Astronomen analysieren erstmals Gase aus interstellarem Kometen “Borisov”
Belfast (Irland) – Nachdem das Objekt „C/2019 Q4 (Borisov)“ mittlerweile offiziell unter den Namen „2I/Borisov“ als ein aus einem anderen Planetensystem stammender Komet anerkannt wurde, ist es internationalen Astronomen nun auch erstmals gelungen, im Schweif des Kometen Gasmoleküle zu orten. Es ist die erste derartige Messung anhand eines Objekts, das nachweißlich von außerhalb unseres eigenen Sonnensystems stammt.
Wie die Astronomen um Professor Alan Fitzsimmons von der Queen’s University vorab via ArXiv.org und in einer baldigen Ausgabe der „Astrophysical Journal Letters“ berichten, stelle die Ortung und Analyse einen wichtigen Schritt zur Beantwortung nicht nur der Frage nach der Herkunft des Objekts selbst dar, sondern erlaube erstmals auch Rückschlüsse darauf, ob und inwiefern sich unser eigenes Planetensystem von jenen um andere Sterne in unserer Galaxie unterscheidet.
Hintergrund
Der Komet wurde erstmals im August von dem Amateurastronom Gennady Borisov vom MARGO-Observatorium auf der Krim entdeckt. Weitere Folgebeobachtungen seiner Flugbahn zeigten dann schnell, dass der Komet nicht die Sonne umkreist und unser Sonnensystem auf einer eigenen Bahn quer durch die Milchstraße durchfliegt. Nach dem bereits 2017 entdeckten Objekt mit der Bezeichnung „1I/’Oumuamua“ (Oumuamua) handelt es sich bei Borisov damit erst um das zweite derart als Objekt extrasolarer bzw. interstellarer Herkunft bestätigte Objekt überhaupt. Während „Oumuamua“ bislang keine Kometeneigenschaften wie einen Schweif oder charakteristische Wärmesignaturen aufzeigte und sogar einen bis heute kontrovers diskutierten unerwarteten Schub entwickelte (weshalb es von einigen Astronomen immer noch als potentiell technologisches Artefakt einer fernen, außerirdischen Zivilisation diskutiert wird; …GreWi berichtete 1, 2), zeigt „Borisov“ alle Merkmale eines Kometen (…GreWi berichtete), nicht zuletzt die später zum charakteristischen Schweif führenden Ausgasungen, auf.
Gemeinsam mit europäischen Kollegen und Astronomen aus den USA und Chile war es Fitzsimmons nach ersten gescheiterten Versuchen am vergangenen Freitag doch gelungen, mit dem William Herschel Telescope auf der Kanareninsel La Palma das schwache Licht des Kometen mit einen Spektrografen aufzuschlüsseln. „Mit diesem Spektrum können wir unterschiedlich individuelle Gas-Arten anhand deren spektraler Fingerabdrücke identifizieren“, erläutert der Astronom.
Bei dem während dieser ersten Versuchen detektierten Gas handelt es sich um Zyan, das aus einem Kohlenstoff und einem Stickstoffatom besteht und vergleichsweise oft in Kometen nachgewiesen werden kann.
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Kombiniert mit den Aufnahmen des Kometen, die mit dem TRAPPIST-North-Teleskop in Marokko gelangen, konnten die Astronomen zudem die Menge des vom Kometen derzeit ausgestoßenen Staubs ermitteln und können so auch auf die Größe des zentralen Kometenkerns schließen. Laut Karen Meech von der University of Hawaii, legen die ersten Analysen nahe, dass die Oberfläche des Kometen stark aktiv ist und sich somit von kurzperiodischen Kometen unterscheidet.
Für die Astronomen überraschend ist, wie sehr „Borisov“, trotz seiner extrasolaren Herkunft, den Kometen unseres eigenen Sonnensystems gleicht: „Es hat geradezu den Anschein, als sei auch dieser Komet vor rund 4,6 Milliarden Jahren gemeinsam mit den anderen Kometen des Sonnensystems entstanden ist – und trotzdem stammt er aus einem, bislang noch nicht identifizierten, Sternsystem.
Animation der bislang bekannten Flugbahn von C/2019 Q4 durch unser Sonnensystem.
Quelle: NASA/JPL-Caltech
Wenn der Komet sich in den kommenden Wochen zusehends der Sonne nähert, wird er immer heller und einfacher zu beobachten. „Die kommenden Monate werden extrem spannend, da wir die Entwicklung von ‚2l‘ verfolgen und studieren können, während er unser Sonnensystem durchquert“, zeigt sich Dr. Oliver Hainaut von der Europäischen Südsternwarte schon jetzt begeistert.
Schon jetzt bereitet die Europäischen Raumfahrtagentur „ESA“ eine Mission vor, die schon ab 2028 einen interstellaren Besucher abfangen und aus direkter Näher erforschen soll.
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Quelle: Queen’s University Belfast, ESO, ESA
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