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Klimaforscher warnen: Erdklima könnte kritische Schwelle zu einer „Heißzeit“ überschreiten


Symbolbild: Unwirtliche Wüstenlandschaft

Copyright: T. Heyne für grenzwissenschaft-aktuell.de

Potsdam (Deutschland) – Während es das Ziel des aktuellen Pariser Klimaabkommen ist, die Erderwärmung langfristig bei 1,5-2 Grad Celsius zu halten bzw. zu stoppen, könnte dies nicht ausreichen, um eine bevorstehende „Heißzeit“ jetzt noch zu verhindern. Den Grund beschreiben Klimawissenschaftler in einem aktuellen Fachartikel und warnen darin vor Rückkopplungsprozessen, die die Erde schon mittelfristig in eine „Schwitzhütte“ verwandeln könnten. Der Übergang zu einer emissionsfreien Weltwirtschaft müsse deshalb deutlich beschleunigt werden.

Wie das internationale Team von Wissenschaftlern aktuell im Fachjournal „Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS, DOI: 10.1073/pnas.1810141115) berichtet, wären für eine derartige „Heißzeit“ um 4 bis 5 Grad Celsius höhere Temperaturen und ein Meerespiegelanstieg um 10 bis 60 Meter (!) charakteristisch.

„Industrielle Treibhausgasemissionen sind nicht der einzige Faktor, der die Temperatur auf der Erde beeinflusst. Unsere Arbeit weist darauf hin, dass eine vom Menschen verursachte globale Erwärmung von 2°C andere Prozesse des Erdsystems anstoßen könnte (oft als Rückkopplungen bezeichnet). Diese wiederum könnten die Erwärmung weiter vorantreiben – selbst wenn wir aufhörten, Treibhausgase auszustoßen“, sagt Leitautor Will Steffen von der Australian National University (ANU) und dem Stockholm Resilience Centre (SRC). „Um dieses Szenario zu vermeiden, ist es notwendig, das menschliche Handeln in eine neue Richtung zu lenken, von der Ausbeutung zu einem verantwortungsvollen Umgang mit dem Erdsystem.“ Derzeit liegt die globale Durchschnittstemperatur bereits um gut 1°C über dem vorindustriellen Niveau und steigt etwa 0,17°C pro Jahrzehnt an.

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Wie die Pressemitteilung des an der Studie beteiligten „Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung“ (PIK) berichtet, untersuchten die Autoren der Studie zehn natürliche Rückkopplungsprozesse, von denen einige mit den sogenannten Kippelementen im Erdsystem verknüpft sind: „Durch das Überschreiten kritischer Schwellen könnten diese in fundamental andersartige Zustände versetzt werden. Die Rückkopplungen könnten z.B. Kohlenstoffspeicher in Kohlenstoffquellen verwandeln, die in einer entsprechend wärmeren Welt unkontrolliert Emissionen freisetzen würden. Zu den kritischen Prozessen gehören insbesondere tauender Permafrost, der Verlust von Methanhydraten vom Meeresboden, eine Schwächung von Kohlenstoffsenken an Land und in den Ozeanen, eine zunehmende bakterielle Atmung in den Ozeanen, das teilweise Absterben des Amazonas-Regenwaldes sowie der borealen Wälder, eine Verringerung der Schneedecke auf der Nordhalbkugel, der Verlust von arktischem und antarktischem Meereis sowie das Schrumpfen der großen Eisschilde. Die Studie berücksichtigt noch nicht mögliche Rückkopplungen zwischen Emissionen und der planetaren Wolkenbedeckung.“


Weltkarte zeigt, wo die Temperaturen kritische Kippwerte erreichen könnten und welche bislang charakteristischen Elemente (wie etwa Eisdecken, Permafrostböden und Vegetationsformen) davon betroffen wären.

Quelle/Copyright: PNAS, Steffen et al. 2018

Es seien diese Kippelemente, die sich wie eine Reihe von Dominosteinen verhalten: „Wird einer von ihnen gekippt, schiebt dieses Element die Erde auf einen weiteren Kipppunkt zu. Es könnte sehr schwierig oder sogar unmöglich sein, die ganze Reihe von Dominosteinen davon abzuhalten, umzukippen.“

Auf diese Weise könnten manche Orte auf der Erde unbewohnbar werden, wenn die „Heißzeit“ Realität würde.

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Die Studie veranschaulicht, wie die Treibhausgasemissionen aus Industrie und Landwirtschaft das Erdklima und letztlich das ganze Erdsystem aus dem Gleichgewicht bringen. Hierbei stehen stehen hier vor allem die Kippelemente in der globalen Umwelt im Fokus, die sich – sobald ein bestimmtes Belastungsniveau einmal überschritten ist – grundlegend, schnell und möglicherweise irreversibel verändern könnten: „Gewisse Kaskaden solcher Ereignisse könnten das gesamte Erdsystem in eine neue Betriebsweise kippen“, erläutert PIK-Direktor Hans Joachim Schellnhuber und führt dazu weiter aus: „Was wir derzeit noch nicht wissen, ist, ob das Klimasystem sicher bei etwa 2°C über dem vorindustriellen Niveau ‚geparkt‘ werden kann, wie es das Pariser Abkommen vorsieht. Oder ob es, einmal so weit angestoßen, weiter abrutschen würde in ein dauerhaftes Supertreibhaus-Klima. Die Forschung muss sich daran machen, dieses Risiko schnellstmöglich besser abzuschätzen.“

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Die Autoren warnen zugleich, dass eine entschlossene Minderung von Kohlendioxid- und anderen Treibhausgasemissionen alleine nicht mehr ausreiche, um die Chancen zur Vermeidung einer „Heißzeit“ zu verbessern. Auch erweiterte biologische Kohlenstoffspeicher, etwa durch ein verbessertes Wald-, Landwirtschafts- und Bodenmanagement, oder die Erhaltung der biologischen Vielfalt sowie Technologien, um der Atmosphäre Kohlendioxid zu entziehen und unterirdisch zu speichern, können eine wichtige Rolle spielen. Entscheidend sei jedoch, dass diese Maßnahmen auch durch grundlegende gesellschaftliche Veränderungen gestützt werden.

„Das Klima und andere Veränderungen zeigen uns, dass wir Menschen das Erdsystem bereits auf globaler Ebene beeinflussen. Das bedeutet auch, dass wir als internationale Gemeinschaft an unserer Beziehung zum System arbeiten können, um die zukünftigen planetarischen Bedingungen zu beeinflussen. Diese Studie identifiziert einige der Hebel, die dafür genutzt werden können“, schließt Katherine Richardson von Center for Macroecology, Evolution and Climate an der Universität Kopenhagen.

© grenzwissenschaft-aktuell.de

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Andreas Müller
Fachjournalist Anomalistik | Autor | Publizist
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(Kornkreisforscher)

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