Extrakte aus der Zistrose wirken gegen HIV und Ebolaviren
Zistrosenblüte
Copyright: André Karwath, CC BY-SA 2.5
Neuherberg (Deutschland) – Aus der als Heilpflanze bekannten Zistrose gewonnene Extrakte zeigen erstaunlich antivirale Aktivität gegen HIV und Ebolaviren in Zellkulturen, berichten Wissenschaftler nach Untersuchungen am Helmholtz Zentrum München.
Wie Prof. Dr. Ruth Brack-Werner und Dr. Stephanie Rebensburg vom Helmholtz Zentrum München (HMGU) aktuell im Nature-Fachjournal „Scientific Reports“ (DOI: 10.1038/srep20394) berichten, inaktivieren die Extrakte der Zistrose (Cistus incanus) HI-Viren, Ebola- oder Marburg-Viren und verhindern so ihre Vermehrung in Laborexperimenten, in dem sie das Andocken der Viren an Zellen blockieren. Dazu binden Inhaltsstoffe der Extrakte selektiv an die Viruspartikel und verhindern so die Infektion.
„Virale Infektionen sind für Ärzte nach wie vor eine große Herausforderung, obwohl zum Beispiel für HIV/AIDS etliche antivirale Wirkstoffe verfügbar sind“, erläutert die HMGU-Pressemitteilung und führt weiter aus: „Gegen HIV/AIDS werden aufgrund von Resistenzbildung dringend neuartige Wirkstoffe benötigt und gegen Ebola- oder Marburg-Viren gibt es derzeit noch keine zugelassenen Präparate.“
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Das Team um Brack-Werner arbeitete mit klinischen Isolaten des Humanen Immundefizienz-Virus (HIV) vom Typ 1 und 2, einschließlich eines HIV-Stammes, der gegen mehrere therapeutisch eingesetzte antivirale Wirkstoffe resistent ist. „Extrakte der Zistrose inaktivierten HI-Viren bei allen Experimenten“, sagt Brack-Werner. Sie blockieren virale Hüllproteine, womit das Andocken der Viren an die Wirtszellen verhindert wird. Selbst nach 24-wöchigen Labortests entstanden keine Resistenzen.
„Unsere Ergebnisse zur anti-HIV-1-Wirkung von Cistus incanus liefern erste Hinweise, dass käuflich erhältliche Extrakte aus der Zistrose, oder anderen Pflanzen wie Pelargonium sidoides für die Entwicklung von neuartigen und wissenschaftlich fundierten Phytotherapeutika gegen HIV genutzt werden könnten“, so Brack-Werner. „Da die antivirale Wirkungsweise der von uns untersuchten Pflanzenextrakte sich von allen bisher klinisch eingesetzten Medikamenten gegen HIV-1 unterscheidet, wären solche Präparate eine wertvolle Ergänzung der Palette an etablierten Arzneistoffen“.
Neben HIV waren die Extrakte der Zistrose nicht nur gegen HIV sondern auch gegen Viruspartikel mit Hüllproteinen von Ebola- bzw. Marburg-Viren aktiv. Die Forscher fanden zudem Hinweise dafür, dass Cistus-Extrakte viele antivirale Inhaltsstoffe enthalten, die in Kombination wirken könnten: „Zusammen mit der bereits in der Literatur beschriebenen antiviralen Aktivität von Cistus Extrakten gegen Influenzaviren, belegen die Ergebnisse die breite antivirale Wirkung von Cistus Extrakten gegen wichtige humanpathogene Viren.“
Virusbedingte Infektionen zählen zu den weltweit zehn häufigsten Todesursachen bei Menschen (HIV/AIDS: gelistet als Rang 6 von der WHO). Die Entdeckungen aus Brack-Werners Labor eröffnen eine Reihe neuer Anwendungen im globalen Kampf gegen virale Infektionskrankheiten, so die HMUG. Hierzu zähle etwa die Entwicklung von optimierten antiviralen Gemischen aus Pflanzenextrakten als Phytotherapeutika. Cremes oder Gels könnten als Mikrobizide die sexuelle Verbreitung von Erregern wie HIV verhindern, da Cistus-Extrakte die Infektiosität von Viruspartikel unterbinden. Darüber hinaus seien Cistus- und Pelargonium-Pflanzenextrakte vielversprechende Quellen für die Isolierung von neuen Wirkstoffklassen bzw. -Molekülen. Die jetzt veröffentlichten weiterführenden Arbeiten im Labor zielen auf die Untersuchung der antiviralen Aktivitäten dieser pflanzlichen Extrakte beim Menschen und die Charakterisierung ihrer antiviraler Inhaltsstoffe ab.
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