Avi Loeb: Erste Daten des Galileo Project Observatory: Sind einige davon UAP?

Anteil der erkannten Flugzeuge in Reichweite, für jede Dalek-Kamera und räumliche Position im Kamera-Bildrahmen. Jedes Feld repräsentiert einen Bereich von 80x64 Pixeln im ursprünglichen Kamerabild. Quelle: Galileo-Projekt
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– Bei dem folgenden Artikel handelt es sich um einen Gastbeitrag von Prof. Dr. Avi Loeb, der am 12. November 2024 im englischsprachigen Original unter dem Titel „Commissioning Data on Half a Million Objects in the Sky from the Galileo Project Observatory: Are Any of Them UAP?“ von Prof. Avi Loeb auf Medium.com erstveröffentlicht wurde. Der Text wurde – mit freundlicher Genehmigung des Autors (A. Loeb) – durch www.GrenzWissenschaft-Aktuell.de (GreWi) ins Deutsche übersetzt. Die vom Autor geäußerten Ansichten sind seine eigenen.

Nach 3,5 Jahren Planung, Zusammenbau der Hardware, Datenerfassung und Analyse hat das Galileo-Projekt (GP https://projects.iq.harvard.edu/galileo) unter meiner Leitung und mit meiner GP-Postdoktorandin Dr. Laura Domine als Erstautorin die Inbetriebnahmedaten seines ersten Observatoriums an der Harvard-Universität in einem sich derzeit im Peer-Review-Verfahren befindlichen Artikel veröffentlicht.

Eine Kombination an Sensoren des Galileo Project Observatory an der Harvard-Universität überwacht den gesamten Himmel im Infrarot-, optischen, Radio- und Audiobereich.Quelle: Galileo Project

Eine Kombination an Sensoren des Galileo Project Observatory an der Harvard-Universität überwacht den gesamten Himmel im Infrarot-, optischen, Radio- und Audiobereich.
Quelle: Galileo Project

Das GP-Observatorium ist das erste seiner Art. Übliche astronomische Observatorien fokussieren zu einem bestimmten Zeitpunkt auf einen kleinen Teil des Himmels, um weit entfernte Quellen zu suchen und ignorieren dabei Objekte, die direkt darüberfliegen. Das GP-Forschungsteam hat eine neuartige Anordnung von Sensoren entwickelt, die den gesamten Himmel zu jeder Zeit überwacht und Infrarot-, optische, Radio-, magnetische und Audiodaten sammelt. Das GP-Observatorium nimmt kontinuierlich ein Film des Himmels auf. Die Daten werden in ein Computersystem hochgeladen und anschließend durch maschinelle Lernalgorithmen (KI) analysiert. Die Software ist darauf optimiert, Ausreißer unter bekannten Objekten wie Insekten, Vögeln, Blättern, Wolken, Ballons, Drohnen, Flugzeugen und Satelliten zu identifizieren, die im Datenstrom erscheinen.

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Das Galileo-Projekt wurde am 26. Juli 2021 ins Leben gerufen ) https://projects.iq.harvard.edu/galileo/public-announcement). Es dauerte zwei Jahre, bis unser außergewöhnliches Forschungsteam die Hardwarekomponenten entwarf und zusammenbaute, ein weiteres halbes Jahr, um die Instrumente zu kalibrieren und ein ganzes Jahr, um die vorläufigen, nun vorliegenden Inbetriebnahmedaten zu analysieren, die von Januar bis Mai 2024 gesammelt wurden. Diese Daten enthalten eine halbe Million Objekte, die in diesen fünf Monaten beobachtet wurden. Das GP-Team befindet sich derzeit im Prozess, zwei weitere Observatorien an anderen Standorten einzurichten, um die Datenerfassungsrate in den nächsten sechs Monaten zu verdreifachen.

Das Kernstück der einzigartig gestalteten GP-Observatorien wird „Dalek“ genannt, eine Anordnung von acht ungekühlten Infrarotkameras, die auf einer Halbkugel platziert sind und dem Kopf des fiktiven Roboters R2-D2 (https://en.wikipedia.org/wiki/R2-D2) aus den Star-Wars-Filmen ähneln.

