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666 – Neutestamentliche Textforschung nähert sich der „Offenbarung des Johannes“

Gemälde von Benjamin West, 1796, nach der Johannesoffenbarung.Copyright: Gemeinfrei
Gemälde von Benjamin West, 1796, nach der Johannesoffenbarung.
Copyright: Gemeinfrei

Münster (Deutschland) – Die auch als „Apokalypse“ bekannte Offenbarung des Johannes schildert in drastischen Bildern das Ende der Welt und gilt als der kryptischste Text der Bibel. Die Deutung der darin beschriebenen Motive und genannten Zahlenwerte ist umstritten In vier neuen Bänden der „Editio Critica Maior“ haben sich neutestamentarische Texforschende auch diesen Endzeitvisionen angenommen und liefern neue und wegweisende Deutungen.

Wie das Team um HHH vom Institut für Neutestamentliche Textforschung (INTF) der Universität Münster berichten, komme ihre nach 12 Forschungsjahren nun abgeschlossene neue Veröffentlichung der neuen Bände der „Editio Critica Maior“ mit Hilfe softwaregestützter Methoden so nah wie möglich an den verschollenen Urtext der Apokalypse heran.

Innerhalb des Neuen Testaments ist die Offenbarung der einzige apokalyptische Text des. Hierzu hat ein Forscherteam am Institut für Septuaginta- und biblische Textforschung (ISBTF) der Kirchlichen Hochschule Wuppertal die griechische Textgrundlage der Offenbarungs-Bände vorgelegt. Die vollständige Ausgabe des griechischen Neuen Testaments entsteht am INTF Institut für Septuaginta- und biblische Textforschung (ISBTF) der Kirchlichen Hochschule Wuppertal. Auf dieser Basis können Wissenschaftler, Übersetzer und kirchliche Praktiker den kontroversen Text nun neu interpretieren.

„Im Vergleich zum bisher publizierten Text findet sich die wichtigste Änderung in Kapitel 21, Vers 6. In der bisherigen Fassung erklärt Gott auf seinem Thron: ‚Es ist geschehen, ich bin das Alpha und Omega‘. Jetzt heißt es: ‚Ich bin geworden, ich, das Alpha und Omega.‘“, berichtet die Pressemitteilung der Universität Münster und erläuter dazu weiter: „Der theologische Bedeutungsunterschied besteht darin, dass Gott entweder schon immer der Erste und der Letzte war, oder dass er der Erste und der Letzte geworden ist. Die Wissenschaftler entschieden sich für die letztere Variante, weil sie in den Handschriften besser belegt ist. Außerdem konnten die Editoren logisch nachvollziehen, warum man bisher die erste Variante verwendete: Sie ist theologisch leichter fassbar. Diese Änderung wird sich auf alle neuen Übersetzungen auswirken.“

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Bei einigen textlichen Problemen, die nur aus dem griechischen Original hervorgehen, konnten die Herausgeber und Herausgeberinnen keine eindeutige Entscheidung treffen, da sich keine schlüssigen Beweise für die eine oder Lesart ergaben: „Deshalb wurden an diesen Stellen beide Lesarten gleichberechtig abgedruckt und die Gründe dafür ausgiebig dargestellt, damit sich der jeweilige Nutzer selbst für eine Variante entscheiden kann. Andere Stellen hingegen konnten jetzt eindeutig als Ausgangstext bestätigt werden, zum Beispiel ‚666‘ (Apk 13,18) als ‚Zahl des Tieres/Teufels‘ und nicht ‚616‘, wie sie in zwei Handschriften auftaucht.

Hintergrund
Die Bibelforscher verglichen alle Textpassagen der Apokalypse mit ausgewählten handschriftlichen Quellen aus der Zeit ungefähr vom zweiten bis zum 17. Jahrhundert. Die Quellen weichen voneinander ab, sei es weil beim Kopieren der Texte unabsichtliche Fehler passiert sind oder weil die Schreiber jeweils eine andere Interpretation bevorzugten oder mehrere Vorlagen kombinierten. Die am INTF entwickelte „kohärenzbasierte genealogische Methode“ erlaubt es, tausende von Textstellen miteinander zu vergleichen und so ihre gegenseitigen zeitlichen Abhängigkeiten unabhängig vom Schreibmaterial festzustellen.
(Quelle: Universität Münster)

Hinzu liefert ein umfangreicher Apparat einen Überblick über die nahezu 100 verwendeten griechischen Manuskripte und eine Auswahl jener Stellen, an denen die Kirchenväter den Originaltext zitiert haben. Hinzu rundet ein Kommentar zu ausgewählten Varianten sowie Untersuchungen zu frühen Übersetzungen und zur patristischen Überlieferung die Veröffentlichung ab. Ein weiterer ganzer Band widmet sich dann der Orthografie des apokalyptischen Textes und ist somit hilfreich für Altphilologen.

„Mit dem Erscheinen der Offenbarung des Johannes in der ECM ist die Arbeit noch lange nicht abgeschlossen. Neben den Online-Inhalten werden nun die verschiedenen Ausgaben des griechischen Neuen Testaments auf dieser Grundlage aktualisiert“, berichtet die Universität Münster. So soll beispielsweise das „Greek New Testament“ der United Bible Societies, der weltweit am weitesten verbreiteten Ausgabe des Neuen Testaments in der Ursprachel, die sich vor allem an Bibelübersetzer richtet, ebenfalls aktualisiert werden. Zugänglicher als die ECM ist der Apparat des sogenannten „Nestle-Aland“. In beiden Herausgebergremien sitzt auch Prof. Dr. Holger Strutwolf, Direktor des INTF und einer der international federführenden Wissenschaftler in der neutestamentlichen Textforschung.

Abgerundet wird die Veröffentlichung der vier neuen Bänder von einer Ausstellung zum 65. Jubiläum des INTF im Bibelmuseum der Universität Münster. Diese bietet noch bis zum 29. September einen Einblick in die Forschung und die aktuelle Arbeit mit dem griechischen Text des Neuen Testatements.

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Recherchequelle: Universität Münster

© grenzwissenschaft-aktuell.de

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Andreas Müller
Fachjournalist Anomalistik | Autor | Publizist
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