Toronto (Kanada) – Das Kraken über eine erstaunlich hohe und complex entwickelte Intelligenz verfügen, ist hinlänglich bekannt und erwiesen. Ob sie und andere wirbellose Tiere aber auch über Emotionen verfügen, wird wissenschaftliche immer noch kontrovers diskutiert. Der Nachweis von Emotionen bei diesen Tieren könnte bedeutenden Auswirkungen auf unseren Umgang mit diesen Arten als Nahrungsquelle haben.
Tatsächlich erkennen die meisten Länder nicht an, dass wirbellose Tiere wie Kraken, Tintenfische, Krabben, Hummer oder Krebse Gefühle – und damit auch Schmerzen – empfinden können. Doch zumindest in Großbritannien könnte sich diese Haltung bald sogar offiziell ändern: „Eine Kommission der London School of Economics (LSE) ist im Auftrag der britischen Regierung zu dem Schluss gekommen, dass es starke Hinweise und Belege dafür gibt, dass auch Krustentiere, Kraken und Tintenfische sowie Muscheln empfindungsfähig sind“, erläutert Professor Kristin Andrews von der York University. Andrews leitet das Forschungsteam der Universität über Tier-Bewusstsein und arbeitet mit der LSE-Kommission zusammen.
In einem aktuell im Fachjournal „Science“ (DOI: 10.1126/science.abo2378) veröffentlichten Artikel behandelt Andrews gemeinsam mit Kollegen die Frage nach Emotionen bei Tieren und die sich daraus ergebenden ethischen und politischen Konsequenzen.
Hintergrund
Ganz aktuell sorgen Pläne für die weltweit erste Krakenfarm für Aufsehen, die auf Gran Canaria entstehen soll und die bei Tier- und Umweltschützern wie unter Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen auf große Skepsis und Kritik stoßen.– Einen Hintergrundartikel dazu finden Sie auf Utopia.de
– Die Peta-Petition gegen die Krakenfarm zum zeichnen finden Sie HIER
„Die westliche Kultur ging lange Zeit davon aus, dass andere Tiere schlichtweg keine Schmerzen empfinden oder gar Emotionen haben“, erläutert Andrews und führt dazu weiter aus: „Es war schon ein wirklicher Kampf, Fischen und Säugetiere vor dem Gesetz und unter als empfindungsfähig anzuerkennen. Das dies derzeit im vereinigten Königreich auch für Wirbellose angestrebt wird, ist also ein wirklicher Durchbruch.“
Tatsächlich galten sogar menschliche Neugeborene bis zur verbalen Phase noch bis in die 1980-er Jahre als mehr oder weniger schmerzunempfindlich. Gleiches galt lange Zeit weiterhin für fast alle Tiere, ging man doch davon aus, dass die Tiere nur unbewusst auf negative Reize reagierten. Dem wiedersprachen dann aber Forschungsergebniss der vergangenen Jahrzehnte, die aufzeigten, dass Säugetiere Fische, aber auch Kraken und teilweise auf Schalentiere Schmerzen und gefährlichen Situationen und Orten aus dem Weg gehen und Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen beschrieben Anzeichen für Empathie etwa bei Kühen, die Stress-Symptome aufzeigen, wenn sie miterleben, wie ihr eigenes Kalb schmerzen erleidet.
„Die Anerkennung eines emotionalen Empfindungsvermögens bei Wirbellosen eröffnet ein moralisches und ethisches Dilemma“, erläutert Andrews weiter. „Menschen können erklären und von sich sagen, was sie empfinden. Tiere haben diese Werkzeuge und Möglichkeiten aber nicht, um ihre Emotionen auszudrücken. (…) Dennoch sprechen die Forschungsergebnisse ganz klar dafür, dass auch Tiere – und auch Wirbellose – Emotionen haben und empfinden.“
„Für gewöhnlich sind wir doch darum bemüht, anderen Lebewesen keinen Schaden oder schmerz zuzufügen. Das sind also tatsächlich alles Fragen, wie wir unsere Welt wahrnehmen. Wie genau wir also mit empfindungsfähigen Tieren umgehen, bleibt weiterhin eine ebenso wichtige wie offene Forschungsfrage. (…) Derzeit fehlt es uns noch an ausreichenden wissenschaftlichen Grundlagen, um sagen zu können, welcher Umgang für welche Art angebracht ist. Um Das zu bestimmen, braucht es eine größere Zusammenarbeit zwischen Wissenschaftlern und Ethikern.“
Zum Thema
Sollten wirbellosen Tieren ein Empfindungsvermögen für Schmerz und andere Emotionen zugesprochen werden, so müsse diese auch ein Teil der „moralischen Landschaft‘ unserer eigenen Spezies (Mensch) werden, fordert Andrews, weist aber zugleich auch daraufhin, dass „Schmerzen nur eine von mehreren emotional relevanten Emotionen. Wirbellose wie Kraken könnten somit auch andere Emotionen wie Neugierde am Erforschen, Zuneigung für andere Individuen oder Freude und Vorfreude auf ein zukünftiges Ereignis besitzen. (…) Das wäre dann der Zeitpunkt, an dem wir unsere Welt und den Umgang mit Kraken und anderen Wirbellosen neu betrachten müssten.
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Recherchequelle: York University
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