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Essay: So können wir herausfinden, ob “BLC1“ ein echtes SETI-Signal ist

Das Parkes-Radioteleskop. Copyright: CSIRO/Wikipedia, CC BY-SA
Das Parkes-Radioteleskop.
Copyright: CSIRO/Wikipedia, CC BY-SA

– Bei diesem Text handelt es sich um ein Essay von Michael Garrett, dem Direktor des Director of Jodrell Bank Centre for Astrophysics an der University of Manchester und wurde unter der Creative Commons-Lizenz (CC BY ND 4.0) erstmals im englischsprachigen Original auf TheConversation.com“ veröffentlicht. Bei dem folgenden Text handelt es sich um eine Übersetzung dieses Textes durch Grenzwissenschaft-Aktuell.de (GreWi) mit Verweis auf die Creative Commons-Lizenz, die von Autor nicht ausdrücklich autorisiert wurde.

Die von dem russisch-israelischen Milliardär, Technologie- und Wissenschaftsinvestor Yuri Milner und seiner Frau Julia gegründete und mit 100 Mio. US-Dollar ausgestattete „Breakthrough Listen“-Initiative hat ein mysteriöses Funksignal identifiziert, das vom sonnennächsten Stern Proxima Centauri zu kommen scheint. Dies hat in der Presse und unter Wissenschaftlern in Erregung versetzt. Die Entdeckung, die als erstes vom „The Guardian“ gemeldet wurde, aber noch nicht in einer wissenschaftlichen Fachzeitschrift publiziert wurde, könnte das erste echten Signal-Kandidat bei der Suche nach außerirdischer Intelligenz (SETI) sein. Bezeichnet wurde die Entdeckung als „Breakthrough Listen Candidate 1“ oder kurz „BLC-1“ (…GreWi berichtete).

Obwohl das Breakthrough Listen-Team derzeit noch an den Daten arbeitet, ist bereits bekannt, dass das Funksignal vom Parkes-Teleskop in Australien aufgefangen wurde, als dieses auf Promxima Centauri ausgerichtet war. Von Proxima Centauri wird angenommen, dass der Zwergstern von mindestens einem lebensfreundlichen Planeten umkreist wird. Das Signal war während der vollständigen Beobachtung vorhanden, hielt mehrere Stunden an und war verschwunden, als das Teleskop in eine andere Richtung zeigte.

Künstlerische Darstellung der Oberfläche eines Planeten um Proxima Centauri. Copyright: ESO / M. Kornmesser / Wikipedia, CC BY-SA
Künstlerische Darstellung der Oberfläche eines Planeten um Proxima Centauri.
Copyright: ESO / M. Kornmesser / Wikipedia, CC BY-SA

Das Signal war „schmalbandig“, was bedeutet, dass es nur einen geringen Bereich von Funkfrequenzen einnahm. Die Frequenz selbst driftete so, wie man es erwarten würde, wenn das Signal von einem sich bewegenden bzw. rotierenden Planetenoberfläche käme. Dies sind genau jene Eigenschaften, nach denen die SETI-Wissenschaftler suchen, seit der Astronom Frank Drake die Initiative vor etwa 60 Jahren ins Leben gerufen hat.

Während dies einen bemerkenswerten Fortschritt bei der Verfolgung der letzten Frage danach darstellt, ob wir allein im Universum sind, gibt das BLC-1-Signal auch Anlass zum Nachdenken darüber, wie wir diese Suchen durchführen. Insbesondere hebt BLC-1 jenes Problem hervor, das die SETI-Forschung von Anfang an verfolgt hat: das Verschwinden von Signalen. Auch BLC-1 wurde seit seiner ersten Entdeckung im Frühjahr 2019 nicht mehr gesehen.

Wenn sich BLC-1 schließlich als echter SETI-Signalkandidat herausstellt, wäre dies der erste echte SETI-Signalkandidat seit dem „Wow!-Signal“, das 1977 aufgefangen wurde.

Das „Wow!-Signal“ ist vielleicht das berühmteste Beispiel für einen nicht schlüssigen SETI-Kandidaten – nicht zuletzt, weil es nie wieder beobachtet wurde. Das bedeutet aber nicht, dass es nicht außerirdisch-intelligenter Natur sein kann. Die perfekte gen Himmels gerichtete Ausrichtung von sich bewegenden und möglicherweise rotierenden Sendern und Empfängern, die durch interstellare Entfernungen voneinander getrennt sind, ist wahrscheinlich immer ein zufälliger und manchmal vorübergehender Umstand. Dies ist jedoch eine Herausforderung für das „Breakthrough Listen“-Team. Wenn sich BLC-1 nie wieder wiederholt, so wird es sehr schwierig sein, eine detaillierte Nachverfolgung und Überprüfung durchzuführen, wie sie Wissenschaftler vollständig davon überzeugen könnte, dass es sich um eine Nachricht von Außerirdischen handelt. Skeptiker werden zu Recht argumentieren, dass dies eher eine neue Form von durch Menschen erzeugter Funkstörungen oder ein seltenes Merkmal der komplexen Beobachtungsinstrumente selbst war.

