Alte Filmaufnahmen belegen: Schimpansen zu rudimentärer Sprache fähig

Symbolbild: Schimpanse Copyright: Pierre Fidenci (via WikimediaCommons) / CC BY -SA 2.5
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Symbolbild: SchimpanseCopyright: Pierre Fidenci (via WikimediaCommons) / CC BY -SA 2.5

Symbolbild: Schimpanse
Copyright: Pierre Fidenci (via WikimediaCommons) / CC BY -SA 2.5

Stockholm (Schweden) – Die Frage, warum nur Menschen eine vokale Sprache entwickelt haben, wird seit Jahrzehnten diskutiert. Ein Team aus Psychologen und Sprachwissenschaftlern hat anhand alter Filmaufnahmen herausgefunden, dass Schimpansen unter den richtigen Umständen rudimentäre sprachähnliche Elemente erlernen können.

Das Team um Axel G. Ekström von der Königlich Technischen Hochschule berichtet im Fachjournal Scientific Reports“ (DOI: 10.1038/s41598-024-67005-w), dass bisher angenommen wurde, Menschenaffen fehle die zur Sprache notwendige Kehlkopfphysiologie oder die gezielte Steuerfähigkeit von Lippen, Zunge und Kiefer.

„Sowohl Stimmgebung als auch kieferoszillatorische Bewegungen sind bei den meisten Säugetieren von Geburt an vorhanden, aber menschliche Sprecher nutzen diese Fähigkeiten zur Produktion von Silben, definiert als Kombination aus konsonantalen Rahmen und vokalischem Inhalt“, so die Forschenden. „Würde eine solche silbische Kopplung bei einem nicht-menschlichen Menschenaffen nachgewiesen, würde dies den Ursprung dieser Fähigkeiten auf eine frühere Evolutionsstufe zurückdatieren.“

Ekström und Kollegen zeigen durch phonetische Analysen und Hörversuche alter Filmaufnahmen, dass die Schimpansen Johnny und Renata disyllabische Äußerungen wie „mamaproduzieren konnten. Johnny schien [m] als wortinitiale Silbe von „mama“ zu produzieren, wobei bei mehreren Äußerungen ein unvollständiger Lippenverschluss zu „wama“ führte. Diese Merkmale waren leicht identifizierbar. Renata hingegen produzierte zuverlässig „mama“ durch vollständigen bilabialen Verschluss.

Die Studie schließt: „Die lexikalische Form „mama“, wenn sie von Schimpansen gesprochen wird, weist phonetische Merkmale auf, die typisch für menschliche Sprecher sind und wird als kontextuell angemessen wahrgenommen. Diese Ergebnisse stützen die wachsende Anzahl von Beweisen dafür, dass große Menschenaffen vokale Produktion lernen können.“

Einschränkend heißt es: „Da unsere Daten aus historischem Filmmaterial stammen und nicht unter experimentellen Bedingungen gesammelt wurden, können wir nicht feststellen, wie die Schimpansen ihre Vokalisationen erlernt haben.“

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Frühere Studien zu Sprachprojekten mit Menschenaffen wurden oft falsch dargestellt. Die wenigen beteiligten Affen wurden irrtümlich als Repräsentanten ihres gesamten Genus gesehen. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Interpretation dieser klassischen Studien mit Vorsicht erfolgen muss. Das Fehlen von Beweisen sollte nicht als Beweis für das Fehlen solcher Fähigkeiten angesehen werden.“

„Fünfzig Jahre nach diesen Projekten dokumentieren Betreuer nun den ‚Missbrauch und die Grausamkeit, die diesen Tieren im Namen der psychologischen Forschung zugefügt wurden‘. Die Affen in den Studien waren traumatisiert, ihre Bedürfnisse wurden nicht erfüllt. Die aktuellen Diskussionen über die Evolution von Sprache stützen sich dennoch auf diese Studien, während neue ethisch genehmigte Studien ignoriert werden.“ Abschließend betont Ekström: „Menschenaffen können menschliche Wörter produzieren; das Versäumnis lag an den Forschern, nicht an den Tieren.“

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Recherchequelle: Scientific Reports

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