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Akustik der Felskunst: Besondere Echo-Eigenschaften an Felskunst-Ort in Südafrika

Ein Zebra, eingraviert auf Kurukop (l.) und die Nachzeichnung.Copyright: Amy Rusch (Zeichnung), Neil Rusch (Fotografie)
Ein Zebra, eingraviert auf Kurukop (l.) und die Nachzeichnung.
Copyright: Amy Rusch (Zeichnung), Neil Rusch (Fotografie)

Johannesburg (Südafrika) – Die Untersuchung der akustischen Eigenschaften von historischen und frühgeschichtlichen Gebäuden, Anlagen und Orten erfreut sich eines immer größer werdenden Interesses. Im folgenden Beitrag berichtet Neil Rush von der University of the Witwatersrand über die Untersuchungen eines für seine Felskunst bekannten Ortes in der südafrikanischen Provinz Nordkap in der Nama-Karoo-Region.

– Der folgende Artikel von Neil Rusch erschien am 31. Dezember 2024 unter dem englischen Originaltitel „Rock art acoustics: South African study suggests that a distinct echo attracted ancient artists back to one site“ auf TheConversation.com unter der Lizenz Creative Commons und wurde von GrenzWissenschaft-aktuell.de (GreWi) übersetzt.

Die Physik allein kann reflektierte Klänge und Echoeffekte nicht vollständig erklären. Ein Beispiel dafür ist der Echos erzeugende sog. Echoplex, ein magnetisches Bandgerät, das den Soundtrack einer ganzen Generation prägte. Man denke an Led Zeppelins Whole Lotta Love (1969) mit den Echoeffekten in den Violinenpassagen. Oder an das Echo von Hank Marvins Gitarre, das den Sound von The Shadows in den späten 1950er- und 1960er-Jahren prägte.

Aber sind Echos und Nachhall nur ein vorübergehendes Merkmal musikalischer Wertschätzung, begrenzt auf eine oder zwei Generationen? Akustische Forschungen an einer Felskunststätte legen nahe, dass dem nicht so ist.

Der Untersuchungsort, Kurukop, liegt in der südafrikanischen Provinz Nordkap, in der Nama-Karoo-Region, deren geologische Entstehung vor etwa 300 Millionen Jahren begann, noch vor dem Auseinanderbrechen des Superkontinents Gondwanaland. Dieser erodierte Sandsteinhügel, der durch vulkanische Aktivität verändert wurde, ist mit 112 Petroglyphen oder Felsgravuren übersät. Die Bilder zeigen verschiedene Figuren – Elenantilopen, Elefanten, Zebras, Strauße, Gnus, Nashörner und tier-menschliche Hybriden.

Die Sammlung ist zu vielfältig, um das Werk einer einzigen Person oder Gruppe zu sein. Es gibt große Unterschiede in Technik und Ausführung. Einige Bilder sind mehrere tausend Jahre alt – eine Schätzung, die auf der Oxidation der Felsoberfläche im Vergleich zu den Bildern basiert. Andere sind jüngeren Datums, innerhalb der letzten 2.000 Jahre entstanden.

Die Darstellungen wurden von den San-Jägern und den Khoe-Hirten angefertigt, die Kurukop wiederholt aufsuchten.

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Was zog sie immer wieder an diesen Ort zurück?

Ein Teil der Antwort liegt in einem besonderen Echo. Dies ist aus zwei Gründen bedeutend: Erstens bestätigt es, dass die Schaffung von Felskunst mit Performances – Klatschen, Singen, Tanzen – verbunden war, die in diesem Fall durch Echos verstärkt wurden. Das Echo von Kurukop dient auch als Bezugspunkt für eine mythologische Erzählung aus der Region, die von der Beziehung zwischen Echo, Wind, Berg und Atem erzählt.

Petroglyphen, in Stein graviert, haben eine offensichtliche visuelle Anziehungskraft. Was an dieser Studie wichtig und aufregend ist, ist die Entdeckung, dass diese Bilder auch eine akustische Dimension haben.

Die ausgedehnten, relativ glatten Felsflächen von Kurukop erzeugen ein markantes Echo.Copyright: Neil Rusch
Die ausgedehnten, relativ glatten Felsflächen von Kurukop erzeugen ein markantes Echo.
Copyright: Neil Rusch
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Das Echo messen

Als Forscher, der sich für Archäoakustik interessiert, bemerkte ich das Echo zum ersten Mal, als ich an der Stätte campte. Dies wurde von meiner Kollegin Professorin Sarah Wurz und meiner Tochter Amy bestätigt. Das Echo umhüllte uns, wenn wir klatschten oder hohe Töne erzeugten. Könnten auch die zahlreichen Markierer von Kurukop dies bemerkt haben, fragten wir uns? Neugierig kehrten wir zurück, um das Echo zu messen.

