Erstmals Gase in der Atmosphäre einer Super-Erde analysiert
Künstlerische Darstellung der höllischen Super-Erde „Cancri 55 e“ vor dem Hintergrund seines Sterns (Illu.).
Copyright: ESA/Hubble, M. Kornmesser
London (England) – Einem internationalen Astronomenteam ist erstmals die Analyse von Gasen in der Atmosphäre einer Super-Erde gelungen. Dabei entdeckten die Wissenschaftler zwar Spuren von Wasserstoff und Helium und zudem Hinweise auf Kohlenstoff, jedoch keinen Wasserdampf.
Wie das Team um Dr. Ingo Waldmann und Marco Rocchetto vom University College London (UCL) in der Fachzeitschrift „Astrophysical Journal“ und vorab auf ArXiv.org berichten, handelt es sich bei dem analysierten Planeten um „55 Cancri e“, der etwa das Achtfache der Masse unserer Erde aufbringt. Zuvor schon wurde der Planet als „Diamantplanet“ bezeichnet, da Modelle auf der Grundlage der Masse und des Radius einige Astronomen zu der Annahme verleiteten, das Innere des Planeten könnte stark kohlenstoffhaltig sein.
Mit Hilfe neuer Datenverarbeitungstechnologien und den Daten des Hubble-Weltraumteleskops gelang es den Forschern nun erstmals die Atmosphäre von „Cancri 55 e“ in bislang nicht bekannter Qualität zu analysieren.
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„Es ist das erste Mal, dass wir in der Lage sind, anhand eines spektralen Fingerabdrucks Gase, die die Atmosphäre einer Super-Erde ausmachen, zu bestimmen“, zeigt sich Angelos Tsiaras vom Autorenteam von der Entdeckung fasziniert. „Unsere Beobachtung der Atmosphäre legen nahe, dass der Planet in der Lage war, eine bedeutende Menge an Wasserstoff und Helium aus genau jenem Nebel an sich zu binden, aus dem heraus er einst entstanden war.“
Bei Super-Erden, so erläutert die Presseerklärung von Europlanet handelt es sich wahrscheinlich um den in unserer Galaxie am meisten verbreiteten Planetentypus. Zwar konnten mit Hubble schon zuvor die Atmosphären zweier Super-Erde untersucht werden, doch war es bislang nicht gelungen, spektrale Eigenschaften aus den Daten zu gewinnen. Der Planet selbst ist rund 40 Lichtjahre entfernt, umkreist seinen hellen Stern, Cancri 55 (Copernicus) im Sternbild Krebs einmal alle 18 Stunden und weist eine Oberflächentemperatur von rund 2000 Grad Celsius auf.
Unser Ergebnis stellt den ersten Einblick in die Atmosphäre einer Super-Erde dar. Jetzt haben wir Anhaltspunkte dafür, wie dieser Planet geartet ist und wie er sich entwickelt hat. Das sind wichtige Informationen über den Planeten und ermöglicht Rückschlüsse auch auf andere Super-Erden“, kommentiert die Mitautorin Professor Giovanna Tinetti, ebenfalls von der UCL.
Interessanterweise fanden die Forscher auch ein Anzeichen für eine Signatur von Wasserstoffzyanid, das als Marker für eine kohlenstoffreiche Atmosphäre gilt: „Ein derartiger Anteil an Wasserstoffzyanid würde auf eine Atmosphäre hindeuten, die ein sehr großes Verhältnis zwischen Kohlenstoff und Sauerstoff aufweist“, erläutert Dr. Olivia Venot von der belgischen Universität Leuven, die für die Erstellung des atmosphärisch-chemischen Modells des Planeten verantwortlich war. „Sollte die Anwesenheit von Wasserstoffzyanid und anderer Moleküle in einigen Jahren bestätigt werden können – etwa mit der kommenden Generation an Infrarot-Teleskopen – würde dies bisherige Theorien über den ungewöhnlich hohen Kohlenstoffanteil des Planeten und damit seine exotische Natur bestätigen“, so Professor Jonathan Tennyson (UCL).
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