Frühmenschen kamen 500.000 Jahre früher nach Europa
Athens (USA) – Fossilfunde in Rumänien belegen, dass Frühmenschen, sogenannte Homininen, schon vor 1,95 Millionen Jahren Europa erreicht hatten. Damit sind die Funde rund 500.000 Jahre älter als die bislang ältesten bekannten Belege für Homininenaktivitäten in Europa.
Wie das Team um Sabrina C. Curran von der Ohio University aktuell im Fachjournal „Nature Communications“ (DOI: 10.1038/s41467-025-56154-9) berichtet, handelt es sich bei den beschriebenen Hinweisen auf Homininen-Aktivitäten um Funde an der Fossilienfundstelle Grăunceanu im Olteț-Flusstal, einem Teil der Tetoiu-Formation in Rumänien. Diese liegt in einer spätvillafranchischen biochronologischen Zone (2,2–1,9 Millionen Jahre) und hat eine vielfältige Faunagemeinschaft hervorgebracht, die auf eine einstige Wald-Steppen-Umgebung hinweist.
Das genaue Datum der frühesten Homininen-Ausbreitungen nach Eurasien war bislang schwer zu bestimmen. Während Fossilfunde aus Dmanisi in Georgien mit einem Alter von 1,85 bis 1,77 Millionen Jahre bislang als der früheste zweifelsfreie Beweis für die Anwesenheit von Homininen außerhalb Afrikas galten, gibt es vereinzelte Fundstellen in Europa und Asien mit Steinwerkzeugen und Knochenmodifikationen, die auf noch frühere, Homininenaktivitäten hindeuten. Allerdings konnte bislang keine europäische Fundstelle mit zuverlässigen Altersbestimmungen Homininenaktivitäten vor mehr als etwa 1,4 Millionen Jahren belegen.
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In ihrer Studie analysierten Forscher um Curran nun Reste von Tierknochen aus Grăunceanu und identifizierten darauf Schnittspuren, bei denen es sich klar um Schlachtmethoden (Entfleischen) durch Homininen handelt und sich deutlich von anderen natürlichen Oberflächenmodifikationen wie Verwitterung, Wurzelätzung, Raubtiere, Tritt- oder sonstigen Ausgrabungsschäden unterscheiden.
Eine Alterdatierung dieser Funde ergab Mindestalter für die Fossilien zwischen 2,01 ± 0,20 und 1,87 ± 0,16 Millionen Jahren, mit einem Durchschnitt von etwa 1,95 Millionen Jahren. Diese Ergebnisse stimmen mit früheren biochronologischen Schätzungen auf Basis der Fauna überein und machen die Fundstelle damit zum ältesten bekannten Beweis für Homininenaktivitäten in Europa.
Anhand einer Analyse der Sauerstoff-Kohlenstoff-Isotopenverhältnisse eines Pferdezahns konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dann saisonale Temperatur- und Niederschlagsmuster zu rekonstruieren. Diese deuteten auf eine gemäßigte Wald-Grasland-Umgebung mit höheren saisonalen Niederschlägen (im Vergleich zu heute) hin. Sonstige Reste, etwa von Straußen, Schuppentiere und einer heute ausgestorbenen europäischen Affenart, deuten trotz der geografischen Lage der Fundstelle auf relativ milde Winter hin.
Damit verschieben die Funde von Grăunceanu die frühesten bislang nachweisbare Homininenaktivitäten in Ost-Mitteleuropa vor mindestens 1,95 Millionen Jahren um fast eine halbe Million Jahre und deutet auf noch frühere Ausbreitungen nach Eurasien hin. Damit stellen diese Beweise auch die bisherige Hypothese infrage, wonach europäische Homininen sich zuerst in Georgien etablierten. Stattdessen deuten die Funde nun darauf hin, dass Frühmenschen viel früher eine breitere Palette von Umgebungen nutzen konnten.
Die Anwesenheit von warmangepassten Tieren (Schuppentieren und Strauße) sowie Isotopenbeweise für starke saisonale Niederschläge legen demnach nahe, dass Homininen sich möglicherweise während Interglazialperioden, also den gemäßigt milden Perioden zwischen den Kalt- bzw. Eiszeiten, ausbreiteten, als die Bedingungen hierfür günstiger waren.
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Recherchequelle: Ohio University, Nature Communications
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