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Genetiker zweifeln an erfolgreicher Wiederbelebung ausgestorbener Arten

Die spätestens seit 1908 ausgestorbene Maclear-Ratte (Illu.). Copyright: Gemeinfrei
Die spätestens seit 1908 ausgestorbene Maclear-Ratte (Illu.).
Copyright: Gemeinfrei

Kopenhagen (Dänemark) – Es ist nicht nur Jurassic Park und die Wiederbelebung der “furchtbaren Echsen”, die sowohl Fantasien wie auch Hoffnungen von Wissenschaftlern beflügeln, wenn es um die Wiederbelebung ausgestorbener Arten mit Hilfe der Gentechnologie geht. Auch kleinere Arten könnten nicht nur zum Arten- sondern auch zum Umweltschutz ihrer einstigen Ökosysteme beitragen. Doch trotzt hoffnungsvoller Ansätze, zweifeln einige Genetiker und Genetikerinnen daran, dass es überhaupt möglich ist, die Vision erfolgreich umzusetzen. Die Analyse des Genoms der ausgestorbenen Maclear-Ratte scheint diese Zweifel nun zu stützen. Den Befürwortern geht es aber meist gar nicht um eine 1:1-Kopie.

Die einst auf der Weihnachtsinsel beheimatete Maclear-Ratte gilt seit 1903, spätestens seit 1908 in Folge von auf die Insel eingeschleppten Hausratten und von diesen übertragenen Krankheitserregern als ausgestorben.

Wie das Team um den Evolutionsgenetiker Tom Gilbert von der Universität Kopenhagen aktuell im Fachjournal „Current Biology“ (DOI: 10.1016/j.cub.2022.02.027) berichtet, haben sie das Genom der Maclear-Ratte bis auf 5 Prozent entziffert. Das entspricht zwar nur 2.500 der vermuteten 34.000 Gene der Rattenart, doch sei auch das noch zu wenig, um die Tiere erfolgreich genetisch wieder zu beleben.

„Die Studie zeigt, wie erstaunlich nah und zugleich ernüchternd weit Wissenschaftler davon entfernt sind, eine ausgestorbene Art mit Hilfe der Genetik und heute noch lebender naher verwandter Arten wieder zu beleben“, zitiert das „Science“-Magazine den an der Studie nicht beteiligten Ökologen und Genetiker Douglas McCauley von der University of California in Santa Barbara.

Hintergrund
Um eine ausgestorbene Tierart wieder zum Leben zu erwecken, benötigen Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen zunächst das möglichst vollständige Genom der ausgestorbenen Art, sowie eine mit dieser Art eng verwandte, heute noch lebende Spezies. Anhand beider Vorlagen müssen dann im Innern von Leihmüttern der heute noch lebenden Art erfolgreich über- und lebensfähige Embryonen gezüchtet werden. Tatsächlich haben Genetiker mittlerweile schon die Genome von etwa 20 ausgestorbenen Tierarten sequenziert. Zu diesen gehören beispielsweise der Höhlenbär, verschiedene Mammutarten, der Moa oder auch die Wandertaube. Keine dieser Arten wurde bislang erfolgreich wiederbelebt.

Tatsächlich ist der Antreiber der Vision wiederbelebter ausgestorbener Tierarten weniger die Sensationslust a la „Jurassic Park“, sondern die Hoffnung, dass mit Hilfe dieser Arten gefährdete Ökosysteme bewahrt werden können: So waren Mammuts zu Lebzeiten wichtig für die Kontrolle von Büschen und Bäumen in der arktischen Tundra und düngten mit ihren Hinterlassenschaften die dortigen Grasländer. Tatsächlich bemühen sich derzeit unterschiedliche Gen-Firmen um das Klonen von Mammuts mit Hilfe von Elefanten.

Statt jedoch gleich mit Vertretern der ur- und eiszeitlichen Megafauna zu beginnen, konzentrierten sich Gilbert und Kollegen um Jian-Qing Lin von der Shantou University in ihren Untersuchungen auf die ausgestorbene Ratte der Weihnachtsinsel und deren heute noch lebende nah verwandte Art der Wanderratten, deren Genom nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass diese Ratten beliebte und damit intensiv erforschte Labortiere sind und ihr Genom vollständig sequenziert vorliegt, geradezu anbietet.

Aus Hautproben zweier gut erhaltener Maclear-Ratten-Exponate gewannen die Forschenden mehr als 60 Prozent des alten Genoms und konnten durch einen Vergleich mit dem Genom der norwegischen Wanderratte den Rest bis auf 95 Prozent erfolgreich rekonstruieren.

