Gen-Analyse lüftet Herkunfts- und Verwandtschaftsverhältnisse der Kelten in Baden-Württemberg
Leipzig (Deutschland) – Genetische-Analysen an keltischen Grabhügeln im heutigen Baden-Württemberg offenbart die Herkunfts- und Verwandtschaftsverhältnisse sowie Machtstrukturen der frühen keltischen Eliten.
Trotz zahlreicher Hinterlassenschaften der Kelten der vorrömischen Eisenzeit in West- und Mitteleuropa liegen viele Aspekten und Fragen rund um die Kelten noch immer im historischen Dunkeln.
Gemeinsam mit dem Landesamt für Denkmalpflege Baden-Württemberg haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie (MPI-EVA) nun erstmals Erbgut-Sequenzen keltischer Individuen aus mehreren großen keltischen Grabhügeln rekonstruiert. Einige dieser Grabhügel sind durch die sagenhaften Funde aus Gold und Kupferbeigaben bekannt geworden und gehören zu den reichsten vorgeschichtlichen Bestattungen Deutschlands. Insgesamt hat das Forschungsprojekt die Genome von 31 Individuen aus jener Region rekonstruiert, die als „West-Hallstattkreis“ bezeichnet wird. Ihre Ergebnisse haben die Forschenden aktuell im Fachjournal „Nature Human Behaviour“ (DOI: 10.1038/s41562-024-01888-7) veröffentlicht.
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Das Ergebnis der genetischen Analysen anhand von Zähnen und Schädelknochen aus den Grabhügeln zeigt, dass etwa die beiden Fürsten, die in den Gräbern von Eberdingen-Hochdorf (ca. 550 v. Chr.) und Asperg „Grafenbühl“ (ca. 500 v. Chr.) immerhin 10 Kilometer voneinander entfernt bestattet wurden, miteinander verwandt waren – es sich um Onkel und Neffe gehandelt haben muss. Noch genauer: Die Schwester des Hochdorfer Fürsten war die Mutter des Asperger Fürsten
„Dieses Ergebnis zeigt, dass politische Macht in dieser Gesellschaft höchstwahrscheinlich durch biologische Nachfolge vererbt wurde, wie in einer Dynastie.“, erläutert Joscha Gretzinger vom MPI-EVA. Dazu passen auch Belege zu Verwandtschaften zwischen weiteren Individuen aus den beiden Grabhügeln sowie dem deutlich weiter entfernten und etwa 100 Jahre früher angelegten Grabhügel des Magdalenenbergs. „Insgesamt scheinen wir es bei den Kelten in Baden-Württemberg also mit einem breiten Netzwerk zu tun zu haben, in welchem politische Macht durch biologische Verwandtschaft untermauert wurde.“
Desweiteren versuchten die Forschenden auch die Verwandtschaftsverhältnisse der Kelten im Raum des heutigen Baden-Württembergs mit Bewohnern des damaligen Europas der Eisenzeit zu rekonstruieren? Das Ergebnis belege hier „vor allem eine genetische Herkunft, die am ehesten im heutigen Frankreich zu finden ist, damals aber in ganz Süddeutschland verbreitet war“, berichtet die Pressemitteilung der Max-Planck-Gesellschaft (MPG). „Darüber hinaus zeigen mehrere Individuen eine genetische Herkunft aus Italien, was auch gut zu den in den Gräbern gefundenen Objekten passt, von denen viele mediterrane Macharten aufweisen.“
Die Studie stelle ein wichtiges Puzzleteil im Verständnis der europäischen Geschichte in der mittleren und späten Eisenzeit da, die ja – anders als die römische und andere frühmittelalterliche Perioden – kaum durch Schriftquellen erforschbar ist, do die Forscher und Forscherinnen abschließend.
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Recherchequelle: MPG
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