Forscher wollen Mars-Mikroben Beine machen
![Archivbild: ein aktiv schwärmender Stamm von Bacillus subtilis.Copyright: Adrian Daerr (via WikimediaCommons) / CC BY-SA 4.0](https://www.grenzwissenschaft-aktuell.de/wp-content/uploads/2025/02/83023-bacillus-subtilis.jpg)
Copyright: Adrian Daerr (via WikimediaCommons) / CC BY-SA 4.0
Berlin (Deutschland) – Die Suche nach eindeutigen Beweisen für mikrobisches Leben auf dem Mars könnte mit einer neuen, an der TU Berlin entwickelten Methode sehr viel schneller gehen als bislang gedacht. Hierzu wollen die Forschenden gezielt nach beweglichen Mikroben suchen.
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Wie das Team um Max Riekeles von der TU Berlin aktuell im Fachjournal „Frontiers in Astronomy and Space Sciences“ (DOI: 10.3389/fspas.2024.1490090) berichtet, wären Mikroben, die sich unabhängig fortbewegen, können ein starkes Indiz für Leben. Wird Bewegung eines Organismus durch eine chemische Substanz ausgelöst und sich spricht man von Chemotaxis.
Chemische Substanz macht Mikroben Beine
Die Forschenden um HHH haben nun eine neue und vereinfachte Methode entwickelt, um chemotaktische Beweglichkeit bei Mikroben auszulösen und diese Methode an drei Arten von Mikroben getestet – zwei Bakterien und eine Art von Archaeen.
Die Experimente zeigen, dass sie sich alle auf eine chemische Substanz namens L-Serin zubewegen: „Diese Bewegung, bekannt als Chemotaxis, könnte ein starkes Indiz für Leben sein und zukünftige Weltraummissionen bei der Suche nach lebenden Organismen auf dem Mars oder anderen Planeten leiten“, so Riekeles.
Extreme Überlebenskünstler
Die für die Studie ausgewählten Arten, sogenannte Extremophile, wurden aufgrund ihrer Fähigkeit ausgewählt, in extremen Umgebungen zu überleben. So kann etwa das hochbewegliche Bacillus subtilis (s. Titelabbildung) in seiner Sporenform extreme Bedingungen überstehen und Temperaturen von bis zu 100 °C aushalten. Pseudoalteromonas haloplanktis, das aus antarktischen Gewässern isoliert wurde, ist in der Lage, in kalten Umgebungen bei Temperaturen zwischen -2,5 °C und 29 °C zu gedeihen. Das Archaeon Haloferax volcanii (H. volcanii) gehört zu einer Gruppe von Mikroorganismen, die Bakterien ähneln, sich aber genetisch von ihnen unterscheiden. Der natürliche Lebensraum dieser Überlebenskünstler sind denn auch das Tote Meer und andere extrem salzhaltige Umgebungen, sodass es ebenfalls gut an extreme Bedingungen angepasst ist.
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„Bakterien und Archaeen sind zwei der ältesten Lebensformen auf der Erde, aber sie bewegen sich auf unterschiedliche Weise und haben ihre Fortbewegungssysteme unabhängig voneinander entwickelt“, erklärte Riekeles. „Durch die Untersuchung beider Gruppen können wir Methoden zur Lebensdetektion für Weltraummissionen zuverlässiger machen.“
L-Serin, die Aminosäure, die die Forscher verwendeten, um diese Arten zur Bewegung zu bringen, hat sich bereits in früheren Studien als chemotaktischer Reizstoff für eine Vielzahl von Spezies aus allen Lebensbereichen erwiesen. Zudem wird vermutet, dass L-Serin auf dem Mars existiert. Falls das Leben auf dem Mars eine ähnliche Biochemie wie das irdische Leben hat, ist es denkbar, dass L-Serin potenzielle marsianische Mikroben anziehen könnte.
Bewegliche Mikroben
Die Ergebnisse der Experimente zeigten, dass L-Serin für alle drei Spezies als sogenannter Attraktor fungiert. „Besonders die Verwendung von H. volcanii erweitert das Spektrum möglicher Lebensformen, die mit chemotaxisbasierten Methoden nachgewiesen werden können, selbst wenn bekannt ist, dass einige Archaeen chemotaktische Systeme besitzen“, erläutert Riekeles weiter. „Da H. volcanii in extrem salzhaltigen Umgebungen gedeiht, könnte es ein gutes Modell für die Arten von Leben sein, die wir auf dem Mars finden könnten.“
Um die Methode auch für zukünftige Weltraummissionen nutzbar zu gestalten, entwickelten die Forschenden anstelle komplizierter Ausrüstung eine einfache Kammer mit zwei Fächern, die durch eine dünne Membran die jeweiligen Proben von L-Serin getrennt wird: „Wenn die Mikroben leben und sich bewegen können, schwimmen sie durch die Membran in Richtung des L-Serins“, erklärte Riekeles. „Diese Methode ist einfach, kostengünstig und erfordert keine leistungsstarken Computer zur Analyse der Ergebnisse.“
Damit diese Methode für eine Weltraummission funktioniert, seien derzeit zwar noch einige Anpassungen erforderlich – so muss die Ausrüstung noch an die rauen Bedingungen des Weltraums und des Mars angepasst werden und ein automatisiertes System entwickelt werden, das ohne menschliches Eingreifen funktioniert – doch sobald diese Herausforderungen bewältigt sind, könnte die mikrobielle Bewegung dazu beitragen, mögliche außerirdische Mikroben nicht nur auf dem Mars nachzuweisen, sondern beispielsweise auch in den Ozeanen des Jupitermonds Europa.
„Unser Ansatz könnte die Lebensdetektion günstiger und schneller machen und es zukünftigen Missionen ermöglichen, mit weniger Ressourcen mehr zu erreichen“, so Riekeles abschließend. „Es könnte eine einfache Methode sein, um bei zukünftigen Marsmissionen nach Leben zu suchen, und eine sinnvolle Ergänzung zu direkten Beobachtungstechniken der Fortbewegung.“
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Recherchequelle: Frontiers
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