Dunkle Biosphäre: Forscher finden Leben, wo es keines geben sollte
Madrid (Spanien) – Tief unter der Erdoberfläche und damit außerhalb jeglicher Reichweite des Sonnenlichts haben Wissenschaftler kürzlich hier gänzlich unerwartete Lebensformen entdeckt: Cyanobakterien. Diese Mikroben sind eigentlich dafür bekannt, dass sie ihre Lebensenergie aus der vom Sonnenlicht abhängigen Photosynthese beziehen.
Wie das Team um Fernando Puente-Sánchez vom Instituto Nacional de Técnica Aeroespacial-Consejo Superior de Investigaciones Científicas aktuell im Fachjournl „Proceedings of the National Academy of Sciences“ (PNAS, DOI: 10.1073/pnas.1808176115) berichtet, finden sich Cyanobakterien heutzutage in zahlreichen Umgebungen von heißen Wüsten bis hinein in die Tiefen der Weltmeere. Doch alle bislang bekannten von Cyanobakterien besiedelten Biosphären haben eines gemein: ausreichend Sonnenlicht, und bislang fanden sich mit zunehmend schwindendem Sonnenlichtanteil in einem Lebensraum (etwa mit zunehmender Meerestiefe) auch entsprechend weniger Cyanobakterien. Genau diese Mikroorganismen nun aber in einer schon immer völlig dunklen Umgebung zu finden, war selbst für die Wissenschaftler eine große Überraschung.
Entdeckt wurde das zudem auch noch besonders artenreiche, wenn auch immerdunkle Ökosystem im 613 Meter tiefen Untergrund des Pyritgürtels auf der iberischen Halbinsel im Südwesten Spaniens, wo sich zugleich auch große Mengen an Sulfidablagerungen finden.
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Eine Analyse der Mikroben zeigte, dass diese sich biologisch nicht von ihren lichtliebenden Artgenossen unterscheiden. Allerdings fehlen ihnen bestimmte, für die Photosynthese wichtige Strukturen. Statt also Licht in Energie umzuwandeln, nutzen diese „dunklen Cyanobakterien“ offenbar in der Tiefe vorhandene Konzentrationen von Wasserstoffgas, das sie mit Sauerstoff kombinieren und dabei Wasserstoffelektronen abgeben.
Eine genetische Analyse der unterirdischen Cyanobakterien zeigte, dass schon deren Vorfahren in dunklen Umgebungen beheimatet waren – vermutlich in dunklen tiefgelegenen Höhlen.
Obwohl Cyanobakterien schon zuvor in Untergrundgestein entdeckt worden waren, konnte bislang nie ausgeschlossen werden, dass sie durch Kontamination des Untergrunds mit Oberflächenmaterial dorthin gelangt waren. Da dies anhand der neuen Funde gänzlich ausgeschlossen werden könne, stelle die Entdeckung den ersten Beweis dafür da, dass auch die bislang so stark mit der Photosynthese assoziierten Mikroorganismen in gänzlich dunklen Umgebungen existieren und gedeihen können.
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