Mittels Elektrokortikographie wird Gehirnaktivität aufgezeichnet (blaue Kreise). Aus den Aktivitätsmustern (blau/gelb) lassen sich die gesprochenen Wörter erkennen.
Copyright: CSL/KIT
Karlsruhe (Deutschland) – Erstmals ist es einem interdisziplinärem Forscherteam gelungen, anhand von Aktivitätsmustern auf der Gehirnoberfläche gesprochene Sätze zu rekonstruieren. Diese neue Form des Gedankenlesens könnte sogenannten Locked-in-Patienten zukünftig eine sprachliche Kommunikation zu ermöglichen.
„Sprachprozesse drücken sich in Hirnströmen aus, die mittels Elektroden direkt am Kortex aufgezeichnet werden können“, erläutert die Pressemitteilung des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT). Anhand dieser Ströme ist es den Karlsruher Forschern um Christian Herff und Dominic Heger gemeinsam mit Kollegen des US-amerikanischen Wadsworth Centers nun gelungen, kontinuierlich gesprochene Laute, Wörter und ganze Sätze zu rekonstruieren und per Computer als Text wiederzugeben.
Wie die Wissenschaftler aktuell im Fachjournal „Frontiers in Neuroscience“ (DOI: 10.3389/fnins.2015.00217) berichten, wurden die Ergebnisse durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Forscherinnen und Forschern aus Informatik, Neurowissenschaften und Medizin möglich. Methoden aus der Signalverarbeitung und der automatischen Spracherkennung erlaubten es den Forschern neben der Erkennung von Sprache aus Gehirnsignalen eine detaillierte Analyse der am Sprachprozess beteiligten Gehirnregionen und ihrer Interaktionen zu erstellen.
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„Die aktuelle Arbeit ist weltweit die Erste, die kontinuierlich gesprochene Sprache erkennt und in Text transformier“, erläutern die Forscher. „Dazu werden Informationen aus dem Kortex mit linguistischem Wissen und Algorithmen des maschinellen Lernens kombiniert, um die wahrscheinlichste Wortsequenz zu extrahieren. Derzeit arbeitet Brain-to-Text auf hörbar gesprochener Sprache, die Ergebnisse sind allerdings ein sehr wichtiger erster Schritt hin zur Erkennung gedachter Sprache.“
Die Hirnströme wurden im Rahmen der Behandlung von sieben Epilepsie-Patienten, die freiwillig an den Experimenten teilnahmen, in den USA aufgezeichnet. Im Zuge ihrer neurologischen Behandlung wurde ihnen ein Elektrodennetz auf die Großhirnrinde gelegt (Elektrokortikographie, ECoG)). Während die Patienten Beispieltexte laut vorlasen, wurden die räumlich und zeitlich hoch aufgelösten ECoG-Signale aufgezeichnet. Diese wurden später in Karlsruhe analysiert und dienten als Basis für die Entwicklung von Brain-to-Text.
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Neben der reinen Grundlagenforschung und einem besseren Verständnis der hochkomplexen Sprachprozesse im Gehirn könnte Brain-to-Text ein Baustein sein, um sogenannten Locked-in-Patienten zukünftig eine sprachliche Kommunikation zu ermöglichen.
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