Entdeckung auf dem Mars: Rover „Curiosity“ untersucht mögliche Mikrofossilien
Aufnahmen des „Mars Hand Lens Imager“ (MAHLI) vom 2. Januar 2018 (Missionstag „Sol 1923) zeigen auffällige Mikrostrukturen, die sich deutlich vom Umgebungs- und Hintergrundgestein der Vera Rubin Ridge im Mars-Krater Gale absetzten. Handelt es sich hierbei um Fossilien oder das Ergebnis geologischer Prozesse?
Klicken Sie HIER, um zu den NASA-RAW-Daten der Bilder zu gelangen.
Copyright: NASA/JPL-Caltech/MSSS
Washington (USA) – Kleine röhrenförmige Strukturen im Marsgestein haben das Team des NASA-Mars-Rovers „Curiosity“ zur Rückfahrt der mobilen Laboreinheit an einen früheren Arbeitsort bewegt. NASA-Wissenschaftler suchen derzeit zwar nach geologischen Erklärungen für die Strukturen, wollen aber auch nicht ausschließen, dass es sich um Mikrofossilien handeln könnte, die dann sogar von höheren Lebensformen stammen könnten.
Wie der Raumfahrtjournalist Leonard David auf seiner Webseite „Inside Outer Space“ berichtet, wurden die auffälligen Strukturen zunächst auf Aufnahmen entdeckt, die „Curiosity“ seit dem 15. Dezember 2017 an seinem als „Vera Rubin Ridge“ bezeichnen einstigen Arbeitsort aufgenommen hatte (s. Abb.).
Angesichts der Aufnahmen stellt der Astrobiologe Barry DiGregorio vom Buckingham Centre for Astrobiology an der University of Buckingham gegenüber David die Frage, ob es sich hierbei um sog. „Trace Fossils“, also um (fossile) Lebensspuren handeln könnte: „Diese Strukturen gleichen Lebensspuren aus dem Ordovizium, die ich selbst schon hier auf der Erde untersuchen und fotografieren konnte“, berichtet der Forscher und fragt zugleich aber auch, welche geologischen Erklärungen es für die Strukturen geben könnte, sollte es sich nicht um Fossilien handeln?
www.grenzwissenschaft-aktuell.de
+ HIER können Sie den täglichen kostenlosen GreWi-Newsletter bestellen +
Von Leonard David nach den Details in den Curiosity-Aufnahmen gefragt, stellte sich heraus, dass auch schon das Team um Ashwin Vasavda vom Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA und um den Curiosity-Missionswissenschaftler Christopher Edwards von der Northern Arizona University auf früheren S/W-Aufnahen des Rovers (ab dem 15. Dezember 2017) auf diese aufmerksam geworden war und den bereits weitergefahrenen Rover wieder zum Ort der Aufnahmen zurück navigiert hatte, um eben diese Strukturen genauer zu untersuchen.
Gesamtansicht des Curiosity-Arbeitsfeldes mit der MastCam am 15. Dezember 2017 (Sol 1905). Die Position der Strukturen ist mit einem Pfeil markiert.
Klicken Sie HIER, um zu den NASA-RAW-Daten der Bilder zu gelangen.
Copyright: NASA/JPL-Caltech/MSSS (bearb. GreWi)
ChemCam-Mikroskopaufnahmen der Strukturen vom 31. Dezember 2017.
Klicken Sie HIER, um zu den NASA-RAW-Daten der Bilder zu gelangen.
Copyright: NASA/JPL-Caltech/LANL
Laut den NASA-Wissenschaftlern sind die Strukturen mit jeweils knapp 5 Millimetern Länge sehr klein: „Im Arbeitsraum vor dem Rover befinden sich einige sehr interessante Ziele, die zusätzliche Untersuchungen erfordern“, berichtete Edwards in einem „Mission-Update“ vom 3. Januar 2018.
Auf Anfrage von Leonard David kommentiert Vasavada: „Wir können nicht ausschließen, dass es sich tatsächlich um fossile Lebensspuren handelt, aber wir werden hier auch ganz sicher keine voreiligen Schlussfolgrungen ziehen.“
Diese Info finden Sie im deutschsprachigen Web so und erstmals nur auf Grenzwissenschaft-Aktuell
Wenn GreWi ihnen etwas wert ist, unterstützen Sie meine Arbeit
mit Ihrem freiwilligen GreWi-Abo, erhalten sie dafür Dankeschön-Prämien und werden Sie Teil der GreWi-Community. Weitere Infos zum freiwilligen GreWi-Abbo finden Sie HIER
Besten Dank!
