Archäologen finden Belege für Legende an Merlins Ruhestätte

Heutiges Luftbild von Tinnis Castle mit Festung. Quelle: Toolis et al, Archaeology Reports Online 2024
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Heutiges Luftbild von Tinnis Castle mit Festung.Quelle: Toolis et al, Archaeology Reports Online 2024

Heutiges Luftbild von Tinnis Castle mit Festung.
Quelle: Toolis et al, Archaeology Reports Online 2024

Drumelzier (Großbritannien) – Die Legenden um König Artus‘ Tafelrunde und den Zauberer Merlin sind nicht nur auf den Britischen Inseln weithin bekannt. Ausgrabungen an jenem Ort, an dem die Merlin-Sage den Tod und die Beisetzung des Zauberers verorten, haben nun tatsächlich eine Grabstätte zu Tage gefördert.

Laut örtlichen Tradition soll Merlin in Drumelzier in der Grenzregion zwischen England und Schottland eingesperrt, später hier getötet und beigesetzt worden sein. Tatsächlich gibt es in der Gegend viele historische Stätten, von bronzezeitlichen Festungen bis zu mittelalterlichen Burgen. Zeitlich verortet wird die Merlin-Sage in 6. Bis 7. Jahrhundert.

Hintergrund: Der ursprung der Merlin-Sage
Der Merlin des mittelalterlichen Manuskripts „Vita Merlini Silvestris“ aus dem 12. Jahrhundert wurde ursprünglich Lailoken genannt. Er war ein von dem Massaker der Schlacht von Arfderyddim Jahr 573 derart stark traumatisierter Krieger, dass er sich in den Großen Wald von Caledon zurückzog, wo er als Wilder Mann lebte. In dieser Geschichte Lailoken von dem Ortskönig Meldred entführt und als Wahrsager genutzt. Während Verhandlungen über seine Freilassung lenkt Lailoken die Aufmerksamkeit auf ein Blatt, das im Schleier der Königin feststeckt und sieht darin einen Beweis für ein heimliches Treffen mit ihrem Liebhaber im Garten des Königs. Lailoken sichert sich seine Freilassung, aber die Königin rächt sich an ihm für die Enthüllung ihrer Affäre, indem sie ihn von einer Bande von Hirten überfallen und töten lässt. Die Legende besagt weiter, dass Lailoken (Merlin) seinen eigenen Tod durch Sturz, Ertrinken und Ersticken prophezeit hat. Es wird erzählt, dass er von den Hirten von einer Klippe gejagt wurde, wo er stolperte und fiel, sich auf einem Angelhaken am Meeresboden aufspießte und mit dem Kopf unter Wasser starb.

Im Rahmen des “Drumelzier’s Hidden Heritage Project” haben Archäologen und Archäologinnen um Ronan Toolis von „GUARD Archaeology Ltd.“ Der Frage nach den archäologisch belastbaren Wurzeln der Merlin-Sagen angenommen.

Wie die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen in einer Sonderausgabe von „Archaeologoy Reports Online“ (ISBN: 978-1-7398668-7-7) berichten, ergab die geophysikalische Untersuchung, „dass sich in der Nähe der angeblichen Lage von Merlins Grab in Drumelzier tatsächlich ein archäologisches Merkmal befindet, das einer Grube oder einem Grab ähnelt“.

Grabesgrube aus der Zeit Merlins aka Lailoken

Die Radiokarbondaten belegen, dass das Hügelkastell unterhalb von Tinnis Castle tatsächlich zwischen 573-614 n. Chr. bewohnt war, also zur Zeit, in der die Merlin-Sage angesiedelt ist. Die Ausgrabungen zeigen weiterhin, dass das Kastell ein Zentrum für Eliten war und Metallverarbeitung betrieb, was in der Frühzeit bedeutend war. Zudem lag Tinnis in einem Gebiet wichtiger weltlicher und kirchlicher Stätten. Zwei Gräber im Thirlestane Square Barrow belegen diese Anwesenheit bedeutender Persönlichkeiten.

