Gen-Unternehmen will fasst vollständiges Genom des Tasmanischen Tigers entschlüsselt haben
Austin (USA) – Das Biolabor „Colossal“ will ausgestorbene Arten wiederbeleben. Jetzt berichtet das Unternehmen, man habe das Genom des Thylacins, der auch als Beutelwolf oder als Tasmanischer Tiger bekannt ist, zu 99,9 Prozent sequenziert.
Wie der „NewScientist.com“ berichtet, habe das Unternehmen erklärt, dass nur noch 45 Lücken im Genom des Thylacins ((Thylacinus cynocephalus) offen seien. Diese könnten jedoch schon bald geschlossen werden. Allerdings wurden bislang keine Beweise oder Fachartikel zur Behauptung vorgelegt.
Tatsächlich ist es relativ schwierig, selbst von einer noch lebenden Art ein vollständiges Genom zu sequenzieren. Sogar von uns Menschen wurden die letzten Abschnitte des Gencodes erst vor wenigen Jahren decodiert.
Hintergrund
Einst war der auf seine einzigartige Weise gestreifte „Tasmanische Tiger“ auf dem ganzen australischen Kontinent verbreitet, wurde aber in Konkurrenz zu den verwilderten Haushunden (Dingos) mehr und mehr zurückgedrängt und war schon vor rund 200 Jahren auf dem gesamten australischen Festland nahezu ausgerottet.Lediglich auf dem Inselstaat Tasmanien hatte eine große Population der Tiere diese Verdrängung überdauert, wurde hier dann aber in der britischen Kolonialzeit durch Jäger und Schafzüchter und ein staatliches Kopfgeld ebenfalls ausgerottet. Lediglich in verschiedenen Zoos überlebten die Tiere bis 1936, als das letzte lebende Exemplar auch dort verstarb. Seither gab und gibt es aber immer wieder Augenzeugen, die lebende Exemplare gesichtet und teilweise auf fotografiert und gefilmt haben wollen.
Nicht zuletzt aus diesem Grund gilt der Tasmanische Tiger als eines der bekanntesten Wappentiere der sogenannten Kryptozoologie. Hierbei handelt es sich um einen Forschungs- und Wissenschaftszweig, der um die Erforschung von Tieren bemüht ist, die entweder eigentlich bereits als ausgestorben gelten oder die bislang zwar noch nicht wissenschaftlich, dafür aber in Sagen, Legenden und von Augenzeugen beschrieben wurden.
Die Sequenzierung des Beutelwolf-Genoms wird bereits seit Jahren anhand von Proben erhaltener Museums- und Sammlerexemplare präparierter Beutelwölfe verfolgt. Da diese Proben meist jedoch schon viele Jahrzehnte alt sind, weisen die bisherigen Versuche noch vergleichsweise große Lücken auf.
Mit Hilfe neuer Gen-Lesetechnologien will Colossal nun längere DNA-Segmente und damit viel größere Teile der Thylacin-DNA entschlüsselt haben. „Die meisten alten Proben bewahren DNA-Fragmente auf, die etwa zehn Basenpaare lang sind – Hunderte, wenn wir Glück haben“, zitiert der „New Scientist“ Andrew Pask von der University of Melbourne, der im wissenschaftlichen Beirat von Colossal sitzt. „Die Probe, auf die wir zugreifen konnten, war so gut erhalten, dass wir DNA-Fragmente wiederherstellen konnten, die Tausende von Basenpaaren lang waren.“ Zudem nutze man verwandte Arten der Thylacin-Familie zur Schätzung der verbleibenden Lücken.
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Da es derzeit aber selbst bei einem vorliegenden vollständigen Genom keinen funktionierenden Weg gibt, lebende Zellen mit diesem Genom zu erzeugen, wollen die Colossal-Wissenschaftler einen lebenden mausgroßen Beutelsäuger namens Fettschwanz-Dunnart umgekehrt genetisch derart modifizieren, dass er einem Thylacin ähnlicher wird.
Dieses Vorgehen sorgt bei anderen Gen-Wissenschaftlern wie Emilio Mármol-Sánchez von der Universität von Kopenhagen, wo erst kürzlich die nahezu vollständige Rekonstruktion des Genoms des Wollhaarmammuts gelang (…GreWi berichtete) für Kritik: „Das Ergebnis wäre weniger eine wiederbelebte ausgestorbene Art, sondern vielmehr eine Nachbildung einiger Merkmale des Thylacins, also eine ziemlich merkwürdige, modifizierte Version des modernen Tieres, das lediglich unserem Bild dieser ausgestorbenen Tiere ähnelt.“
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Auf die Frage, warum Colossal bislang keine Beweise zur Untermauerung seiner Behauptungen vorgelegt hat, erklärte Colossal-CEO Ben Lamm gegenüber dem „New Scientist“, das Hauptziel sei die Wiederbelebung ausgestorbener Arten, nicht das Verfassen wissenschaftlicher Arbeiten. „Wir sind kein akademisches Labor, in dem wissenschaftliche Veröffentlichungen im Mittelpunkt stehen. Wir werden weiterhin viel schneller Fortschritte machen als der Prozess des Verfassens wissenschaftlicher Fachartikel.“
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Recherchequelle: NewScientist.com
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