Montreal (Kanada) – Erstmals haben Astronomen und Astronominnen mit dem James-Webb-Weltraumteleskop die Atmosphäre eines kleinen, vermutlich erdartigen Exoplaneten analysiert. Auch wenn es sich bei „GJ 9827 d“ wahrscheinlich um eine heiße „Dampfwelt“ handelt, stellen die Ergebnisse einen wichtigen Schritt bei der Suche nach außerirdischem Leben jenseits des Sonnensystems dar.
Wie das internationale Team unter Leitung von Caroline Piaulet-Ghorayeb, Doktorandin am Trottier Institute for Research on Exoplanets (IREx) der University of Montreal aktuell im Fachjournal „Astrophysical Journal Letters“ (DOI: 10.3847/2041-8213/ad6f00) berichtet, gelang die Analyse mit dem James-Webb-Space-Telescope (JWST) angesichts des rund 98 Lichtjahre entfernten Planeten „GJ 9827 d“ der seinen Stern (GJ 9827) im Sternbild Fische umkreist.
Hintergrund
Lange Zeit konzentrierte sich die Forschung auf die Atmosphären großer Gasriesen und Mini-Neptune, die viel größer als die Erde sind und von wasserstoffreichen Atmosphären dominiert werden. Atmosphären um kleinere, erdähnlichere Planeten nachzuweisen, war hingegen ein schwieriges Ziel.
Die spektrale Analyse der Atmosphäre um den Planeten, der gerade einmal etwa doppelt so groß wie die Erde ist, ergab, dass diese eine hohe Konzentration schwerer Moleküle enthält, darunter auch eine signifikante Menge an Wasserdampf. Letzteres deute darauf hin, dass „GJ 9827 d“ möglicherweise eine „Dampfwelt“ ist. Es wäre damit der erste Planet, der als eine solche „Dampfwelt“ bestätigt wurde. Derartige Welten haben dichte, wasserreiche Atmosphären, die aufgrund der Nähe zu ihrem Stern kein Oberflächen-Eis oder flüssiges Wasser aufweisen, sondern dampfförmige Atmosphären.
Bereits Anfang des Jahres hatten die IREx-Forscher mithilfe des Hubble-Weltraumteleskops Wasser in der Atmosphäre des Planeten entdeckt (…GreWi berichtete). Mit etwa der doppelten Größe der Erde ist dies der kleinste Exoplanet, bei dem eine Atmosphäre nachgewiesen wurde.
Zu heiß für erdartiges Leben
Auch wenn es auf „GJ 9827 d“ mit einer Durchschnittstemperatur von etwa 350 Grad Celsius für Leben – zumindest wie wir es von der Erde kennen – vermutlich zu heiß ist, eröffnet die Entdeckung neue Möglichkeiten und Perspektiven für der Suche nach Leben außerhalb unseres Sonnensystems und erweitert unser Wissen über die Entstehung und Zusammensetzung von Planeten.
Was „GJ 9827 d“ besonders macht, ist die Zusammensetzung seiner Atmosphäre: Im Gegensatz zu den wasserstoffdominierten Atmosphären größerer Planeten enthält sie eine hohe Konzentration schwerer Moleküle und viel Wasserdampf. Dies markiert den ersten eindeutigen Nachweis einer Exoplaneten-Atmosphäre, in der Wasserstoff nicht die dominierende Komponente ist. Vielmehr deutet alles auf eine wasserreiche, dichte Atmosphäre hin.
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„Das Molekulargewicht ähnelt eher dem von Atmosphären aus Kohlendioxid oder Stickstoff, wie wir sie bei erdähnlichen Planeten suchen, wo wir letztlich dann auch nach Leben suchen würden“, erklärt Piaulet-Ghorayeb. Gemeinsam mit ihrem Team nutzte sie den Nahinfrarot-Imager und Spektrografen (NIRISS) des JWST, um das Sternenlicht zu analysieren, das durch die Atmosphäre von GJ 9827 d drang, als der Planet vor seinem Heimatstern vorbeizog. Diese neuen JWST-Daten wurden dann mit früheren Hubble-Beobachtungen kombiniert, um sicherzustellen, dass die spektralen Merkmale von der Planetenatmosphäre und nicht vom Stern selbst stammen.
Die Ergebnisse zeigen, dass „GJ 9827 d“ also entweder eine wolkige Atmosphäre mit wenigen schweren Elementen und geringem Wasseranteil oder eine dichte Atmosphäre mit vielen schweren Molekülen und viel Wasser besitzt. Da der Planet seinem Stern sehr nahe ist, könnte seine Atmosphäre aus einem Gemisch aus Gas und einem superheißen, dichten Zustand bestehen, anstatt aus klar abgegrenzten Schichten.
Hoffnung auf weitere Analysen erdähnlicher Atmosphären schon in naher Zukunft
Der Nachweis einer schweren, wasserreichen Atmosphäre auf einem kleinen Planeten wie GJ 9827 d zeigt, dass solche Atmosphären existieren und mit der Präzision des JWST untersucht werden können. Dies macht die Entdeckung erdähnlicher, bewohnbarer Planeten in der nahen Zukunft umso wahrscheinlicher.
In den kommenden Monaten sind weitere JWST-Beobachtungen von „GJ 9827 d“ geplant, die dann hoffentlich noch genauere Informationen über die Zusammensetzung seiner Atmosphäre liefern werden.
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Hubble findet Wasserdampf in der Atmosphäre eines weiteren sonnennahen Exoplaneten 27. Januar 2024
Recherchequelle: University of Montreal
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