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Astronomen entdecken ein „unmögliches Schwarzes Loch“ in der Milchstraße

Künstlerische Darstellung eines Schwarzen Lochs (Illu.) Copyright: geralt (via Pixabay.com) / Pixabay License
Künstlerische Darstellung eines Schwarzen Lochs (Illu.)
Copyright: geralt (via Pixabay.com) / Pixabay License

Peking (China) – Ein internationales Astronomenteam hat ein stellares Schwarzes Loch von der 70-fachen Masse unserer Sonne entdeckt. So groß sollte diese Art der Schwarzen Löcher, die das Ende der Entwicklung massereicher Sterne darstellen, laut den bislang gängigen Theorien gar nicht sein.

Wie das Team um Professor LIU Jifeng vom National Astronomical Observatory of China an der Chinesischen Akademie der Wissenschaften (NAOC) aktuell im Fachjournal „Nature“ (DOI: 10.1038/s41586-019-1766-2) berichten, entdeckten sie das riesige stellare Schwarze Loch mit der Bezeichnung „LB-1“ rund 150.000 Lichtjahre von der Erde entfernt. Bislang waren Astrophysiker davon ausgegangen, dass derartige Schwarze Löcher nicht mehr als die 20-fache Sonnenmasse aufbringen könnten. „Schwarze Löcher von dieser Masse sollte es anhand der derzeitigen Modelle der Sternenevolution eigentlich nicht gegen – zumindest nicht in unserer Milchstraße“, erläutert Jifeng und führt dazu weiter aus: „Wir dachten, dass massereiche Sterne mit einer für die Milchstraße typischen Zusammensetzung, gen Ende ihrer Lebensdauer den größten Teil ihrer Gase in gewaltigen Sonnenwinden von sich geben. Deshalb sollte das, was von ihnen dann noch als Schwarzes Loch übrig bleibt, nicht derart massereich sein wie LB-1.“ Tatschlich ist das nun entdeckte stellare Schwarze Loch doppelt so reich an Masse, als wir dies bislang überhaupt für möglich hielten. Jetzt ist es an den Theoretikern, eine Erklärung für seine Entstehung zu finden.“

Künstlerische Darstellung eines Schwarzen Lochs, das Gase eines Begleitsterns anzieht und um sich zu einer Akkretionsscheibe formt (Illu.). Copyright: YU Jingchuan, Beijing Planetarium, 2019.
Künstlerische Darstellung eines Schwarzen Lochs, das Gase eines Begleitsterns anzieht und um sich zu einer Akkretionsscheibe formt (Illu.).
Copyright: YU Jingchuan, Beijing Planetarium, 2019.

Noch bis vor wenigen Jahren konnten stellare Schwarze Löcher nur dann entdeckt werden, wenn sie Gase eines Begleitsterns verschlungen hatten (siehe Abb. l.), da während dieses Vorgang starke Röntgenemissionen freigesetzt wurden, die von der Erde entdeckt werden konnten und so die Anwesenheit des zuvor zum Schwarzen Loch kollabierten Objekts offenbarte.

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Die deutliche Mehrheit der bekannten stellaren Schwarzen Löcher in unserer Heimatgalaxie – deren Anzahl Astronomen auf etwa 100 Millionen schätzen – sind vermutlich jedoch nicht teil eines derartigen Binärsystems, weshalb sie nicht auf die beschriebene Art und Weise entdeckt werden können. Nicht zuletzt aus diesem Grund wurden bislang auch erst etwa zwei Dutzend stellarer Schwarzer Sterne entdeckt.

Hintergrund
Astrophysiker unterscheiden bislang viert Arten Schwarzer Löcher: Supermassereiche Schwarze Löcher, die – wie das 4,1 Millionen Sonnenmassen schwere Objekt Sagittarius A* in unserer Milchstraße – das Zentrum von Galaxien bilden; Mittelschwere Schwarze Löcher mit einigen hundert bis wenigen tausend Sonnenmassen; die hier beschriebenen Stellaren Schwarzen Löcher; sog. Primordiale Schwarze Löcher, die sich bereits beim Urknall gebildet haben könnten und eine Masse von etwa einer Billion Kilogramm und kleiner als 0,1 mm wären; und Schwarze Mikro-Löcher mit einer Masse von weit unterhalb der Planck-Masse, wodurch sie (theoretisch) beim Betrieb von Teilchenbeschleunigern entstehen könnten.

Tatsächlich wurde aus diesem Grund seit 2008 gegen den Betrieb des LHC-Beschleunigers am CERN opponiert und sogar geklagt – die Klage 2012 aber letztinstanzlich abgelehnt. Die Kläger befürchteten, dass ein im LHC entstehendes Mikro-Loch in den Erdkern fallen, dort wachsen und schließlich die ganze Erde verschlingen könnte. Dagegen spricht, dass die Theorien, die die Mikro-Löcher vorhersagen, diesen gleichzeitig eine extrem geringe Lebensdauer zuschreiben. Außerdem, so legten Kritiker der einstigen Befürchtungen dar, sei etwas Vergleichbares trotz milliardenjahrelanger permanenter Kollision mit noch viel energiereicherer kosmischer Strahlung nicht vorgekommen.

Bei ihrer Suche nach stellaren Schwarzen Löchern nutzte das Team um Jifeng nun das chinesische “Sky Area Multi-Object Fiber Spectroscopic Telescope” (LAMOST), um nach Sternen zu suchen, die ein unsichtbares Objekt umkreisen und von dessen Gravitation abgelenkt werden. Tatsächlich wurde diese Methode bereits 1783 von dem englischen Naturforscher John Michell, der als einer der ersten Forscher die Existenz „Dunkler Sterne, deren Gravitation ausreicht, um Licht gefangen zu halten“ angedacht hatte, vorgeschlagen. Bislang waren die dazu notwendigen Teleskope jedoch nicht leistungsstark genug.

Nachdem das Objekt mit LAMOST gefunden wurde, konnten auch weitere Teleskope, darunter das „Gran Telescopio Canaria“ und das „Keck-Telescope“ in den USA seine Existenz und Eigenschaften bestätigen. Demnach umkreist ein Stern von der achtfachen Sonnenmasse das 70 Sonnen schwere Schwarze Loch einmal alle 79 Tage.

Die Entdeckung von LB-1 in unserer eigenen Heimatgalaxie passt zugleich zu einer anderen durchschlagenden Entdeckung in der Astronomie aus dem Jahr 2016, bei der die Gravitationswellendetektoren „LIGO“ und „Virgo“ Gravitationswellen entdeckt hatten, die von der Kollision zweier ähnlich massereicher Schwarzen Löcher in fernen Galaxien verursacht wurden (…GreWi berichtete). Schon damals wunderten sich Astronomen über die Größe bzw. Masse der Objekte, die ungewöhnlich groß sein musste.

„Der direkte Nachweis von LB-1 beweist, dass es derart massereiche stellare Schwarze Löcher gibt und das sogar vor unserer eigenen kosmischen Haustür“, zeigt sich denn auch der Direktor des LIGO-Observatoriums, Prof. David Reitze von der University of Florida von der Entdeckung fasziniert. „Unsere erstaunlichen Entdeckungen während der vergangenen vier Jahre zeigen, dass wir vor einer Renaissance in unserem Verständnis der Physik Schwarzer Löcher stehen.“

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Quelle: Chinese Academy of Sciences, Nature

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Andreas Müller
Fachjournalist Anomalistik | Autor | Publizist
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