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In der Tat ist es möglicherweise nie möglich, wirklich überzeugende Beweise für die außerirdische Natur eines SETI-Ereignisses zu liefern, das auf einem Teleskop mit einer einzigen Antennenschale – wie das Parkes-Teleskop – basiert. Dies gilt insbesondere für einmalige Ereignisse.

Ein Weg nach vorne wäre, den traditionellen SETI-Ansatz aufzugeben, große Einzel-Teleskope für SETI zu verwenden. Während eine einzelne Parabolschüssel die wertvolle Eigenschaft hat, für einen ziemlich großen Bereich des Himmels empfindlich zu sein, gibt es keine Möglichkeit, genau zu wissen, woher genau ein Kandidatensignal stammt, wenn es erkannt wird. Während also das Parkes-Teleskop nominell auf Proxima Centauri zeigte, waren buchstäblich Hunderttausende anderer galaktischer Sterne im selben Sichtfeld vorhanden. Letztendlich könnte also jeder von ihnen möglicherweise die Quelle des BLC-1 sein.

Wir können dieses Problem überwinden, indem wir mit mehreren großen Schüsseln gleichzeitig beobachten, vorzugsweise durch Hunderte und sogar Tausende von Kilometern voneinander entfernt. Indem wir ihre Signale mit einer leistungsstarken Technik kombinieren, die als „Very Long Baseline Interferometry“ bekannt ist, können wir die Quellposition eines Signals mit exzellenter Genauigkeit bestimmen, z. B. einen einzelnen Stern.

Für nahegelegene Systeme wie Proxima Centauri können wir eine Genauigkeit von ungefähr einem Tausendstel einer Astronomischen Einheit (AE = die Entfernung zwischen Sonne und Erde) erreichen. Dies sollte es uns dann ermöglichen, nicht nur das Sternensystem, sondern auch den zugehörigen Planeten zu identifizieren, von dem aus das Signal übertragen wird. Mit einem solchen Ansatz könnte die Bewegung der meisten Signale am Himmel in einem Jahr oder sogar weniger gemessen werden.

Himmelsdurchmusterungen mit einer interferometrischen Anordnung von Teleskopen bietet weitere Vorteile, beispielsweise, dass viele völlig unabhängige Teleskope dasselbe Signal erfassen. Außerdem würden Funkstörungen von der Erde nicht durch Teleskopstandorte registriert, die Hunderte von Kilometern voneinander entfernt sind. Die vom Menschen verursachte Störung, die zu so vielen Fehlalarmen für SETI beigetragen hat und umlaufende Satelliten und sogar Mikrowellenherde umfasst, würde vollständig verschwinden. Diese Art der Interferometrie ist eine etablierte Technik, die es seit den späten 1960er Jahren gibt.

Warum betreiben wir damit also keine systematische SETI? Ein Grund dafür ist, dass das Kombinieren von Daten mehrerer Teleskope in fast jeder Hinsicht mehr Aufwand erfordert, einschließlich größerer Rechenressourcen: Eine Beobachtung von wenigen Minuten Dauer würde viele Terabyte Daten erzeugen (1 Terabyte entspricht 1.024 Gigabyte).

Künstlerische Darstellung de Square-Kilometre-Array (SKA). Copyright: SPDO/TDP/DRAO/Swinburne Astronomy Productions - SKA Project Development Office and Swinburne Astronomy Productions, CC BY-SA
Künstlerische Darstellung de Square-Kilometre-Array (SKA).
Copyright: SPDO/TDP/DRAO/Swinburne Astronomy Productions – SKA Project Development Office and Swinburne Astronomy Productions, CC BY-SA

Keines dieser Probleme ist jedoch kein KO-Argument, zumal die Technologie mit beispielloser Geschwindigkeit weiter voranschreitet. Ein vielleicht noch wichtigerer Faktor ist die Trägheit des Menschen: Bis vor kurzem war die SETI-Community in ihrem Ansatz recht konservativ. Die Mitarbeiter setzen sich traditionell aus Mitarbeitern von Einzel-Teleskopen zusammen. Diese Wissenschaftler sind nicht unbedingt mit den Macken und Schwächen interferometrischer Arrays vertraut. Zum Glück ändert sich das endlich.

„Breakthrough Listen“ versucht nun, Teleskopanlagen wie „MeerKAT“, das „Jansky Very Large Telescope“ (JVLA) und schließlich das „Square Kilometer Array“ (SKA) in ihre zukünftigen Durchmusterungsprogramme aufzunehmen. In der Zwischenzeit sollten wir uns auf eine steigende Flut mehrdeutiger Radioereignisse vorbereiten – und hoffentlich auch auf das Wiederauftauchen von BLC-1. Die Bestimmung des genauen Ortes und der Bewegung dieser Signale könnte der einzige Weg sein, um eindeutige Schlussfolgerungen zu ziehen.

Über den Autor
Michael Garrett ist der Professor für Astrophysik und Direktor des Jodrell Bank Centre for Astrophysics an der University of Manchester, sowie Mitglied des Beraterstabs von Breakthrough Listen und Co-Vorsitzender des Int. Academy of Astronautics SETI Permanent Commitee (SETI PC)




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Quelle: The Conversation

© grenzwissenschaft-aktuell.de

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Andreas Müller
Fachjournalist Anomalistik | Autor | Publizist
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