Funde in Taiwan bestätigen Legenden vom „kleinen schwarzen Volk“
Canberra /Australien) – Schon von jeher kennt der Sagen- und Legendschatz Taiwans Erzählungen vom „kleinen Schwarzen Volk“, das in der Moderne auch unter dem probelamtischen Sammelbegriff „Negritos“ beschrieben wird. In Ermangelung anthropologischer und archäologischer Funde wurde die tatsächliche Existenz dieses dunkelhäutigen Pygmäenvolkes auf Taiwan von der Wissenschaft lange Zeit angezweifelt. Genau solche Funde liegen nun vor.
Wie das Team um Hsiao-chin Hung von der Australian National University gemeinsam mit Kollegen und Kolleginnen aus Japan, Taiwan und Vietnam aktuell im Fachjournal „World Archaeology“ (DOI: 10.1080/00438243.2022.2121315) berichtet, haben sie in einer Berghöhle in der Region Xiaoma einen rund 6.000 Jahre alten Schädel und Oberschenkelknochen gefunden, die die Existenz des sagenhaften „kleinen schwarzen Volkes“ noch vor der Ankunft der Vorfahren der heutigen indigenen Bevölkerung Taiwans bestätigen.
Hintergrund
Legenden vom „kleinen schwarzen Volk“ sind aus verschiedenen Regionen Taiwans und von fast allen dortigen indigenen Gruppen überliefert. Noch heute feiert die Volksgruppe der Saisiyat alle zwei Jahre sogar ein festliches Ritual zu Ehren der „kleinen Schwarzen Menschen“. Die 1915 erstmals dokumentierten Feierlichkeiten sollen bereits seit mindestens 400 Jahren (andere Quellen gehen von 1.000 Jahren aus), ursprünglich alljährlich zur Erntezeit, zelebriert werden.Laut den dem Ritual zugrundeliegenden Erzählungen der Saisiyat, handelte es sich bei dem kleinen schwarzen Volk um kleinwüchsige, dunkelhäutige Menschen, die kaum größer als ein Meter waren, auf der anderen Seite des Flusses lebten und ausgezeichnet singen und tanzen konnten. Jeweils zum Erntefest wurden diese auch von den Saisiyat eingeladen, wodurch eine tiefe und für beide Seiten vorteilhafte Verbindung zwischen den Stämmen entstand. Allerdings waren die Männer des kleinen Volkes auch für ihr lasterhaftes Verhalten gegenüber den Frauen der Saisiyat berüchtigt. Eines Tages wollten sich einige junge Saisiyat-Männer für dieses respektlose Verhalten rächen und sägten Bäume an, auf denen die kleinen Männer oberhalb einer Klippe zu sitzen pflegten. Mit Ausnahme zweier Ältesten, kamen auf diese Weise alle Mitglieder des kleinen dunkelhäutigen Volkes ums Leben. Von diesen beiden Überlebenden erlernten die Saisiyat das sog. Pas-ta’ai-Ritual, bevor die beiden den Stamm Richtung Osten verließen. Kurze Zeit später kam es bei den Saisiyat zu einer Hungersnot, die sie sodann den Geistern der Pygmäen zuschrieben. Um diese zu besänftigen, begannen die Saisiyat selbst das Pas-ta’ai-Ritual zu feiern und gaben sich vor, stets fleißig, gerecht, ehrlich und tolerant anderen gegenüber zu sein.”
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Wie das Team um Hung berichtet, konnten sie anhand des Schädels eine DNA-Analyse durchführen und damit zeigen, dass dieser Menschen Funden aus derselben Zeit aus Afrika gleicht. Zugleich entspricht die ermittelte Körpergröße und Form des Schädels jener der sogenannten „Negeritos“, die in Teilen Südafrikas und auf den Philippinen lebten. Die aktuellen Funde in Taiwan lassen auf eine junge Frau mit einer Körpergröße von ca. 1,30 Metern schließen.
Hintergrund
Der Begriff „Negritos“ ist aus verschiedenen Gründen nicht unproblematisch. Der Name selbst stellt einer Verkleinerungsform des spanischen „negro“ (schzwarz) dar und verniedlicht damit auch den Begriff „Neger“ zu „Negerlein“. Ethnologisch stellt er aber auch einen Sammelbegriff für mehrere dunkelhäutige, kraushaarige und kleinwüchsige Ethnien in Süd- und Südostasien dar. Trotz einer bis heute unklaren Quellenlage wird die ethnologisch unscharfe Bezeichnung Negrito – die auch der philippinischen Insel Negros den Namen gegeben hat – heute aufgrund der Ableitung des diskriminierenden Wortes „Neger“ abgelehnt. Meist werden damit aber weiterhin sowohl die Urbevölkerung der Andamanen, die Andamaner oder Andamanide, zu denen die Onge, Jarawa, Sentinelesen und Groß-Andamaner gehören; ungefähr 25 Völker auf den Philippinen, darunter die Aeta und Ati, die Semang und Senoi auf der malaiischen Halbinsel und die Mani im Süden Thailands bezeichnet. Ob sich auch die nun entdeckten „kleinen dunklehäutigen Menschen“ auf Taiwan hier einfügen, bleibt abzuwarten.
Laut den Forschenden bestätigen die Funde die Existent urzeitlicher Menschen auf Taiwan, können aber nicht erklären, was genau zum Aussterben dieser Art geführt hatte. Anhand historischer Aufzeichnungen ist davon auszugehen, dass das „kleine Volk“ bereits bei Ankunft anderer, früher austronesischer Gruppen verschwunden war. Zugleich berichten die Forschenden von Berichten über kleine, dunkelhäutige Menschen in historischen Aufzeichnungen der Qin-Dynastie. Zudem finden sich mit einer einzigen Ausnahme in den Legenden aller 16 heute noch auf Taiwan lebenden austronesischen Gruppen Legenden über derart kleine Menschen auf Taiwan.
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Recherchequelle: World Archaeology, eigenen Recherchen grenzwissenschaft-aktuell.de
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