Forschungsteam entschlüsselt Geheimnis der namibischen Feenkreise

Copyright: Dr. Stephan Getzin
Göttingen (Deutschland) – Jahrhunderte stellten kreisrunde kahle Flächen und Lücken in den Grasländern Namibias Einheimische und Reisende vor ein Rätsel – ließen sie über Götter und Feen als Ursache spekulieren. Seit Jahrzehnten debattieren auch Wissenschaftler über die „Feenkreise“, die neben der Namib mittlerweile auch in Australien entdeckt wurden. Jetzt erklären Forschende der Universität Göttingen, auch diese Debatte beigelegt und das Geheimnis der Feenkreise in Namibia gelöst zu haben.
Wie das Team um Dr. Stephan Getzin und Sönke Holch von der Abteilung für Ökosystemmodellierung an der Universität Göttingen aktuell im Fachjournal „Perspectives in Plant Ecology, Evolution and Systematics“ (DOI: 10.1016/j.ppees.2022.125698) berichtet, lauteten bislang die beiden Haupttheorien: Entweder waren Termiten dafür verantwortlich, oder die Pflanzen organisierten sich irgendwie selbst.
In Folge zweier außergewöhnlich guter Niederschlagsperioden in der Namib-Wüste konnten die Forschenden um Getzin nun zeigen, „dass die Gräser innerhalb der Feenkreise unmittelbar nach dem Regen abstarben, aber Termitenaktivität nicht die Ursache für die kahlen Flecken war.“ Stattdessen zeigen kontinuierliche Bodenfeuchtemessungen, dass die umgebenden Gräser zwischen den Feenkreisen das Wasser innerhalb der Kreise stark dezimierten und dadurch wahrscheinlich das Absterben der Gräser innerhalb der Feenkreise verursachten.
Nach sporadischen Regenereignissen in zehn Regionen der nambib-Wüste untersuchten die Getzin und Kollegen die Umstände des Absterbens der Gräser in den Feenkreisen direkt nach den Regenfällen, die ja eigentlich neues Wachstum der Gräser auslösen. Sie betrachteten die Gräser, ihre Wurzeln und Triebe sowie mögliche Wurzelschäden durch Termiten. Zusätzlich installierten sie Bodenfeuchtesensoren innerhalb und außerhalb der Feenkreise, die alle 30 Minuten den Bodenwassergehalt aufzeichneten. Auf diese Weise konnten die Forschenden von der Trockenzeit 2020 bis zum Ende der Regenzeit 2022 zeigen, wie sich das Wachstum der neu aufkommenden Gräser außerhalb der Kreise auf das Bodenwasser in und um die Kreise herum auswirkte.
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Die Daten zeigen nun, „dass die Gräser innerhalb der Feenkreise etwa zehn Tage nach den Regenfällen bereits abzusterben begannen und in den meisten Innenbereichen der Kreise kein neues Gras keimte. Zwanzig Tage nach den Regenfällen waren die Gräser innerhalb der Kreise vollständig abgestorben und gelblich gefärbt, während die umliegenden Gräser außerhalb der Feenkreise vital und grün waren.“
Als die Forscher die Wurzeln der Gräser innerhalb der Kreise untersuchten und sie mit denen der grünen Gräser außerhalb der Feenkreise verglichen, stellten sie fest, „dass die Wurzeln innerhalb der Kreise genauso lang oder sogar länger waren als die außerhalb. Dies deutet darauf hin, dass die Gräser auf der Suche nach Wasser waren.“ Allerdings fanden die Forscher keine Hinweise darauf, dass sich Termiten von den Wurzeln ernährten. Erst fünfzig bis sechzig Tage nach den Regenfällen wurden die Wurzelschäden an den abgestorbenen Gräsern deutlicher sichtbar.
Hierzu erklärt Stephan Getzin: „Da die Gräser unmittelbar nach dem Regen abstarben, ohne dass es Anzeichen dafür gab, dass sich Insekten von den Wurzeln ernährt hatten, konnten wir zeigen, dass Termiten für das Absterben nicht verantwortlich sind. Außerdem blieben die meisten Innenbereiche der Feenkreise von Anfang an kahl, also gab es nicht einmal Biomasse, von der sich die Termiten hätten ernähren können.“

Copyright: Dr. Stephan Getzin
Die Analyse der Daten über die Schwankungen der Bodenfeuchtigkeit zeigte zudem, „dass der Rückgang des Bodenwassers innerhalb und außerhalb der Feenkreise nach den ersten Regenfällen, als die neuen Gräser noch nicht stark nachwuchsen, sehr langsam war. Waren die Gräser außerhalb jedoch gut gewachsen, sank das Bodenwasser in allen Bereichen sehr schnell, obwohl es innerhalb der Kreise fast keine Gräser gab, die das Wasser aufnehmen konnten. Unter der starken Hitze in der Namib transpirieren die Gräser ständig und verlieren Wasser. Daher bilden sie um ihre Wurzeln herum ein Bodenfeuchtigkeitsvakuum und das Wasser wird zu ihnen hingezogen. Unsere Ergebnisse stimmen stark mit Untersuchungen überein, die gezeigt haben, dass das Wasser in diesen Böden schnell und horizontal diffundiert, selbst über Entfernungen von mehr als sieben Metern.“
Abschließend erläutert der Wissenschaftler: „Indem sie stark gemusterte Landschaften aus gleichmäßig verteilten Feenkreisen bilden, wirken die Gräser als Ökosystemingenieure und profitieren direkt von der Wasserressource, die durch die Vegetationslücken bereitgestellt wird. In der Tat kennen wir ähnliche selbstorganisierte Vegetationsstrukturen aus verschiedenen anderen Trockengebieten der Welt, und in all diesen Fällen haben die Pflanzen keine andere Chance zu überleben, als genau in solchen geometrischen Formationen zu wachsen.“
Die Ergebnisse dieser Untersuchungen haben Auswirkungen auf das Verständnis ähnlicher Ökosysteme, insbesondere im Hinblick auf den Klimawandel, da die Selbstorganisation der Pflanzen negative Auswirkungen der zunehmenden Austrocknung abpuffert.
– Der aktuelle Artikel ist bis zum bis zum 9. Dezember 2022 vollständig online verfügbar:
https://authors.elsevier.com/a/1fxxb56102OE8J
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Recherchequelle: Universität Göttingen
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