Links: Konstruktionszeichnung des mechanischen Designs der Infrarotkameraanordnung (Dalek). Rechts: Eine Fotografie der tatsächlichen Dalek-Anordnung im Observatorium.Quelle: Galileo Project

Links: Konstruktionszeichnung des mechanischen Designs der Infrarotkameraanordnung (Dalek). Rechts: Eine Fotografie der tatsächlichen Dalek-Anordnung im Observatorium.
Quelle: Galileo Project

Das rätselhafte Auftauchen unbekannter Objekte in Erdnähe wurde von US-Regierungsbeamten öffentlich zugegeben. Berichte über Unidentifizierte Luftphänomene (UAP) des Direktors der Nationalen Geheimdienste (DNI), Avril Haines, führten 2022 zur Einrichtung des All-Domain Anomaly Resolution Office (AARO), eines neuen Büros unter der Aufsicht des DNI und des Verteidigungsministeriums: „Bis heute hat AARO keine verifizierbaren Informationen gefunden, die Behauptungen stützen würden, dass Programme in Bezug auf den Besitz oder die Rückentwicklung außerirdischer Materialien in der Vergangenheit existiert haben oder derzeit existieren.“

Bis jetzt gibt es nur wenige öffentlich zugängliche wissenschaftliche Daten zu UAPs mit Flugcharakteristiken, die außerhalb der bekannter Phänomene liegen. Die GP-Observatorien bieten eine Anordnung von multimodalen, multispektralen Sensoren, die den Himmel kontinuierlich überwachen und UAP-Daten durch eine rigorose Langzeituntersuchung aller Luftphänomene erfassen, um nach Objekten zu suchen, die möglicherweise nicht terrestrischen Ursprungs sind.

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Zusätzlich zur Durchführung von intrinsischen und thermischen Kalibrierungen wurde Dalek durch eine neuartige extrinsische Kalibrierungsmethode in Betrieb genommen. Die Flugzeugpositionen aus Daten der Automatischen Abhängigen Überwachung – Funk (ADS-B) wurden vom GP-Radiosensor gesammelt. Mithilfe von maschineller Lern-Software, wie dem YOLO-Modell (You Only Look Once) zur Objekterkennung und dem SORT-Algorithmus (Simple Online and Realtime Tracking) zur Flugbahnrekonstruktion, erstellte das GP-Team eine Basislinie zur Bewertung der Leistung des GP-Observatoriums über fünf Monate Feldbetrieb.

Anhand eines automatisch generierten Datensatzes aus ADS-B-Daten, einem synthetischen Datensatz von dreidimensionalen Flugbahnen und einem von Hand beschrifteten Datensatz aus der realen Welt stellte das GP-Team eine Akzeptanzrate (Anteil der Flugzeuge im effektiven Sichtfeld von mindestens einer Kamera, die aufgezeichnet werden) von 41 % für ADS-B-ausgestattete Flugzeuge und eine mittlere Bild-für-Bild-Erkennungseffizienz (Anteil der aufgezeichneten Flugzeuge in einzelnen Bildern, die erfolgreich erkannt werden) von 36 % fest. Die Erkennungseffizienz hängt von Wetterbedingungen, Entfernung und Objektgröße ab.

Abb.: Links: Beispiele für rekonstruierte Trajektoriendatenpunkte. Rechts: Für jedes entsprechend rekonstruierte Objekt überlagerte das GP-Forschungsteam drei Schnappschüsse der Bild-für-Bild-Objekterkennungen durch YOLO, innerhalb grüner Umrisse und mit rotem Text versehen. Die Schnappschüsse werden am Anfang, in der Mitte und am Ende jeder Trajektorie aufgenommen und platziert.Quelle: Galileo-Projekt

Abb.: Links: Beispiele für rekonstruierte Trajektoriendatenpunkte. Rechts: Für jedes entsprechend rekonstruierte Objekt überlagerte das GP-Forschungsteam drei Schnappschüsse der Bild-für-Bild-Objekterkennungen durch YOLO, innerhalb grüner Umrisse und mit rotem Text versehen. Die Schnappschüsse werden am Anfang, in der Mitte und am Ende jeder Trajektorie aufgenommen und platziert.
Quelle: Galileo-Projekt

Ungefähr eine halbe Million Flugbahnen von Luftobjekten wurden während des fünfmonatigen Beobachtungszeitraums rekonstruiert. Diese Flugbahnen wurden mit einem Algorithmus zur Erkennung von Ausreißern analysiert. Etwa 16 % der überwachten Flugbahnen wurden als Ausreißer markiert und manuell untersucht. Von diesen 80.000 Ausreißern blieben 144 Flugbahnen zweideutig. Es handelt sich wahrscheinlich um gewöhnliche Objekte, aber sie können ohne Entfernungsinformationen nicht weiter identifiziert werden. Die beobachtete Anzahl zweideutiger Ausreißer, kombiniert mit systematischen Unsicherheiten, ergibt ein Oberlimit von 18.271 Ausreißern für den fünfmonatigen Beobachtungszeitraum mit einem 95%-Konfidenzniveau.