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„Zwar bestätigen die Funde nicht die Merlin-Legende, aber sie bieten starke Hinweise darauf, dass die Geschichte tatsächlich hier in Drumelzier entstand, statt wie von einigen Autoren vermutet, erst von wandernden Minnesängern, etwa aus Wales, hierher gebracht worden zu sein“, so Toolis.

Tatsächlich seien frühe mittelalterliche Festungen in Schottland selten, da die überwiegende Mehrheit der sogenannten Hillforts aus der Eisenzeit stammt. „Frühmittelalterliche Hügelgräber sind noch seltener“, so der Archäologe und führt dazu weiter aus: „Die archäologischen Funde aus Tinnis und Thirlestane, die mit einem bedeutenden Haushalt eines lokalen Potentaten zur gleichen Zeit und am gleichen Ort wie die Legende übereinstimmen, sind daher schwer als bloße Zufälligkeit zu akzeptieren. Vielmehr bieten sie einen glaubwürdigen Kontext für die Erzählung eines lokalen Geschichtenerzählers, in dem der Unterkönig Meldred Lailoken gefangen hielt.“

Rekonstruktion der mittelalterlichen Anlage von Tinnis Castle (vgl. Titelabb.).Copyright/Quelle: Christ Mitchell / Toolis et al, Archaeology Reports Online 2024

Rekonstruktion der mittelalterlichen Anlage von Tinnis Castle (vgl. Titelabb.).
Copyright/Quelle: Christ Mitchell / Toolis et al, Archaeology Reports Online 2024

Dass sich tatsächlich eine archäologische Grube oder ein Grab unter der Erde in der Nähe des vermeintlichen Ortes von Merlins Grab befindet, liefere erneut einen glaubwürdigen Kontext für die Erzählung eines lokalen Geschichtenerzählers darüber, wo Lailoken begraben wurde, nachdem er an den Ufern des Tweed getötet wurde.

Der wirkliche Ursprung der Merlin-Sage

Darüber hinaus deute der kumbrische Name „Lailoken“, im Gegensatz zum walisischen „Myrddin“ und dem „Merlin“ des 12. Jahrhunderts, zu dem spätere walisische und normannische Erzähler die Hauptfigur umschrieben, darauf hin, „dass die Geschichte nicht von einem umherziehenden mittelalterlichen Minnesänger nach Drumelzier gebracht wurde.“

„Dass die Geschichte kumbrische Namen der alten Sprache enthält, die einst in dieser Region gesprochen wurde, Elemente vorchristlicher Bräuche aufweist und an lokalen Orten spielt, an denen archäologische Funde nun belegen, dass sie dort glaubhaft stattgefunden haben könnten, zeigt deutlich, dass sie ursprünglich aus Drumelzier selbst stammt und aus einer viel früheren mündlichen Überlieferung hervorgegangen ist.

Die Geschichte wurde zweifellos im Laufe der Jahrhunderte ausgeschmückt, wahrscheinlich schon bevor sie weit verbreitet wurde und so weit angepasst wurde, dass die Hauptfigur bis zur Unkenntlichkeit verändert war. Die Geschichte behielt gerade noch genug Details, um einzigartig für Drumelzier zu bleiben und es dem anonymen Autor der „Vita Merlini Silvestris“ zu ermöglichen, die Ähnlichkeiten zwischen dieser Geschichte und den weitverbreiteten Versionen, die im mittelalterlichen Europa bekannt waren, anzuerkennen. Als solche stellt dies einen erstaunlichen Überrest des frühmittelalterlichen Kulturerbes der Briten im südlichen Schottland dar.“

– Den vollständigen und ausführlichen Grabungs- und Forschungsebericht finden Sie HIER

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Rechercherquelle: Archaeology Reports Online

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