GreWi-Interview: Astrobiologe wirft NASA Vertuschung der Entdeckung von Mars-Leben vor
ChemCam-Mikroskopaufnahmen der Strukturen vom 31. Dezember 2017.
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Copyright: NASA/JPL-Caltech/LANL
Buckingham (Großbritannien) – Rund um eine erst kürzlich vom Mars-Rover „Curiosity“ gemachte Entdeckung auf dem Mars ist es merkwürdig still geworden. Dabei könnte es sich um „die“ Wissenschaftssensation schlechthin handeln, glaubt zumindest der Astrobiologe Dr. Barry E. DiGregorio doch, in den Mikrostrukturen im Marsgestein sog. Spurenfossilien einstiger höherer Lebewesen auf dem Roten Planeten zu erkennen. Im Interview mit „Grenzwissenschaft-Aktuell.de“ (GreWi) erläutert der Wissenschaftler vom Buckingham Centre for Astrobiology an der University of Buckingham seine Position und den Vorwurf, die NASA vertusche diese und frühere Entdeckungen von Leben auf dem Mars ganz gezielt.
Entdeckt wurden die nur wenige Millimeter großen Strukturen Mitte Dezember 2017 auf Aufnahmen des Mars-Rovers und wurden seither entweder als Reste einstiger Kristalleinlagerungen oder aber eben als Spurenfossilien einer einst auf dem Mars lebenden und sich durch den Boden grabenden, und damit höheren Lebensform gedeutet (…GreWi berichtete ausführlich).
Nachdem der Rover nochmals auf die Strukturen angesetzt worden war, und dabei auch Mikroskopaufnahmen der von den Forschern als „Sticks“ bezeichneten Entdeckung erstellte (s. Abb. o.), wurde es aber von Seiten der US-Raumfahrtbehörde ruhig um die potentielle Wissenschaftssensation.
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Der schon in den ersten Berichten zur Entdeckung zitierte Astrobiologe Dr. Barry E. DiGregorio, Honorary Research Fellow am Buckingham Centre for Astrobiology der University of Buckingham, stellte schon damals fest: „Diese Strukturen gleichen Lebensspuren aus dem Ordovizium, die ich selbst schon hier auf der Erde untersuchen und fotografieren konnte.“
Zwar wollte auch das Team um Ashwin Vasavda vom Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA „nicht ausschließen, dass es sich tatsächlich um Spurenfossilien handeln könnte“, unterstrich jedoch zugleich, dass man auch ganz sicher keine voreiligen Schlussfolgrungen ziehen wolle. Tatsächlich könne die mehrwinklige Ausrichtung der Strukturen auch in Richtung kristalliner Strukturen deuten, wie sie ebenfalls auch in Erdgestein zu finden sind und entstehen, wenn sich Kristalle auflösen und im Umgebungsgestein entsprechende Hohlräume hinterlassen, die dann wieder mit sich in weicherem Umgebungsgestein verhärtenden Sedimenten und Mineralien gefüllt werden.
Im Interview mit dem Herausgeber von „Grenzwissenschaft-Aktuell.de“ (GreWi), Andreas Müller, nimmt DiGregorio nun Stellung in der Angelegenheit und erhebt schwere Vorwürfe gegen die NASA:
Dr. Barry E. DiGregorio:„Ich stimme mit der Erklärung der NASA für die gefundenen Strukturen nicht überein. Sie passen zu keinen mir bekannten und von mir untersuchten, von Kristallen hinterlassenen Strukturen. Stattdessen weisen sie aber Eigenschaften von Spurenfossilien auf, wie ich Sie Ihnen anhand von zwei Aufnahmen irdischer Spurenfossilien zur Verfügung stelle (s. f. Abb.) und die mit den Aufnahmen vom Mars verglichen werden sollten.
Irdische Spurenfossilien in Form einst von höheren Lebewesen gegrabene sog. fossile Bioturbation.
Copyright: Barry E. DiGregorio
Aufnahmen des “Mars Hand Lens Imager” (MAHLI) vom 2. Januar 2018 (Missionstag “Sol 1923) zeigen auffällige Mikrostrukturen, die sich deutlich vom Umgebungs- und Hintergrundgestein der Vera Rubin Ridge im Mars-Krater Gale absetzten. Handelt es sich hierbei um Fossilien oder das Ergebnis geologischer Prozesse?
