Erster Doppelstern in der Nähe des supermassereichen Schwarzen Lochs unserer Milchstraße entdeckt
Köln (Deutschland) – Ein internationales Forscherteam hat erstmals ein Doppelsternsystem in unmittelbarer Nähe des supermassereichen Schwarzen Lochs Sagittarius A* im Zentrum unserer Galaxie, der Milchstraße, entdeckt. Die Entdeckung könnte das Verständnis darüber revolutionieren, wie Sterne in extremen Gravitationsumgebungen bestehen können, und eröffnet neue Perspektiven für die Suche nach Planeten in der Nähe dieses kosmischen Giganten.
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Wie das Team um Florian Peißker von der Universität zu Köln aktuell im Fachjournal „Nature Communications“ (DOI: xxx) berichtet, gelang die Entdeckung mit Beobachtungen mit dem Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte (ESO). Das Sternenpaar befindet sich im sogenannten S-Cluster, einer dichten Ansammlung von Sternen und Objekten, die das zentrale Schwarze Loch der Milchstraße umkreisen. Hier gibt es zahlreihe rätselhafte Objekte, die sogenannten G-Objekte, die teils zwar wie Sterne erscheinen, aber wie Gas- und Staubwolken agieren. Bei der präzisen Beobachtung einiger dieser Objekte über einen Zeitraum von 15 Jahren hinweg, zeigte sich nun, dass es sich zumindest bei „D9“ in Wirklichkeit sogar um einen Doppelstern handelt.
Doppelsterne unter extremen Bedingungen
Während Astronomen und Astronominnen lange Zeit davon ausgingen, dass die gewaltigen Gravitationskräfte eines supermassereichen Schwarzen Lochs Sternensysteme destabilisiert, stellt die Entdeckung des jungen Doppelsternsystems „D9“ nun massiv in Frage.
„Schwarze Löcher sind offenbar nicht so zerstörerisch, wie wir dachten“, erklärt Peißker. Doppelsterne, also Sterne, die einander umkreisen, sind im Universum weit verbreitet – aber nie zuvor wurde ein solches System so nahe an einem supermassereichen Schwarzen Loch nachgewiesen.
D9, das neuentdeckte Sternenpaar, ist gerade einmal 2,7 Millionen Jahre alt – kosmisch betrachtet ein also ein Wimpernschlag. Aufgrund der immensen Schwerkraft von Sagittarius A* wird es jedoch vermutlich innerhalb der nächsten Million Jahre zu einem einzigen Stern verschmelzen. „Wir haben hier ein äußerst seltenes Zeitfenster genutzt, um dieses System zu beobachten“, betont Emma Bordier, Co-Autorin und ebenfalls Forscherin an der Universität zu Köln.
Junge Sterne und die Geburt von Doppelsternen
Bereits frühere Beobachtungen hatten gezeigt, dass sich überraschenderweise mehrere junge Sterne in unmittelbarer Nähe von Sagittarius A* befinden. Die Existenz von „D9“ legt nun nahe, dass sich sogar Doppelsterne unter diesen extremen Bedingungen bilden können. „Das System zeigt deutliche Hinweise auf Gas und Staub in seiner Umgebung, was darauf hindeutet, dass es sich tatsächlich um ein sehr junges Sternsystem handelt“, erklärt Michal Zajaček, Mitautor der Studie und Forscher an der Masaryk-Universität in Tschechien.
Neue Fragen für zukünftige Beobachtungen
Die Entdeckung liefert nicht nur wertvolle Einblicke in die Entstehung von Sternsystemen unter extremen Bedingungen, sondern wirft auch neue Fragen auf: Könnten die mysteriösen G-Objekte tatsächlich Vorstufen oder Überreste verschmolzener Doppelsterne sein, und könnten sich um solche Sterne vielleicht sogar auch Planeten bilden?
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Sollten dies zutreffen, so deuten die neuen Ergebnisse darauf hin, dass Planeten im galaktischen Zentrum plausibel sind, da sie häufig um junge Sterne entstehen. „Es scheint nur eine Frage der Zeit, bis wir solche Planeten nachweisen können“, zeigt sich Peißker abschlie0end und angesichts der nächsten Generation von Großteleskopen zuversichtlich.
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Recherchequelle: ESO
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