Tatsächlich könne die mehrwinklige Ausrichtung der Strukturen auch in Richtung kristalliner Strukturen deuten, wie sie ebenfalls auch in Erdgestein zu finden sind und entstehen, wenn sich Kristalle auflösen und im Umgebungsgestein entsprechende Hohlräume hinterlassen, die dann wieder mit Sediment und Mineralien gefüllt werden, erläutert der Wissenschaftler eine von mehreren geologischen Erklärungsansätzen.
Alternativ zu non-biologischen Erklärungen für die Strukturen diskutieren Wissenschaftler um Pascal Lee vom Mars Institute und dem SETI Institute neben mineralischen Erklärungen auch die Möglichkeit, dass es sich um Fossilien sogenannter Bioturbation handelt.
Fossile Bioturbation (nicht mit Sedimenten gefüllt) in einem jungkänozoischen Kalkarenit auf Mallorca.
Copyright: Wuselwurm (via WikimediaCommons), CC BY-SA 3.0
Als Bioturbation bezeichnen Geologen und Biologen das Durchwühlen und Durchmischen (Turbation) von Böden oder Sedimenten durch Lebewesen. Die vielleicht allgemein bekanntesten Beispiele hierfür sind die Röhren und Gänge, die Regenwürmer und Muscheln um Boden hinterlassen. Tatsächlich sei es genau das, was den meisten angesichts der Aufnahmen zunächst einmal in den Sinn gekommen sei, so Lee gegenüber „Inside Outer Space“. „Wenn sich solche Gänge wieder mit Sedimenten füllen, versteinern und dann durch Erosion wieder zu Tage treten, kann das Ergebnis (den Strukturen auf dem Mars) sehr ähnlich sehen.“
Derzeit sind sich die NASA-Wissenschaftler noch uneins, ob „Curiosity“ selbst mit Hilfe seiner Bordinstrumente in der Lage ist, die Strukturen derart zu analysieren, um zwischen einer non-biologischen und einer biologischen Herkunft auch eindeutig unterscheiden zu können. Derzeit werden die Strukturen zumindest mit der sog. „ChemCam“ und dem Alpha Particle X-Ray Spectrometer (APXS) untersucht, von deren Ergebnissen sich die Wissenschaftler weitere Hinweise auf Natur der Strukturen erhoffen.
Sollte es sich tatsächlich um fossile Bioturbation handeln, so wären die Konsequenzen sensationell: „Strukturen in dieser Größenordnung würden schließlich bedeuten, dass wir es hier (mit Hinterlassenschaften von) makroskopischen mehrzelligen Organismen zu tun hätten – Lebensformen also, die deutlich weiter entwickelt waren als einzelliges Leben“, so Lee. „Aber so weit sind wir ganz sicher noch nicht. Zu behaupten, es handele sich hier um Bioturbation wäre derzeit tatsächlich noch eine ‚außergewöhnliche Behauptung‘, die auch ‚außergewöhnlich gute Beweise‘ benötigen würde. (…) Zunächst einmal müssen wir hierfür die weniger ungewöhnlichen Erklärungsmöglichkeiten ausschließen.“
Mit Sedimenten gefüllte fossile Bioturbation des Benthals (Ophiomorpha) in einem Sandstein des frühen Eozäns.
Copyright: Torero (via WikimediaCommons), CC BY-SA 3.0
Zu diesen Erklärungsansätzen zählen laut dem Astrobiologen Dirk Schulze-Makuch von der Technischen Universität Berlin (TUB) u. a. auch sogenannte Konkretionen, also Mineral-Aggregate, die in einem anders gearteten feinkörnigen Sediment aus einer wässrigen, zirkulierenden Lösung ausgesintert sind. Zwar stimmt auch Schulze-Makuch angesichts der aktuellen Curiosiy-Aufnahmen deren Ähnlichkeit zu Bioturbationen zu und erklärt auf Davids Anfrage, dass „auf der Erde diese Strukturen ganz sicher als solche gedeutet werden würden.“ Zugleich verweist er aber auch darauf, dass eben auch Konkretionen diesen Strukturen sehr ähnlich sein können. Er selbst gehe deshalb zunächst einmal davon aus, dass es sich wahrscheinlich um eben solche Konkretionen handelt.
…GreWi wird weiter berichten.
© grenzwissenschaft-aktuell.de