen Wechselwirkungen gekommen zu sein, obwohl dies gerade innerhalb besagter Region genau umgekehrt sein sollte.
Dieser Umstand sei sehr merkwürdig, erläutert Petroff. „Dieses FRB-Signal scheint einen sehr ungewöhnlichen und glücklichen Weg durch unsere Galaxie genommen zu haben. Vermutlich haben wir es auch überhaupt nur deshalb vor dem sonst so dichten Hintergrund gefunden.“
„Einhergehend mit dem eigentlichen Signal haben wir zudem während der folgenden 17,25 Stunden weder Wiederholungen noch Begeleitsignale finden können“, so Petroff gegenüber Gizmodo.com. „Wie aber etwas, dass die Energie von 500 Millionen Sonnen erzeugt, kein ‚Nachglühen‘ aufweisen kann, ist uns ein Rätsel.“
Bei dem Versuch, die Quelle des Signals unmittelbar nach dessen Ausbruch ausfindig zu machen, gelang es den Astronomen insgesamt 11 Teleskope darauf anzusetzen, die das Signal dann im Röntgen-, Gammastrahlenspektrum, in Radio- und optischen Wellenlängen, sowie auf Neutronemissionen untersuchten – alle jedoch ohne Erfolg.
„Trotz dieser großen Aufwendungen, war es uns leider nicht möglich, di Quelle von ‚FRB 150215‘ zu lokalisieren. Dennoch deuten die Beobachtungseigenschaften des Signals auf eine Quelle außerhalb unserer Milchstraße (also in einer fernen Galaxie) hin“, schreiben die Astronomen in ihrem Fachartikel.
Bislang konnte lediglich für das Signal „FRB 121102“ (bei dem es sich hinzu um das einzige bislang bekannte, sich wiederholende FRB-Signal handelte) die dazugehörige Quelle im Innern einer lichtschwachen, rund 2.5 Milliarden Lichtjahre entfernten Zwerggalaxie im Sternbild Fuhrmann (Auriga) lokalisiert werden (…GreWi berichtete).
Derzeit befindet sich der Fachartikel noch im Stadium der Peer-Review-Expertenbegutachtung. Es ist also durchaus möglich, dass unabhängige Astronomen auch noch Fehler in der Auswertung der Rohdaten ausmachen und so vielleicht das Rätsel um „FRB 150215“ klären können.
Sollten sich die Auswertungen und Dateninterpretationen der ASTRON-Astronomen jedoch wie erwartet bestätigen, stehen Astronomen vor weiteren Rätsel rund um die schnellen Radioausbrüche.
Während Astronomen weiterhin darum bemüht sind, die Quellen der Signale einzugrenzen, ist also weiterhin offen, woher die Blitze stammen und ob sie einer astrophysikalischen Quelle – etwa Neutronensternen – entstammen, oder es sich vielleicht auch um ebenso ungewöhnlich kurze wie intensive künstliche Signale einer fernen außerirdischen Zivilisation handelt.
Zumindest zu letzterer Spekulation nimmt Emily Petroff via Twittr derzeit noch eine deutlich distanzierte Position ein…
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