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Gigantischer Teilchenstrom im frühen Universum entdeckt

Künstlerische Darstellung des längsten bisher beobachteten Jet-Systems eines Schwarzen Lochs (Illu).Copyright/Quelle: E. Wernquist / D. Nelson (IllustrisTNG Collaboration) / M. Oei
Künstlerische Darstellung des längsten bisher beobachteten Jet-Systems eines Schwarzen Lochs (Illu).
Copyright/Quelle: E. Wernquist / D. Nelson (IllustrisTNG Collaboration) / M. Oei

Pasadena (USA) – Astronomen haben ein Paar gewaltiger Teilchenströme aus einem fernen Schwarzen Loch entdeckt. Mit 23 Millionen Lichtjahren erstreckt sich dieser nicht nur weiter als bisherige Beobachtungen, sondern auch um das 140-fache der Ausdehnung unserer Heimatgalaxie der Milchstraße. Die Beobachtung zeigt zudem, dass solche gewaltigen Jets einen größeren Einfluss auf die Entwicklung von Galaxien im jungen Universum hatten als bisher angenommen. Ähnliche Teilchen-Jets könnten sogar für jenen Magnetismus verantwortlich sein, der das Leben auf der Erde ermöglicht.

Wie das Team um Martijn Oei von der Universität Leiden und dem Cahill Center for Astronomy and Astrophysics, California Institute of Technology (Caltech) aktuell im Fachjournal „Nature“ (DOI: 10.1038/s41586-024-07879-y) berichtet, wäre unsere eigene Heimatgalaxie, die Milchstraße im Vergleich zu diesen gewaltigen Ausbrüchen ein regelrechter Zwerg. Das Jet-Paar, dem die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen den Namen des Giganten „Porphyrion“ aus der griechischen Mythologie verliehen haben, liegt 7,5 Milliarden Lichtjahre von uns entfernt und stammt aus einer Zeit, als das Universum 6,3 Milliarden Jahre alt war. Die Energie dieser gigantischen Struktur entspricht der von Billionen Sonnen. Mit einer derart immensen Ausdehnung übertrifft der kosmische Riese den bisherigen Rekordhalter mit der Bezeichnung „Alcyoneus“ (ein weiterer mythologischer Riese) deutlich, hatte dieser mit 16 Millionen Lichtjahren eine Ausdehnung von „nur“ 100 Milchstraßen erreicht.

Jet-Paar beeinflussen nicht nur eigenen Heimatgalaxien

Die neue Entdeckung legt nahe, dass solche riesigen Jets, da sie um das Vielfache ihrer eigenen Galaxie hinausreichen, einen größeren Einfluss auf die Entwicklung von Galaxien im jungen Universum hatten als bisher angenommen. Da das kosmische Netz zu dieser Zeit dichter war, konnten Jets wie Porphyrion mehr von ihm durchdringen und damit beeinflussen als heutige Jets.

Hintergrund
Bei ihrer Suche nach den kosmischen Teilchenströmen mit dem LOFAR-(LOw Frequency ARray)-Radioteleskop haben die Astronomen um Oei alleine in dem von ihnen durchmusterten Himmelsausschnitt, der gerade einmal 15 Prozent des Kosmos abdeckt, mehr als 10.000 solcher Megastrukturen im Universum entdeckt. Auch diese Entdeckung war unerwartet, da bislang nicht bekannt war, dass ihrer Anzahl derart groß ist. Solche Jets entstehen, wenn ultrahocherhitzte Materie statt von einem massereichen Schwarzen Loch im Zentrum einer Galaxie aufgenommen zu werden, mit ebenfalls gewaltigen Geschwindigkeiten zu beiden Seiten der Schwarzen Lochs ins intergalaktische Medium geschleudert wird (…GreWi berichtete).

 

Diese künstlerische Darstellung zeigt ein sich schnell drehendes supermassereiches schwarzes Loch, das von einer Akkretionsscheibe umgeben ist. Diese dünne Scheibe aus rotierendem Material besteht aus den Überresten eines sonnenähnlichen Sterns, der durch die Gezeitenkräfte des schwarzen Lochs auseinandergerissen wurde. Das schwarze Loch ist beschriftet und zeigt die Anatomie dieses faszinierenden Objekts. Copyright: ESO
Diese künstlerische Darstellung zeigt ein sich schnell drehendes supermassereiches schwarzes Loch, das von einer Akkretionsscheibe umgeben ist. Diese dünne Scheibe aus rotierendem Material besteht aus den Überresten eines sonnenähnlichen Sterns, der durch die Gezeitenkräfte des schwarzen Lochs auseinandergerissen wurde. Das schwarze Loch ist beschriftet und zeigt die Anatomie dieses faszinierenden Objekts.
Copyright: ESO

