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Genanalyse zeichnet ein neues Bild der Besiedlungsgeschichte Amerikas

Ausgrabungen in der Nischenhöhle Lapa do Santo in Brasilien. In Lapa do Santo wurde ein etwa 9.600 Jahre altes Individuum gefunden.
Copyright: André Strauss

Jena (Deutschland) – Die Geschichte der Menschheit auf den amerikanischen Kontinenten steckt voller Rätsel, belegen archäologische Funde doch eine deutlich ältere und komplexere Besiedlungsgeschichte als lange Zeit angenommen. Jetzt offenbart eine Analyse alter Genome einen bedeutenden, bislang unbekannten frühen Bevölkerungsaustausch.

Wie das Internationale Forschungsteam, an dem des Wissenschaftler Max-Planck-Instituts für Menschheitsgeschichte, der Harvard Medical School, der University of California, Santa Cruz, der Pennsylvania State University, der University of New Mexico und der University of São Paulo beteiligt sind, aktuell im Fachjournal „Cell“ (DOI: 10.1016/j.cell.2018.10.027) berichten, untersuchten sie die Genome von bis zu 11.000 Jahre alten menschlichen Überresten von 49 prähistorischen Individuen.

Das Ergebnis zeigt, dass ein markanter DNA-Typ, der mit der ersten weit verbreiteten archäologischen Kultur Nordamerikas (Clovis) verbunden ist, vor 11.000 bis 9.000 Jahren auch in Chile, Brasilien und Belize auftrat.

„Das heißt, dass die Menschen, welche die Clovis-Kultur verbreiteten, auch weiter südlich großen demografischen Einfluss hatten“, erläutert die Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Menschheitsgeschichte. „Diese mit der Clovis-Kultur verbundene Linie fehlt jedoch bei späteren Südamerikanern. Das deutet auf einen Austausch der Bevölkerung des Subkontinents hin, der vor mindestens 9 000 Jahren begann.“

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„Eine Schlüsselentdeckung war, dass ein etwa 12.800 Jahre altes, mit der Clovis-Kultur verbundenes Individuum aus Nordamerika, unzweifelhaft eine markante Abstammung mit den ältesten analysierten chilenischen, brasilianischen und belizischen Individuen teilt“, erklärt Cosimo Posth vom Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte, Erstautor der Studie. „Dies unterstützt die These, dass die Menschen, welche die Clovis-Kultur in Nordamerika verbreiteten, auch nach Mittel- und Südamerika gelangten.“

Diese Individuen aus dem Gebiet der heutigen Länder Chile, Brasilien und Belize lebten vor mehr als 9.000 Jahren. Individuen, die nach dieser Zeit lebten, und auch heutige Südamerikaner teilen die mit der Clovis-Kultur verbundene Abstammung jedoch nicht.

Ko-Studienleiter David Reich von der Harvard Medical School erläutert dazu: „Dies ist unsere zweite wichtige Entdeckung: Wir haben gezeigt, dass es auf dem gesamten Subkontinent einen Austausch der Bevölkerung gab, der vor mindestens 9.000 Jahren begann“.

Von dieser Zeit an, gab es eine bemerkenswerte genetische Kontinuität von den bis zu 9.000 Jahre alten Individuen bis hin zu den heutigen Menschen in mehreren südamerikanischen Regionen. Im Gegensatz dazu gibt es in West-Eurasien und Afrika nur wenige Regionen mit einer so langen genetischen Kontinuität.“

Die Karte zeigt die geografischen Wanderungsbewegungen der Bevölkerungsgruppen, die in dieser Studie diskutiert werden.
Copyright: Michelle O’Reilly; Posth, Nakatsuka et al. 2018. Reconstructing the Deep Population History of Central and South America. Cell.

Wie weitere Analysen der Studie zeigen, gab es eine zweite bislang unbekannte Ausbreitungswelle von Menschen. Diese zeigte, dass die früheren Bewohner der kalifornischen Santa-Barbara-Inseln (auch Kanalinseln genannt) unverkennbar eine gemeinsame Abstammung mit den Menschen hatten, die sich vor mindestens 4.200 Jahren großflächig in den südperuanischen Anden ausbreiteten.

Allerdings spiegele dies wahrscheinlich jedoch nicht eine Migration der Menschen von den Kanalinseln nach Südamerika wider. Stattdessen nimmt das Forschungsteam an, dass die genetische Verbindung zwischen beiden Regionen auf einer Migration von Menschen beruht, die Tausende von Jahre zuvor stattfand: „Erst in Folge späterer Ereignisse, so die Vermutung; breitete sich diese Abstammung dann in den Anden weiter aus.“

Laut Nathan Nakatsuka von der Harvard Medical School könnte es sein, „dass diese Abstammung vor Tausenden von Jahren nach Südamerika gelangte, und dass wir einfach keine älteren menschlichen Überreste haben, die das beweisen. Es gibt archäologische Belege dafür, dass die Bevölkerung in den zentralen Anden vor etwa 5 000 Jahren stark zugenommen hat. Ausbreitungen bestimmter Untergruppen während dieser Ereignisse könnten der Grund sein, warum wir diese Abstammung dann später erkennen.“

Die Wissenschaftler betonen allerdings, dass ihre Studie nur einen kleinen Eindruck davon geben könne, welche Entdeckungen durch zukünftige Studien gelingen können: „Um mehr über die anfänglichen Migrationen von Menschen nach Mittel- und Südamerika zu erfahren, wäre es notwendig, DNA von Individuen zu erhalten, die vor mehr als 11.000 Jahren lebten.“

Darüber hinaus sei das Bild selbst für den Zeitraum zwischen 11.000 und 3.000 Jahren, der in dieser Studie am besten abgedeckt wird, bei weitem nicht vollständig: „Uns fehlen Daten aus Amazonien, dem Norden Südamerikas und der Karibik, so dass wir nicht untersuchen konnten, in welchem Verhältnis die Menschen aus diesen Regionen zu den von uns analysierten Individuen standen“, erklärt Reich. „Diese Lücken zu schließen, sollte eine Priorität unserer zukünftigen Forschung sein.“

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Andreas Müller
Fachjournalist Anomalistik | Autor | Publizist
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(Kornkreisforscher)

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