Rosetta beobachtet Veränderungen der Oberfläche auf Komet 67P/Churyumov-Gerasimenko
Die glatte, ebene Fläche, durchbrochen nur von einem gezackten Steilhang, auf der Südseite des Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko in der Region Imhotep hat sich zwischen dem 24. Mai und dem 11 Juli 2015 dramatisch verändert. Die verschiedenfarbigen Pfeile markieren verschiedene beckenförmige Vertiefungen, die sich nach und nach ausdehnen. Weitere Abbildungen siehe unten.
Copyright: ESA/Rosetta/MPS for OSIRIS Team MPS/UPD/LAM/IAA/SSO/INTA/UPM/DASP/IDA
Marseille (Frankreich) – Dass sich Kometen mit zunehmender Sonnennähe unter dem Einfluss der Sonne verändern ist ebenso zu erwarten wie bekannt. Jetzt gelangen mit der europäischen Kometensonde „Rosetta“ aber erstmals erstaunliche direkte Aufnahmen dieser Prozesse, die Forscher weiterhin aber auch noch vor einige Fragen stellen.
Bislang waren es hauptsächlich die Ausgasungen und Staub, der vom Kometen ins All gespuckt wurde und sich in Form von eindrucksvollen Fontänen auf zahlreichen Aufnahmen der Sonde abzeichnet und nicht zuletzt den bekannten Schweif von Kometen in Sonnennähe bildet. Während Forscher davon ausgehen, dass dieser stetige Materialverlust auch die äußere Form eines Kometen nach und nach verändert, konnten derartige Prozesse bislang noch nie direkt beobachtet werden. Auch auf 67P fehlten diese Anzeichen lange Zeit.
Jetzt veröffentlichte Aufnahmen der Sonde, zeigen nun aber Geländeverformungen aufgrund von Erosion, die sich Ende Mai, also knapp drei Monate bevor der Komet seinen sonnennächsten Punkt erreichte, in der Region Imhotep ereigneten.
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„Die Erosionen beginnen als kleine, runde Vertiefungen, die dann um sich greifen und sich nach und nach ausdehnen“, beschreibt Olivier Groussin vom Laboratoire d’Astrophysique de Marseille, Erstautor der im Fachjournal „Astronomy & Astrophysics “ (DOI: 10.1051/0004-6361/201527020 )veröffentlichten Studie. Insgesamt habe man fünf solcher Stellen, zwei größere mit Durchmessern von zuletzt 140 und 220 Metern und drei kleinere, entdeckt.
„Dies ist das erste Mal, dass wir mitverfolgen können, wie sich eine Kometenoberfläche Schritt für Schritt entwickelt“, bemerkt Holger Sierks vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS), Leiter des OSIRIS-Kamera-Teams und Zweitautor der Studie.
Copyright: ESA/Rosetta/MPS for OSIRIS Team MPS/UPD/LAM/IAA/SSO/INTA/UPM/DASP/IDA
Zum Vergleich: Die Veränderungen, die sich zwischen 2005 und 2011 auf der Oberfläche des Kometen 9P/Tempel 1 vollzogen, sind lediglich durch zwei, sechs Jahre auseinanderliegende Schnappschüsse der Raumsonden Deep Impact und Stardust belegt. Rosetta macht nun erstmals sichtbar, wie sich solche Veränderungen vollziehen.
Bisher beschränke sich die Umgestaltung auf ein Gebiet mit einer Größe von 0,8 Quadratkilometern in der Region Imhotep, die eine gleichmäßige Staubschicht überzieht, erläutert die Pressemitteilung des MPS. „Die gesamte Unterseite des Kometen erreichte im Frühsommer dieses Jahres besonders viel Sonnenstrahlung. Die Ausgangsstellen der Erosion dürften zudem besonders warm gewesen sein: Sie erhalten bereits am Morgen Sonnenlicht; mittags steht die Sonne über ihnen im Zenit. In allen fünf Fällen handelt es sich zudem um kleine Unregelmäßigkeiten in der glatten Ebene: kleinere Klippen, Ränder oder Böschungen.“
Angesichts der Aufnahmen vermuten die Forscher nun, dass die oberflächliche Staubschicht dort dünner ausfällt: „Die gefrorenen Gase, die darunter verborgen sind und sich durch eine leicht bläuliche Färbung dieser Gebiete bemerkbar machen, heizen sich so besonders schnell auf. Sie verdampfen und reißen Brocken aus Staub und Gestein mit sich. Etwa 40 Prozent der Ebene hat sich auf diese Weise nun erneuert.“
„Erstaunlicherweise hat dennoch der Ausstoß winziger Staubteilchen über der Region nicht deutlich zugenommen“, so Sierks. Das zeigen Aufnahmen, welche die Umgebung des Kometen abbilden.
Vor diesem Hintergrund rätseln die Wissenschaftler derzeit noch darüber, wo das erodierte Material geblieben ist? „Möglicherweise hat der Komet zusätzlich etwas größere Staubteilchen mit einem Durchmesser von einigen Millimetern ins All gespuckt. Solche Teilchen sind in OSIRIS-Aufnahmen nicht gut zu erkennen. Wahrscheinlich waren zudem einige Brocken, die aus der Oberfläche herausgerissen wurden, zu groß und schwer, um ins All zu entweichen“, erklärt Groussin. Diese fliegen nur ein Stück weit und fallen dann zurück auf die Oberfläche. Da der Kometenkern zudem sehr porös ist, könnte ein Teil des freigesetzten Staubs auch in Ritzen und Rissen abgesackt sein.
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