Die bipolaren Jets bohren sich durch das umgebende intergalaktische Medium. Dort, wo die Enden der Jets auf dieses Medium treffen, entsteht ein Hotspot, umgeben von einer Schockwelle. Der Kern des Jet-Systems ist die Heimatgalaxie, die das supermassereiche Schwarze Loch enthält. Der Rückfluss besteht aus Material des Hotspots, das sich verlangsamt hat und zurück in Richtung der Heimatgalaxie fließt.

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Um Porphyrions Heimatgalaxie zu identifizieren, nutzte das Team verschiedene Radioteleskope. Wie sich zeigte, stammen die beiden Jets sogenannten radiativen supermassereichen Schwarzen Loch. Auch diese Erkenntnis war für die Astronomen überraschend, da man bislang vermutete, dass Schwarze Löcher als aktive Galaxienkerne in diesem Zustand normalerweise keine derart großen Jets produzieren, sondern ihre Energie hauptsächlich in Form von Strahlung abgeben.

Überraschende Entdeckungen lassen viele Fragen offen

Auch beim bisherigen Rekordhalter Alcyoneus war dies anders, entspringt dieser doch – wie die meisten anderen großen Jets – einem Schwarzen Loch im „radiativ ineffizienten Modus“

Wie der Teilchenströme wie Porphyrion stabil und zudem derart konzentriert gebündelt bleiben können, ist bislang allerdings noch ein Rätsel. Hierzu müssten solche Jet-Paare schließlich von gewaltigen Energien gespeist werden, die jenen ähneln, wie sie entstehen, wenn ganze Galaxienhaufen miteinander kollidieren. Es handele sich demnach um einige der energiereichsten Ereignisse im bekannten Universum nach dem Urknall, so die Forschenden.

Während Astrophysiker bislang davon ausgingen, dass solche Jets ein Phänomen des vergleichsweise jungen Universums darstellen, zeigt die Entdeckung von Porphyrion, dass solche Ereignisse schon zu einer Zeit gab, als das Universum nur halb so alt und entsprechend deutlich kleiner bzw. dichter war als heute. Auf diese Weise wäre es möglich gewesen, dass jede Region um Kosmos bereits von solchen Teilchenströmen beeinflusst wurde.

Die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen gehen nun davon aus, dass es im fernen Kosmos noch viel mehr solcher gewaltigen Jets geben könnte. Die neuen Beobachtungen stützen die Vermutung, dass sich Galaxien und ihre zentralen Schwarzen Löcher gemeinsam entwickeln und die Jets mit ihren enormen Energiemengen ein wichtiger Treiber dieser Entwicklung und des Wachstums ihrer Heimatgalaxien und anderer nahe gelegener Galaxien sind. „Diese Entdeckung zeigt, dass ihre Auswirkungen viel weiter reichen können, als wir dachten“, kommentiert der Mitautor der Studie, George Djorgovski, Caltech-Professor für Astronomie und Datenwissenschaft.

Sind Teilchenströme galaktische Magnetismusm-Bringer?

Als nächsten Schritt möchte Oei besser verstehen, wie diese Megastrukturen ihre Umgebung beeinflussen. Die Jets verbreiten kosmische Strahlung, Hitze, schwere Atome und Magnetfelder im Raum zwischen den Galaxien. Besonders interessant ist für den Forscher die Frage, in welchem Ausmaß die riesigen Jets Magnetismus verbreiten: „Der Magnetismus auf unserem Planeten ermöglicht das Leben, daher wollen wir verstehen, wie er entstanden ist“, sagt er. „Wir wissen, dass Magnetismus das kosmische Netz durchdringt, dann in Galaxien und Sterne gelangt und schließlich auf Planeten wie unseren. Aber die Frage ist: Wo beginnt all das? Haben gigantische Jets wie Porphyrion den Magnetismus durch das Universum verbreitet?“

WEITERE MELDUNGEN ZUM THEMA
Erste Aufnahme eines Schwarzen Lochs, das einen starken Jet ausstößt 27. April 2023
Fernstes Schwarzes Loch feuert direkt Richtung Erde 1. Dezember 2022

Recherchequelle: Caltech

© grenzwissenschaft-aktuell.de

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Andreas Müller
Fachjournalist Anomalistik | Autor | Publizist
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(Kornkreisforscher)

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