Streit um „UFO-Akte des Bundestages“ geht in die letzte Fachinstanz
Der Sitz des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig.
Copyright: Dirk Goldhahn, gemeinfrei
Leipzig (Deutschland) – Nach jahrelangem Hin- und Her durch die Instanzen geht am morgigen Donnerstag Rechtsstreit um die Freigabe einer Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages zum Thema UFOs, Außerirdische und das Interesse der Bundesregierungen an deren Erforschung, in die Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig und damit zugleich in die letzte mögliche Fachinstanz. Da der Inhalt der „UFO-Akte des Deutschen Bundestages“ jedoch bereits bekannt ist, geht es um weit mehr als nur um diese Ausarbeitung – es geht um eine grundlegende Frage Informationsfreiheit in Deutschland.
Da die Fachbereiche der Wissenschaftlichen Dienste „die Abgeordneten bei ihrer politischen Arbeit in Parlament und Wahlkreis durch Fachinformationen, Analysen und gutachterliche Stellungnahmen“ unterstützen, sollte man zunächst eigentlich annehmen, dass ihre Ausführungen und Expertisen auch öffentlich einsehbar sind bzw. veröffentlicht werden dürfen. Tatsächlich ist das aber nicht der Fall – zumindest so lange nicht, wie sich die Verwaltung des Bundestages nicht dazu entschließt, entsprechende Ausarbeitungen auch selbst zu veröffentlichen.
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Offenkundig wurde das Problem angesichts einer Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste zum Thema UFOs und Außerirdische 2010: Beauftragt wurde diese Ausarbeitung von einer Abgeordneten des Deutschen Bundestages, um herauszufinden, ob und wenn ja wie die UN-Resolution 33/426 UN-Resolution 33/426 aus dem Jahr 1978 in Deutschland umgesetzt wurde. In dieser Resolution wurden interessierte Mitgliedsstaaten dazu eingeladen „(…) geeignete Schritte auf nationaler Ebene zur Koordination wissenschaftlicher Forschung und Untersuchung außerirdischen Lebens, einschließlich unidentifizierter fliegender Objekte [UFOs] zu unternehmen, und den Generalsekretär [der Vereinten Nationen] über die Beobachtungen, Forschung und Evaluierung dieser Aktivitäten zu informieren.“
(Anm. d. GreWi-Red.: Zu einer Umsetzung der UN-Resolution kam es in Deutschland – zumindest laut offizieller Sprachregelung deutscher Regierungen – nie. Die Ausarbeitung weist jedoch erläuternd darauf hin, dass zu keinem Zeitpunkt Deutschland zu einem solchen Schritt verpflichtet gewesen sei, da die Resolution nur „empfehlenden“ Charakter hatte.)
Tatsächlich sind die Inhalte dieses „UFO-Dossiers“ schon seit 2010 bekannt. Eine der interessantesten Schlussfolgerungen der Ausarbeitungen ist die, dass „die Tatsache, dass sowohl Großbritannien als auch Frankreich sich mit der Fragestellung nach der Existenz von UFOs und außerirdischen Lebensformen beschäftigten und dies – nach vorheriger Geheimhaltung – in den letzten Jahren sogar via Internet veröffentlicht haben, die Vermutung nahelegt, dass sich auch deutsche Behörden oder Ministerien mit dieser Fragestellung befasst haben bzw. befassen“ (…GreWi berichtete).
Der Grund für den Rechtsstreit der Verwaltung des Deutschen Bundestages liegt also ganz offensichtlich nicht im Inhalt und an den – wenn auch brisanten – Schlussfolgerungen der UFO-Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste, sondern in dem Umstand, dass der Ausgang dieses Verfahrens auch auf alle anderen Ausarbeitungen der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages anwendbar sein wird: Wird dem Kläger stattgegeben, so müsste schließlich auch Einsicht und Veröffentlichung aller anderen Ausarbeitungen der Wissenschaftlichen Dienste gewährt werden – auch wenn deren Informationsgehalt und Schlussfolgerungen derzeitigen Sprachregelungen und Argumenten der regierenden Politiker und Parteien widersprechen sollten.
Aufgrund der Berufung der Verwaltung des Deutschen Bundestages auf das Urheberrecht seiner Wissenschaftlichen Dienste geht es in dem heutigen Verfahren also auch darum zu ermitteln, ob diese Dienste Teil der Bundestagsverwaltung sind und dann auch dem bundesdeutschen Informationsfreiheitsgesetz (IFG) unterstünden, oder ob sie zum parlamentarischen Betrieb gehören und damit von diesem Gesetz ausgenommen wären.
– Die Verhandlung BVerwG 7 C 2 beginnt am 25. Juni 2015 um 10 Uhr im Sitzungssaal VI des Bundesverwaltungsgerichts Leipzig
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