Wir wendeten eine Kombination von Techniken an, um zu prüfen, ob es eine Verbindung zwischen Echo und Kunst gab. Zuerst lokalisierten wir jede Petroglyphe in Kurukop, einer Fläche von 70.000 Quadratmetern, mithilfe von Bodenuntersuchungen, Drohnenaufnahmen und GIS-Techniken (Geografisches Informationssystem).

Als Nächstes maßen wir die Echozone mit der sogenannten Impulsantwortmethode. Forscher der Stanford-Universität verwendeten dieselbe Methode, um die akustischen Eigenschaften des berühmtesten Denkmals der Türkei, der Hagia Sophia in Istanbul, zu messen. Die Methode ermöglicht es, Informationen über die akustische Architektur eines Raumes zu erfassen. Was die Ohren als Nachhall und Echos wahrnehmen, messen die Instrumente objektiv als Intensität, Zeitverzögerung und Frequenzverlust.

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Nachdem wir beide Prozesse abgeschlossen hatten, verglichen wir die Verteilung der Petroglyphen mit dem Echo-Muster. Unsere Ergebnisse zeigen, dass 60 % der Petroglyphen direkt in der Echozone geschaffen wurden. Dies deutet darauf hin, dass Menschen in Kurukop höchstwahrscheinlich in Bereichen Bilder schufen, in denen das Echo besonders stark war.

Dies erscheint auch sinnvoll, wenn man bedenkt, wie wichtig Klang und Performance für die Khoe und San waren. Doch das Bewusstsein für Klang ist nicht auf eine bestimmte Gruppe oder Person beschränkt. Nachhallende Klänge ziehen seit Tausenden von Jahren in unterschiedlichen Kulturen Aufmerksamkeit auf sich – ob sie durch sakrale Räume, magnetische Bandgeräte oder die Geomorphologie eines Felsvorsprungs erzeugt und verstärkt werden. Bemerkenswert ist am Beispiel Kurukop, wie reflektierter Klang in spezifischen Kulturen eingebunden und interpretiert wird.

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Die Rolle des Mythos

Die Bedeutung des Echos von Kurukop wird durch einen Mythos der |Xam-San aus der Region belegt. Die Geschichte wurde im 19. Jahrhundert von Gideon Retief von Wielligh (1859–1932) aufgezeichnet, der vor allem in literarischen und folkloristischen Kreisen für seine Aufzeichnungen von |Xam-Erzählungen bekannt ist. Diese wurden erstmals in Afrikaans (1919–1921) veröffentlicht, nachdem die |Xam-Sprache ausgestorben war.

Die Geschichte erklärt, dass das Echo die Tochter von Berg und Wind ist. Narrative Details stellen Assoziationen her, die mit Wind und Atem verbunden sind, welche tief in die Jagd- und Heilpraktiken der Khoe und San eingebettet sind.

Zwei in der Geschichte dargestellte Ideen sind für unsere Untersuchung von Bedeutung: Erstens ist der reflektierte Klang ein hervorragendes Beispiel dafür, wie Menschen, Tiere und andere Wesen einander animieren. Diese Idee der Animation wird in der Geschichte verstärkt und personifiziert. Wir erfahren, dass der Wind nicht selbst spricht, sondern „durch seine Tochter spricht“. Dieses narrative Detail könnte letztlich andeuten, dass jeder durch Wind, Atem und Echo belebt wird.

Zweitens verknüpft die Geschichte Musikmachen und Echo. Speelman („Spieler“ oder „Musiker“ auf Afrikaans), „der Mann, der die Musik zuerst entdeckte“, tritt mit dem Echo in einen Dialog, und der Leser bleibt mit der Frage zurück: Wer spricht mit wem? Dieses Element der Geschichte gewinnt in einer performativen Umgebung an Substanz und hallt wider, wenn sich Echos mit dem Musikmachen verbinden.

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Kollektives Gedächtnis

Die Themen im Echo-Mythos werden an einem Ort wie Kurukop verstärkt, wo Echos Erzählung und Klanglandschaft miteinander verschmelzen. Dies verleiht Kurukop eine besondere Kraft und erklärt zudem die dort gefundenen Petroglyphen.

Die San und die Khoe hinterließen keine schriftlichen Aufzeichnungen: Ihre Kulturen waren oral geprägt, wobei Erinnerung und Gedächtnis als mächtige Werkzeuge dienten.

Dies bedeutet, dass Kurukop und ähnliche Orte als externe Archive des kollektiven Gedächtnisses fungieren. Zahlreiche Spuren menschlicher Aktivitäten über lange Zeiträume hinweg bringen die Vergangenheit in die Gegenwart. Dadurch kann kulturelles Wissen von Generation zu Generation weitergegeben werden. Die Kommunikation durch eine lebendige Vergangenheit schließt eine Verbindung zu den Ahnen ein und verleiht Kurukop eine spirituelle Dimension.

– Ein Fachartikel von Neil Rush im Journal „Southern African Humanities“ finden Sie HIER

Copyright: Neil Rush, TheConversation.com / CreativeCommons

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Andreas Müller
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