Anteil der erkannten Flugzeuge in Reichweite, für jede Dalek-Kamera und räumliche Position im Kamera-Bildrahmen. Jedes Feld repräsentiert einen Bereich von 80x64 Pixeln im ursprünglichen Kamerabild.Quelle: Galileo-Projekt

Anteil der erkannten Flugzeuge in Reichweite, für jede Dalek-Kamera und räumliche Position im Kamera-Bildrahmen. Jedes Feld repräsentiert einen Bereich von 80×64 Pixeln im ursprünglichen Kamerabild.
Quelle: Galileo-Projekt

Die Hauptbegrenzung der Analyse der Inbetriebnahmedaten ergibt sich aus dem Fehlen von Entfernungsinformationen zu den überwachten Objekten. In den kommenden Monaten plant das GP-Team, mehrere Dalek-Einheiten, die einige Kilometer voneinander entfernt sind, einzusetzen, um die Entfernung von Luftobjekten durch Beobachtung aus verschiedenen Blickrichtungen zu messen. Hierzu haben wir Menschen zwei Augen, da das stereoskopische Sehen durch natürliche Selektion bevorzugt wurde, um die Entfernung von Raubtieren einschätzen zu können.

Quelle: Galileo Project

Quelle: Galileo Project

Nach diesen Inbetriebnahmeergebnissen, wie in dem spannenden Artikel hier berichtet, arbeitet das GP-Forschungsteam nun rund um die Uhr an einer Reihe zusätzlicher Veröffentlichungen, einschließlich einer besseren Analyse der vom Observatorium identifizierten Ausreißer.

Erste Reihe: Vogelschwärme und der Mond. Zweite Reihe: Flugzeuge und einzelne Vögel. Dritte Reihe: Wolken.Quelle: Galileo-Projekt

Erste Reihe: Vogelschwärme und der Mond. Zweite Reihe: Flugzeuge und einzelne Vögel. Dritte Reihe: Wolken.
Quelle: Galileo-Projekt

Eine öffentliche Anhörung im US-Kongress mit dem Titel „UAP: Exposing the Truth“ findet am Mittwoch, dem 13. November 2024, um 11:30 Uhr Eastern Time [17:30 mitteleuropäischer Zeit] statt. Beim Zusehen müssen wir daran denken, dass Politiker zwar Meister der nationalen Sicherheit, aber nicht der interstellaren Angelegenheiten sind.

Was sich außerhalb des Sonnensystems befindet, ist mein täglicher Job und der Forschungsschwerpunkt des Galileo-Projekts. Anstatt auf Hörensagen über geheime Informationen zu vertrauen, verfolgt das GP-Forschungsteam Beweise, die von seinen Sensoren gesammelt wurden, wohin auch immer diese führen, und teilt die Daten offen mit der Öffentlichkeit. Diese bewährte wissenschaftliche Praxis ist weitaus informativer als politische Manöver, die darauf abzielen, geheime Informationen von hartnäckigen Regierungsbehörden offenzulegen. Eine fundierte Antwort auf Fermis alte Frage „Wo ist sie ?“ wird von Wissenschaftlern stammen, nicht von Politikern oder Journalisten.

Prof. Dr. Avi Loeb ist Leiter des „Galileo-Projekts“ in Harvard, einer systematischenwissenschaftlichen Suche nach Beweisen für außerirdische technologische Artefakte. Loeb ist Gründungsdirektor von Harvards Black Hole Initiative, Direktor des Institute for Theory and Computation am Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics und Vorsitzender des Beirats des Breakthrough Starshot-Projekts. Er ist Autor des Buches „Außerirdisch: Intelligentes Leben jenseits unseres Planeten“.

© Avi Loeb

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