46.000 Jahre im Permafrost: Fadenwürmer aus der Eiszeit wiederbelebt
Dresden (Deutschland) – In Sibirien haben Forschende zwei Fadenwurmarten entdeckt, die 46.000 Jahre lang im sibirischen Permafrost in einer larvenartigen Kälteschlaf versetzt waren. Nun ist es gelungen, die sogenannt kryptobiotischen Organismen wieder zum Leben zu erwecken.
Wie das Team um Anastasia Shatilovich vom Institut für physikalisch-chemische und biologische Probleme der Bodenkunde der Russischen Akademie der Wissenschaften (RAS), Teymuras Kurzchalia und Vamshidhar Gade vom Max-Planck-Institut für molekulare Zellbiologie und Genetik aktuell im Fachjournal „PLoS Genetics“ (DOI: 10.1371/journal.pgen.1010798) berichten, wurden die beiden Fadenwurmarten bereits 2018 in einer versteinerten Höhle in den Schlammablagerungen des sibirischen Permafrosts entdeckt, die auf ein Alter von 46.000 Jahren datiert werden konnten.
Dass es den Forschenden nun gelungen ist, die Fadenwürmer nach dem Auftauen wiederzubeleben, liegt daran, dass die Tiere seit dem später Pleistozän in sogenannter Kryptobiose lebten, und sich dadurch vor Austrocknung und Gefrieren schützen können.
„Welche molekularen und metabolischen Wege diese kryptobiotischen Organismen nutzen und wie lange sie in der Lage wären, ihr Leben einzustellen, ist nicht vollständig geklärt“, erklären die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen in der Pressemitteilung des Max Planck Instituts.
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Mithilfe einer phylogenetischen Analyse das Team einige der Fadenwürmer als eine neue Art definieren. Durch einen Vergleich des Genoms der als „Panagrolaimus kolymaensis“ bezeichneten neuen Art mit dem des Modellnematoden „Caenorhabditis elegans“ konnten nun Gene identifiziert werden, die in beiden Arten vorkommen und an der Kryptobiose beteiligt sind. Zur Überraschung der Forschenden waren die meisten der Gene, die für das Eintreten der Kryptobiose bei Caenorhabditis elegans, der sogenannten Dauerlarve, notwendig sind, auch bei Panagrolaimus kolymaensis vorhanden. „Als nächstes untersuchte das Forschungsteam die Überlebensfähigkeit von Panagrolaimus kolymaensis und entdeckte, dass eine leichte Dehydrierung vor dem Einfrieren den Würmern half, sich auf die Kryptobiose vorzubereiten, und die Überlebensrate nach Einfrieren bei -80 Grad Celsius erhöhte. Beide Arten produzierten einen Zucker namens Trehalose, wenn sie im Labor leicht dehydriert wurden, was sie möglicherweise in die Lage versetzte, das Einfrieren und die starke Dehydrierung zu überstehen. Auch die Larven von Caenorhabditis elegans profitierten von dieser Methode: Sie überlebten 480 Tage bei -80 Grad Celsius, ohne dass ihre Lebensfähigkeit oder Fortpflanzung nach dem Auftauen beeinträchtigt wurde.“
„Unsere experimentellen Ergebnisse zeigen auch, dass Caenorhabditis elegans über längere Zeiträume in einem Schwebezustand überlebensfähig bleiben kann als bisher angenommen. Unsere Forschung zeigt, dass Fadenwürmer Mechanismen entwickelt haben, die es ihnen ermöglichen, ihr Leben über geologische Zeiträume hinweg zu erhalten“, erklären Gade und Kurzhchalia.
„Unsere Ergebnisse sind wichtig, um evolutionäre Prozesse zu verstehen, weil die Generationszeiten von Tagen bis zu Jahrtausenden reichen können und das langfristige Überleben von Individuen einer Art zum Wiederauftauchen von Abstammungslinien führen kann, die sonst ausgestorben wären“, fasst Philipp Schiffer zusammen, einer der Autoren, der die Studie leitete. Eugene Myers fügt hinzu: „Das komplette und qualitativ hochwertige Genom von P. kolymaensis wird es möglich machen, diese Eigenschaft mit denen anderer Panagrolaimus-Arten zu vergleichen, deren Genome derzeit sequenziert werden.“
Schiffer zeigt sich abschließend überzeugt, dass „die Untersuchung der Anpassung von Arten an solch extreme Umgebungen durch die Analyse ihrer Genome es uns ermöglichen wird, angesichts der globalen Erwärmung bessere Erhaltungsstrategien zu entwickeln.“ Teymuras Kurzchalia sagt: „Diese Studie erweitert die längste berichtete Kryptobiose bei Fadenwürmern um Zehntausende von Jahren.“
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Recherchequelle: MPG
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