Sydney (Australien) – Das Siebengestirn der Plejaden gehört zu den bekanntesten Sternbildern und ebenso zu jenen, um die sich zahlreiche Sagen und Legenden ranken – uralte und moderne. Während die Plejaden in modernen Alien-Mythen immer wieder als Heimat hochentwickelter Zivilisationen beschrieben werden, bringen die historischen Ur-Mythen der Menschheit diese mit göttlichen bis irdischen Persönlichkeiten in Verbindung. Eine aktuelle Studie hat sich nun der erstaunlichen Ähnlichkeiten in den antiken weltweiten Mythologien zu den Plejaden sowie der Frage angenommen, warum schon in Vorzeiten stets von sieben Sternen die Rede ist, obwohl mit dem menschlichen Auge eigentlich nur sechs der Plejadensterne auszumachen sind.
„Wir haben uns der Frage gewidmet, warum in wirklich vielen alten Mythen, Sagen und Legenden rund um die Plejaden diese meist mit sieben jungen Mädchen gleichgesetzt werden, die von einem oder mehreren Männern in Form des Sternbilds Orion gejagt werden“, erläutern Ray P. Norris von der Western Sydney University und Barnaby R. M. Norris von der University of Sydney vorab via ArXiv.org. „Tatsächlich finden sich diese Gemeinsamkeit u.a. in den Erzählungen der australischen Aborigines wie auch ganz ähnlich in der griechischen Mythologie und das, obwohl beide Kulturen nie Kontakt zueinander hatten.
Hintergrund
Die Plejaden (M45) sind ein offener Sternhaufen im Sternbild Stier, rund 400 Lichtjahre von der Sonne entfernt. Die älteste bildhafte Darstellung der „Sieben Schwestern“ findet sich vermutlich auf der sogenannten „Himmelsscheibe von Nebra“, auch wenn das „Siebengestirn“ auf dieser nicht in seiner astronomischen Anordnung, sondern symbolisch als sechs einen zentralen Stern umgebende Sternenkreise dargestellt ist.Der griechische Plejaden-Mythos beschreibt diese als die Töchter des die Erdkugel tragenden Riesen Atlas und seiner Frau Pleione und als jungfräuliche Begleiterinnen von Artemis, der Göttin der Jagd. Als Orion sich in die „Sieben Schwestern“ verliebte, stellte er ihnen über die Wiesen Böotines nach, bis sie – da sie von ihrem die Erdkugel tragenden Vater nicht beschützt werden konnten – von Zeus zum Schutz vor dem Jäger in Tauben (peleiades) verwandelt und schlussendlich als Sternbild an den Himmel versetzt wurden.
Aus der sogenannten Traumzeit, der Schöpfungsgeschichte der australischen Ureinwohner, wissen auch die Aborigines von den „Seven Sisters“ (Makara) in Form von Wassernymphen zu berichten, denen ebenfalls das im Westen als Orion bezeichnete Sternbild in Form eines Jägers oder einer Gruppe von Männern nachstellt.
„Die auffallenden Übereinstimmungen (die Plejaden werden mit sieben Mädchen/Jungfrauen, Orion mit einem oder mehreren männlichen Jägern assoziiert, die den Mädchen nachstellen), legt einen gemeinsamen Ursprung der Geschichten nahe, der lange vor dem ersten neuzeitlichen Kontakt zwischen Europäern und den Ureinwohnern Australiens liegen muss“, erklären die Astronomen. Dieser letzte Kontakt muss also in jener Zeit gesucht werden, als die Vorfahren beider Kulturen vor rund 100.000 Jahren noch gemeinsam den afrikanischen Kontinent bewohnten.
Neben dem Erzählmotiv teilen viele Kulturen auch die Benennung des Sternbilds als aus sieben Elementen/Sternen bestehend, obwohl schon aus der Antike bekannt ist, dass die meisten Menschen selbst mit guter Sehstärke und auch an dunklen Nachthimmeln lediglich sechs (der in Wirklichkeit 10) Sterne der Gruppe ausmachen konnten. Auch hierzu teilen sich verschiedene Kulturen ähnliche Erklärungsmotive für den „velorenen“ Plejadenstern: Bei den Griechen handelte es sich hierbei um Merope, eine der Schwestern, die aus Scham dafür, dass sie sich in einen Sterblichen verliebt hatte, erlosch. Die Aborigines erzählen, es handele sich hierbei um eine der Schwestern die (je nach Erzählung) entweder zu jung, verstorben oder entführt worden sei. Im Islam fiel einer der Sterne vom Himmel und wurde zur Großen Moschee. „Da alle diese Geschichten von einem erlöschenden, verschwindenden siebten Stern berichten, liegt es nahe, dass es einst eine Zeit gegeben hat, in der tatsächlich noch sieben Sterne am Himmel zu erkennen waren.“
In ihrer Studie untersuchen Norris und Norris auf astronomischem Wege zunächst die Möglichkeit, ob und wann die Plejaden für die meisten Menschen als tatsächliches „Siebengestirn“ am Himmel sichtbar waren. Neben der Möglichkeit, dass einer der variablen Sterne tatsächlich und schlichtweg an Helligkeit verlor, diskutieren die Autoren auch, dass der als Pleione bezeichnete Stern aufgrund der Eigenbewegung vor rund 100.000 Jahren tatsächlich weiter von seinem Nachbarstern Atlas entfernt war als heute. In einer Simulation zeigen sie auch, wie sich die beiden Sterne, die damals durchschnittlich 3 Bogenminuten voneinander entfernt waren, aufgrund dieses Umstandes am Himmel als zwei Sterne und das Sternbild damit auch mit bloßem Auge tatsächlich als Siebengestirn am Himmel stand (s. Abb. l.).
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„Die Vorfahren der australischen Aborigines verließen den afrikanischen Kontinent vor rund 100.000 Jahren“, erläutern Norris und Norris. „Archäologische Funde und DNA-Analysen zeigen, dass diese sehr eng mit den Vorfahren der modernen Europäer verwandt waren, die Afrika etwa zur gleichen Zeit verlassen hatten. Vor rund 50.000 Jahren in Australien angekommen, erfuhr die Aborigine-Kultur kaum Brüche, zugleich auch kaum Kontakt zu anderen Kulturen. Zu jenem Zeitpunkt, als die beiden Vorfahrengruppen also noch gemeinsam den afrikanischen Kontinent bewohnten, waren die Plejaden also tatsächlich als sieben Sterne sichtbar.“ Der Umstand, dass beide Kulturen die Plejaden als “Sieben Schwestern” bezeichnen, lege also nahe, dass entsprechende Geschichten aus eben jener Zeit stammen. „Die Sagen um die Sieben Schwestern könnten somit zu den Ur-Erzählungen der Menschheit gehören.“
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Neuer Begleitstern in den Plejaden entdeckt 11. August 2016
Quelle: ArXiv.org
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