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Corpus Draculianum: Weitere Bände des Forschungsprojekts zur historischen Figur des Vlad Drăculea publiziert

Porträt Vlads III. Drăculea (spätes 16. Jahrhundert) auf Schloss Ambras.
Copyright: Gemeinfrei

Gießen (Deutschland) – Im Rahmen eines von der Deutschen Forschungsgesellschaft (DFG) geförderten Forschungsprojekts wurde am Historischen Institut der Justus-Liebig-Universität Gießen die historische Figur des „Grafen Dracula“, Vlad der Pfähler, anhand historischer Quellen nachgezeichnet und die Ergebnisse in Form dreier Bände veröffentlicht.

Der bereits 2013 veröffentlichte Teilband 3 mit den „Überlieferung aus dem Osmanischen Reich Postbyzantinische und osmanischer Autoren“, wird jetzt um die kürzlich auf der Frankfurter Buchmesse vorgestellten ersten beiden Bänden zum bislang umfangreichste Kompendium über den Fürsten Vlad III. – genannt „der Pfähler“ – ergänzt.

Allerdings spüren auch die Bände I/1 und I/2 nicht dem blutdürsternen Roman- und Kinovampir nach. Statt dessen konzentriert sich die Reihe „Corpus Draculianum“ auf der Grundlage sämtlicher bekannter historischer Quellen (Schriften, Texte , Porträts, Inschriften usw.) ausschließlich auf den historischen Fürsten Vlad III.

Doch obwohl es sich also um eine rein mediävistische Forschungsarbeit handelt, ist sie aber auch den historisch interessierten Laien zugänglich und sicherlich auch eine unverzichtbare Quelle für „Vampirkundler“ aller Art.

Hinweis: Jenen Lesern, die mehr am Vampir-Mythos rund um Vlad Draculea als an einer der mittelalterkundlichen Forschungsarbeit interessiert sind, empfiehlt GreWi das 2016 erschienene Sachbuch von dem Mitherausgeber des „Corpus Draculianum“, Dr. Thomas Bohn: „Der Vampir – Ein europäischer Mythos“.

Vlad III. Drăculea (1431 – 1476), auch genannt „Vlad Tepes“ (Vlad der Pfähler), ist sicherlich eine der bekanntesten Gestalten aus dem spätmittelalterlichen Südosteuropa. Als Vorlage für Bram Stokers Vampirgrafen „Dracula“ erlangte er weltweite Berühmtheit. Als historische Figur versuchte er in der Walachei nach orientalischem Vorbild eine autoritäre Herrschaft zu etablieren und einen Kreuzzug gegen das Osmanische Reich zu führen. Wegen seiner bevorzugten Hinrichtungsmethode erhielt er den Spitznamen „der Pfähler“.

Darstellung aus der Brodoc-Chronik. Vlad III. Drăculea wohnt speisend einer Massenhinrichtung bei. (Holzschnitt von Markus Ayrer, Nürnberg, 1499)
Copyright: Gemeinfrei

Die von einem interdisziplinären Forscherteam unter Prof. Dr. Thomas Bohn (Professur für Geschichte Osteuropas) und Albert Weber am Historischen Institut der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) und Dr. Adrian Gheorghe von der Ludwig-Maximilians-Universität bearbeitete Dokumentation „Corpus Draculianum“ vereint erstmals alle bekannten Quellen zu Vlad dem Pfähler von 1448 bis 1650.

Das „Corpus Draculianum“ führt dabei erstmals private, diplomatische und Handelskorrespondenzen, Verhandlungsprotokolle, Verwaltungsdokumente, Narrativ- und Bildquellen sowie Inschriften, Münzen und Siegel in einem großen Werk zusammen. Die in 17 europäischen und orientalischen Sprachen verfassten Quellen werden zweisprachig (Originaltext und Übersetzung) kritisch ediert und ausführlich kommentiert.

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Draculas Leben und die zahlreichen Legenden, die sich darum ranken, sind faszinierend für ein großes Publikum. Zielgruppe für das „Corpus Draculianum“ sind daher nicht nur Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die die Quellensammlung als Grundlage für weitere Forschungsarbeiten nutzen können, sondern auch interessierte Laien.

Der Teilband I/1 enthält 61 Briefe und Urkunden aus der Kanzlei Vlads des Pfählers sowie anderer Herrscher und Adeliger der Walachei. Die in Latein, Kirchenslavisch, Rumänisch und Ungarisch überlieferten Dokumente stehen der historischen Gestalt besonders nahe: Der Woiwode selbst, seine Verbündeten und Widersacher kommen zu Wort und bieten unmittelbare Einblicke etwa in die osmanische Eroberung Südosteuropas und in die spätmittelalterliche Kreuzzugsbewegung, zu deren Bannerträgern auch der bei Muslimen wie Christen gefürchtete Vlad Drăculea zählte.

Der Teilband I/2 versammelt alle mittel- und westeuropäischen Berichte über die Herrschaft und die Kriege Vlads des Pfählers gegen Osmanen, Ungarn und den aufständischen walachischen Adel. Die 122 Dokumente entstammen den Herrscherkanzleien der bedeutendsten Mächte sowie der einflussreichsten Diplomaten dieser Zeit und bieten aufgrund ihrer weitläufigen Informationen ein facettenreiches Porträt des Woiwoden.

Band 2, der sich mit den narrativen europäischen Quellen auseinandersetzt, soll 2020 erscheinen.

Hinweis: Ebenfalls u.a. von Thomas Bohn mitherausgegeben und 2017 erschienen ist das Buch „Vlad der Pfähler – Dracula Tyrann oder Volkstribun?“

Vlad Tepes („der Pfähler“) Dracula ist nicht nur deshalb eine streitbare Figur, weil der Fürst der Walachei (1448, 1456–1462, 1476) als Vorbild für Bram Stokers Vampirgrafen (1897) herhalten musste, der in der Literaturwissenschaft eine immense Resonanz hervorgerufen hat. In historischer Perspektive ist der Woiwode (slaw. „Heerführer“) deshalb von Interesse, weil er nach der Eroberung Konstantinopels 1453 durch die Osmanen Papst Pius’ Kreuzzugsaufruf folgte. Auffällig waren sowohl seine autoritären Versuche, für innenpolitische Ordnung zu sorgen, als auch sein Bestreben, seinem Land den Nimbus einer „Vormauer des Christentums“ zu verschaffen. Aufgrund dieser historiografischen bzw. erinnerungskulturellen Bedeutung entsteht der Eindruck, seine Herrschaftszeit sei umfassend untersucht worden. Tatsächlich aber ist der Kenntnisstand in weiten Teilen noch in der Zwischenkriegszeit respektive im Nationalkommunismus verankert und von einem rumänischen Patriotismus geprägt.
Unter diesen Voraussetzungen wird das Bild des walachischen Woiwoden heute noch von der Ambivalenz zweier an und für sich gegensätzlicher Ansätze bestimmt: einem nationalistischen in Rumänien und einem auf das Vampirgenre rekurrierenden im Westen. Angeregt durch diesen Befund wurde vom 25.–27. September 2014 an der Justus-Liebig-Universität Gießen eine internationale Konferenz zum Thema „Vlad Dracula – Tyrann oder Volkstribun“ veranstaltet, deren Ergebnisse dieser Band vereint. Im Fokus der Untersuchungen stehen neben der Vita des „Pfählers“ seine diplomatischen Strategien im Umgang mit Kontrahenten und Verbündeten sowie die Rezeption und Mythenbildung seiner Person.
(Quelle: Verlagstext)

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Andreas Müller
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