Allerdings sei dies noch immer zu wenig, um die ausgestorbene Art auf diese Weise 1:1 zu rekonstruieren: „Ich war wirklich überrascht“, erinnert sich Gilbert gegenüber „Science“: „Die rekonstruierte und wiedergewonnene DNA beinhaltete beispielsweise Gene für die Ausformung der für die Maclear-Ratte charakteristischen abgerundeten Ohren, aber wichtige Gene, wie sie etwa für das Immunsystem von Bedeutung sind, fehlten oder lagen nur unvollständig vor.”

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Auch andere Genetiker zeigen sich angesichts der fehlenden DNA erstaunt: „Das ist ein wirklich wichtiger Aspekt, dem bislang nicht genügend Aufmerksamkeit geschenkt wurde“, kommentiert etwa der Bioethiker Henry Greely von der Stanford University gegenüber dem Magazin. „Die neuen Ergebnisse unterstreichen die Schwierigkeiten, vielleicht sogar die Lächerlichkeit von der Vorstellung, ausgestorbene Arten auf diese Weise wiederbeleben zu können“, so die Evolutionsbiologin Victoria Herridge vom Natural History Museum in London und verweist darauf, dass es vielleicht gerade jene fehlenden Gene sein können, die eine Art einzigartig macht. Je länger eine Art ausgestorben sei, desto größer sei die Wahrscheinlichkeit genetischer Unterschiede zu den heute noch lebenden Verwandten, selbst wenn die Verwandtschaft sehr eng sei. Tatsächlich trennten sich die norwegische Wanderratte und die Maclear-Ratte genetisch bereits vor 2,6 Millionen Jahren. Im Vergleich dazu trennten sich die genetischen Wege von Mammuts und asiatischen Elefanten schon vor 6 Millionen Jahren.

Douglas McCauley fügt hinzu: „Aktuell fehlen 5 Prozent des Genoms der Ratten. Das klingt wenig. Wenn man sich nun vor Augen führt, dass wir Menschen uns genetisch nur zu 1 Prozent von Schimpansen und Bonobos unterscheiden, zeigt dies, wie unglaublich viel diese 5 Prozent ausmachen können. (…) Wir könnten zwar etwas erschaffen, doch ob dieses Ergebnis dann tatsächlich die ausgestorbene Maclear-Ratte wäre, können wir nicht wirklich wissen. Was wäre dann also der Antrieb?“

Zum Thema

Dem widerspricht hingegen der Genetiker Andrew Pask von der University of Melbourne, dessen Labor jüngst mit einer Großspende in dem Bestreben unterstützt wurde, den vermutlich ausgestorbenen Tasmanischen Tiger, Beutelwolf oder Thylacin genetisch wieder zu beleben (…GreWi berichtete).

Auf die aktuelle Studie zur Maclear-Ratte angesprochen erwidert der Wissenschaftler gegenüber „Science“: „Thlyacine sind vermutlich die besten Kandidaten für die de-Extinktion.“ Zwar konnte bislang auch hier nur 95 Prozent des Genoms sequenziert und rekonstruiert werden, dennoch handele es sich bei den noch fehlenden 5 Prozent um Gene aus sich wiederholende Genomregionen, die vermutlich keine Auswirkung auf das Aussehen und Verhalten des Beutelwolfs hätten.

Zudem zeigen sich andere Genetiker zuversichtlich, dass anhand neuer Funde auch immer mehr Genome ausgestorbener Arten zu 100 Prozent, also vollständig vorliegen werden. Andere Forscher wie Gilbert glauben hingegen, dass es vermutlich nicht möglich sein wird, Arten wie das Mammut 1:1 wieder zu beleben, dass aber eine möglichst große Annäherung möglich wäre. In einem solchen Fall sprechen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dann von sogenannten Proxies, also Stellvertreter-Arten. „Diese Tiere kommen der ausgestorbenen Vorlage nahe genug, um deren ökologische Aufgaben zu übernehmen. (…) Ein Kälte-toleranter Wollhaar-Elefant etwa könnte ein Wollhaarmammut vermutlich ganz gut ersetzten. (…) Das wissenschaftliche Ziel ist ja schließlich nicht unbedingt eine 100-prozentig perfekte Kopie zu erstellen, sondern diverse und ausgesuchte Hybriden als möglichst naher Ersatz für das verlorene Tier.“




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Recherchequelle: Science

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Andreas Müller
Fachjournalist Anomalistik | Autor | Publizist
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Andreas Müller
(Kornkreisforscher)

ein deutscher UFO-Forscher, Autor und Publizist

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