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Doch kein Folterblut? Wissenschaftsjournal zieht Fachartikel zu Turiner Grabtuch zurück


Das Turiner Grabtuch im Negativ mit Vergrößerung der Gesichtspartie.

Copyright: Kollage: grewi.de mit Materialien von: 1978 Barrie M. Schwortz Collection, STERA, Inc.

Padua (Italien) – Vor einem Jahr veröffentlichten italienische Wissenschaftler im Fachjournal „PLoS One“ eine Studie, laut der das im Leinen des sog. Turiner Grabtuch gebundene Blut, von einer Person stammt, die zuvor gefoltert wurde und damit die Vorstellung von der biblischen Folter Jesu zu stützen schien. Jetzt hat das Fachjournal den Artikel zurückgezogen. Der Grund: Eine mangelhafte gesicherte Datengrundlage.

Wie das Team um Elvio Carlino vom Istituto di Cristallografia und Professor Giulio Fanti von der University di Padova im Juli 2017 im “PLoS One” (DOI: 10.1371/journal.pone.0180487) berichtete, entdeckten sie an den untersuchten Leinenfasern biologische Nanopartikel, wie sie für Blut von Patienten ist, die verschiedene gewalttätige Traumata wie etwa Folter durchlebt haben:

“Auf den Fasern entdeckten wir Beweise für biologische Nanopartikel von Kreatin mit daran gebundenen kleinen Nanopartikeln von Eisenoxid. Diese Art, Größe und Verteilung der Eisenoxidpartikel können nicht von Farbaufträgen stammen, sondern sind Ferrihydartkerne von Ferritin. Die Bindung von Ferritineisen an Kreatine finden im menschlichen Organismus im Falle schwerer multipler Traumata statt. Unsere Ergebnisse deuten demnach daraufhin, dass das Leintuch auf Nanoebene ein Gewaltszenario dokumentiert, wie es den Interpretationen des Turiner Grabtuchs als kunstvolle Fälschung (durch Farbauftrag oder sonstige Färbung) widerspricht.” (…GreWi berichtete).

Hintergrund
Schon seit Jahrhunderten stellt das sogenannte Turiner Grabtuch Wissenschaftler wie Laienforscher vor zahlreiche Rätsel. Während Skeptiker darin lediglich eine kunstvolle Fälschung des Spätmittelalters vermuten, sehen Gläubige in dem Leinen, auf dem das Körperbild eines gekreuzigten Mannes mit Spuren einer Dornenkrone zu sehen ist, das Grabtuch Christi und verehren es als eine der heiligsten christlichen Reliquien.

Während eine Radiokarbondatierung (C14) das Alter des Leinens zunächst ins Mittelalter datierte und somit eine Fälschung der Reliquie nahelegte, gibt es mittlerweile Zweifel an der Richtigkeit der Datierungen (…GreWi berichtete). Seither streiten sich Grabtuchforscher und deren Skeptiker über das Für und Wider angeblicher Beweise und Gegenbeweise für die Echtheit des Leinens im Sinne des Grabtuchs Jesu. Weiterführende Informationen finden Sie am Ende dieser Meldung unter „Weitere Meldungen zum Thema“.

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Wie die PLoS-One-Redaktion erläutert, habe es Bedenken darüber gegeben, dass die in dem Artikel beschriebenen Schlussfolgerungen auf einer „mangelhaften Datengrundlage“ erlangt wurden. Auch sei die „Provenienz, Integrität und Verfügbarkeit des für die Studie verwendeten Materials (also des untersuchten Leinenfragments) in Frage gestellt worden“. Vor diesem Hintergrund habe sich die PLoS-One-Redaktion den Artikel erneut bewertet hat diesen nun offiziell zurückgezogen.


Die Partikel unter dem Nanomikroskop.

Copyright/Quelle: Fanti et al. / journals.plos.org

Als Gründe erläutert die Redaktion, dass die Studie nicht genügend Kontrollproben untersucht habe, um ihre Schlussfolgerungen über das Blut als das eines Folteropfers zu stützen. „So wurden beispielsweise weder Menstruationsblut noch Tierblut mittels der Difraktometrie und STEM-Analyse untersucht, wie sie als alternative Deutung des Materials auf dem Leinen in Frage kommen. Auch die Kreatin-Entdeckung selbst, stellt keinen eindeutigen Beweis für angewandte Folter und Gewalt dar. Aus diesem Grund halten wir die im Artikel beschriebenen Schlussfolgerungen als nicht ausreichend gestützt.“

Auch gehe aus dem Artikel nicht hinreichend hervor, dass das kleine Fragment anhand dessen die Analyse durchgeführt wurde, allgemein als gültig für das gesamte Grabtuch betrachtet werden könne. Zudem hätten es die Autoren versäumt, zu erwähnen, dass das untersuchte Leinenfragment von „Shroud of Turin Education and Research Association Inc.“ (STERA) zur Verfügung gestellt wurde, woraus sich ein Interessenkonflikt für den Artikel ergebe. (Anm. GreWi: Bei STERA handelt es sich um eine Forschungsgesellschaft, die Beweise für die Echtheit des Turiner Grabtuchs als Reliquie Christi sucht).

Abschließend weist das Journal natürlich daraufhin, dass die Autoren (E. Carlino et al.) mit der Entscheidung der Redaktion erwartungsgemäß nicht einverstanden sind und statt dessen auch weiterhin zu den im Artikel beschrieben Ergebnissen stehen.

– Die vollständige Erklärung der PLoS-Redaktion zum Rü+ckzug des Artikels im englsichen Original finden Sie HIER

Ein zusätzliches Statement der Autoren lag bis zum Redaktionsschluss dieser Meldung noch nicht vor.

– Die damalige GreWi-Meldung zum Artikel finden Sie HIER

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Andreas Müller
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(Kornkreisforscher)

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