Fachartikel: Die außerirdische Hypothese als epistemologisches Beispiel für die Aufhebung eines Tabus
New Haven (USA) – Ein aktuell im angesehenen “European Journal for Philosophy of Science” erschienener Fachartikel diskutiert die “Extraterrestrial Hypothesis” (ETH) also die außerirdische Hypothese als Erklärung für bislang noch rätselhafte Phänomene wie UFOs als ein Beispiel für den Rückgang bzw. die Aufhebung wissenschaftlicher Tabus.
Inhalt
Wie der Yale-Absolvent William C. Lane in der aktuellen Ausgabe des bie Springer erscheinenden „European Journal for Philosophy of Science” (DOI: 10.1007/s13194-025-00634-8) darlegt, setzt er sich kritisch mit der gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Tabuisierung der extraterrestrischen Hypothese (ETH) auseinander.
Die ETH besagt, dass eine oder mehrere außerirdische Zivilisationen (ETCs) gegenwärtig auf der Erde aktiv sind. Lane argumentiert, dass diese Hypothese nicht grundsätzlich abwegig ist und daher einer ernsthaften wissenschaftlichen Prüfung unterzogen werden sollte.
Kritik am wissenschaftlichen Tabu
Der Autor weist darauf hin, dass die ETH in akademischen Kreisen oft als unwissenschaftlich oder unseriös betrachtet wird. Er sieht dieses Tabu jedoch als unbegründet, da viele der Annahmen, die zur Ablehnung der ETH führen, nicht mit aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen vereinbar sind: So zeigten Fortschritte in der Astrobiologie, dass komplexes Leben in unserer Galaxie wahrscheinlich häufiger vorkommt als früher angenommen. „Zahlreiche Exoplaneten in habitablen Zonen, die Existenz extremophiler Organismen auf der Erde und die wachsende Erkenntnis über die chemischen Grundlagen des Lebens deuten darauf hin, dass außerirdisches Leben nicht selten sein muss.“
Warum sollten extraterrestrische Zivilisationen die Erde besuchen?
Ein häufiger Einwand gegen die ETH ist die Annahme, dass keine hoch entwickelte außerirdische Spezies eine interstellare Reise unternehmen würde, nur um sich dann vor der Menschheit zu verstecken. Lane hält dieses Argument für zu kurz gegriffen. Die möglichen Motivationen und technologischen Möglichkeiten einer fortgeschrittenen außerirdischen Zivilisation (ExtraTerrestrial Civilisation, ETC) sein uns schlichtweg nicht bekannt, und verschiedene rationale Gründe könnten eine geheime Präsenz auf der Erde erklären.
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Die Hypothese, dass alle intelligenten Spezies gemeinsame instrumentelle Ziele verfolgen – insbesondere Selbsterhaltung und Ressourcenakquise –, könnte erklären, warum ETCs unerkannt bleiben wollen. Eine hochentwickelte Zivilisation könnte daran interessiert sein, strategische Informationen zu sammeln oder potenzielle Bedrohungen frühzeitig auszuschalten. Auch könnte es sich um eine Art wissenschaftlicher Beobachtung handeln, die mit Prinzipien der Nichteinmischung vergleichbar ist.
Vergleich mit alternativen Theorien
Lane geht auch auf verschiedene alternative Hypothesen ein, die die Zurückhaltung außerirdischer Zivilisationen erklären könnten. Dazu gehören die sogenannte „Zoo-Hypothese“, laut der die Erde absichtlich unter Quarantäne gestellt wird, um eine natürliche Entwicklung der Menschheit nicht zu stören, sowie die „Dark-Forrest“-Hypothese, nach der sich außerirdische Spezies aus Angst vor potenziellen Bedrohungen (wie in einem „dunklen Wald“) gegenseitig voreinander und uns verstecken. Beide Theorien zeigen, dass es verschiedene plausible Szenarien gibt, die die ETH stützen, anstatt sie auszuschließen.
Wissenschaftliche Bewertung der ETH
Ein zentrales Argument des Artikels ist, dass die ETH im Gegensatz zur gängigen Meinung keine etablierte wissenschaftliche Erkenntnis infrage stellt. Da sie weder fundamentale physikalische Gesetze verletzt noch mit bekannten wissenschaftlichen Theorien unvereinbar ist, sollte sie vielmehr als legitime Hypothese gelten, so Lane. Das oft verwendete Prinzip „außergewöhnliche Behauptungen erfordern außergewöhnliche Beweise“ sei hier unangemessen, da die ETH keine außergewöhnliche und schon gar nicht übernatürliche Annahme mache, sondern lediglich eine empirisch überprüfbare Möglichkeit darstelle.
Lane argumentiert weiter, dass es bereits Hinweise gibt, die die ETH zumindest als diskussionswürdig erscheinen lassen. Dazu gehören Berichte über nicht identifizierte anomale Phänomene (UAP), die von glaubwürdigen Zeugen wie Militärpiloten dokumentiert wurden. Während viele UAP-Erklärungen natürlichen oder menschengemachten Ursprungs sind, bleiben einige Fälle ungeklärt, und alternative Erklärungen erscheinen mit der Zeit immer unwahrscheinlicher.
Fazit
Der Autor fordert abschließend, dass die ETH ohne Vorurteile wissenschaftlich untersucht wird. „Solange sie nicht nachweislich widerlegt ist und in Übereinstimmung mit wissenschaftlichen Prinzipien steht, sollte sie als eine mögliche Erklärung für einige ungeklärte Phänomene ernst genommen werden. Die aktuelle Tabuisierung dieser Hypothese verhindert eine objektive Analyse und könnte dazu führen, dass potenziell wichtige Erkenntnisse übersehen werden.“
Sein Fazit lautet daher: Die ETH ist weder hochgradig unwahrscheinlich noch widerspricht sie bekannten wissenschaftlichen Erkenntnissen. Sie sollte in Fällen, in denen sie durch Indizien gestützt wird, neben anderen Hypothesen in Betracht gezogen werden.
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Recherchequelle: European Journal for Philosophy of Science
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