Frankfurt/Bonn (Deutschland) – Spätestens seit „Jurassic Park“ dürften die meisten Leser mit der Grundidee des „Dino-Klonens“ anhand von aus einer im Bernstein eingeschlossenen Stechmücke extrahiertem Blut vertraut sein. Ob die Methode tatsächlich funktioniert, ist nicht zuletzt seit dem Kinoerfolg Inhalt anhaltender Kontroversen. Jetzt ist es Wissenschaftlern zumindest erstmals gelungen, DNA aus in Baumharz eingeschlossenen Insekten zu extrahieren. Zugleich wecken die Ergebnisse tatsächlich aber erneut Zweifel am Erfolg der Methode beim Klonen von Dinosauriern.
Wie das Team um David Peris und Kathrin Janssen von der Universität Bonn aktuell im Fachjournal „PLoS One“ (DOI: 10.1371/journal.pone.0239521) berichtet, ist es ihnen erstmals erfolgreich gelungen, genetisches Erbgut von Insekten aus sechs und zwei Jahre altem Harz – also sozusagen der Vorstufe von Bernstein – zu extrahieren. Neben der „Jurassic Park“-Vision ist die DNA – insbesondere solche von bereits ausgestorbenen Tieren – ein wichtiges Instrument zur Bestimmung von Arten.
Die Autoren und Autorinnen der aktuellen Studie unterstreichen jedoch, dass sie selbst keineswegs vorhaben, Dinosaurier zu züchten: „In unserer aktuellen Studie wollten wir vielmehr strukturiert herausfinden, wie lange die DNA (DNS) von Insekten in harzigen Einschlüssen konserviert werden kann“, erläutert die Mitautorin Dr. Mónica Solórzano-Kraemer vom Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt in der Pressemitteilung ihres Instituts.
Hintergrund
So einfach stellt sich Hollywood das Klonen von Dinosaurern vor.
In Wirklichkeit stellen sich zahlreiche ernstahfte Hindernisse…
In ihren Versuchen haben die Forscherinnen und Forscher das genetische Erbgut von sogenannten Ambrosia-Käfern, die im Harz von Animebäume aus Madagaskar eingeschlossen waren, untersucht, um so grundlegend zu klären, ob DNA von Insekten, die im Harz eingeschlossen sind, konserviert bleibt.
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Während ähnliche Versuche an Jahrmillionen alten Einschlüssen in Bernstein oder Tausende Jahre alten Kopalen bislang gescheitert waren, konnten die Wissenschaftler für die nun mittels Polymerase-Kettenreaktion-Methode (PCR) untersuchten, sechs und zwei Jahre alten (und damit vergleichsweise sehr jugen) Harze aus Madagaskar genau dies belegen. Der Grund für die vorigen negativen Ergebnisse waren vermutlich jüngere Umwelteinflüsse auf die sogenannten Inklusen, die das Erbgut dieser eingeschlossenen Insekten zu stark verändert oder zerstört hatten. In der Folge gingen einige Wissenschaftler davon aus, dass n Harz eingeschlossene Proben als für genetische Untersuchungen ungeeignet betrachtet wurden.
„Wir zeigen nun zum ersten Mal, dass die DNA zwar sehr fragil ist, aber in unseren Proben erhalten geblieben ist“, so Solórzano-Kraemer. Die Forschenden schließen daraus, dass es grundsätzlich schon möglich ist, die Genomik von in Harz eingebetteten Organismen zu untersuchen.
Unklar sei allerdings noch, wie lange sich die DNA in den Harzen allgemein halten kann, weshalb die Forschenden ihre neue Methode zukünftig auch bei älteren Einschlüssen anwenden und die Methode Schritt für Schritt von den jüngsten bis zu den ältesten Proben einsetzen wollen, um so ein „Haltbarkeitsdatum“ für DNA im Harz festlegen zu können.
Die jüngsten Experimente zeigen zudem, dass Wasser in den Einschlüssen sehr viel länger erhalten bleibt, als bisher angenommen. Dies, so die Forschenden abschließend, könnte dann auch Auswirkungen auf die Stabilität des Erbgutes haben. Die Extraktion von funktionsfähiger DNA aus Millionen Jahre alten Bernsteinen scheint dem Team daher „eher unwahrscheinlich.“
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Quelle: Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt / PLoS One
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