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Copyright: NASA/JPL-Caltech/MSSS
Leider hat die NASA weder mit der Chemcam noch mit dem APXS-Instrument des Rovers ordentliche Daten zu diesen Strukturen auf dem Mars erhoben, bevor Curiosity zu seinem nächsten Ziel in einiger Entfernung geschickt wurde. Man konnte geradezu den Eindruck gewinnen, als ob die NASA bemerkt hat, was sie da vor sich hat und dann dem Rover den Befehl gab, schnell weiter zu fahren.“
Andreas Müller (GreWi): Womit begründen Sie diesen Eindruck?
DiGregorio: „Lesen Sie einmal folgende Beschreibung der NASA zur Situation vor Ort: „Während der vergangenen Wochen war Curiosity an unterschiedlichen Orten mit bläulichem Gestein der Vera Rubin Ridge aktiv und die Ergebnisse der Untersuchungen an diesen Orten werden immer faszinierender. Das nächste Ziel mit diesem bläulichen Gestein wurde informell als ‚Stop E‘ bezeichnet. Heute haben wir uns dann einstimmig dazu entschlossen, so schnell wie möglich dorthin zu fahren. (…). (Original NASA: „For the last several weeks, Curiosity has been hopping between areas of blueish toned rocks on the Vera Rubin Ridge and the results from these locations continue to become more compelling. Our next blue-toned destination has informally been called ‚Stop E‘ (the light-colored bedrock material in the depression near the top of the image) and today we had made a unanimous decision to get there as quickly as possible on the second sol of our plan, Sol 1930.“).
GreWi: Und daraus schlussfolgern Sie nun, dass die NASA hier etwas vertuscht?
DiGregorio: „Ob ich denke, dass die NASA hier versucht etwas zu vertuschen? Möglicherweise ist es sogar noch schlimmer: Ich denke die NASA hat schon vor 40 Jahren, als die Landemission von Viking abgeschlossen wurde, mit Absicht aufgehört nach den Spuren von Lebens auf dem Mars zu suchen.“
Barry E. DiGregorio.
Coypright: Barry E. DiGregorio
GreWi: Aber warum?
DiGregorio: „Weil Viking schon damals mikrobielles Leben (auf dem Mars) gefunden hat. In meinen Büchern „Mars The Living Planet“ (Mars, der lebendige Planet) und „The Microbes of Mars“ (Die Mikroben des Mars) beantworte ich diese Fragen ausführlich. Bedenken Sie bitte, dass ich die Überzeugung vertrete, dass die NASA für die Vertuschung (der Entdeckung) von Marsleben verantwortlich ist.“
GreWi: Gibt es dafür Indizien oder gar Beweise?
DiGregorio: „Die ‚Mars Exploration Division‘ der NASA verweigert seit Jahren Astrobiologen die Ausstattung der Mars-Sonden mit neusten Technologien und Instrumenten zur Suche nach Leben.“
Vor 40 Jahren haben Experimente der Viking-Lander (s. Abb. l.) auf dem Mars positive Ergebnisse für dort aktive, also heute noch lebende Mikroorganismen im Marsboden erbracht. Diese Beweise sind seither Gegenstand heftiger Kontroversen (…GreWi berichtete). Dennoch sind alle seitherigen Landeeinheiten und Rover (inklusive dem aktuell auf dem Mars aktive Curiosity-Rover) lediglich auf den Nachweis möglichen einstigen Lebens auf dem Mars und absichtlich nicht mit Instrumenten ausgestattet, die auch heute noch aktives Leben nachweisen könnten.
Angesichts neuer Beobachtungen oder Ergebnisse ist es doch eigentlich die Aufgabe von Wissenschaft, zunächst das Experiment zu wiederholen, um besagte Ergebnisse entweder zu bestätigen oder zu widerlegen. Wenn das Ergebnis bestätigt werden kann, müssen weiterführende Informationen über die neue Entdeckung gewonnen werden. Jeder, der einen Grundkurs in Naturwissenschaften belegt hat, weiß das und kenn diese klassische Prozedur. Da fragt man sich doch, warum die NASA diesen grundwissenschaftlichen Ansatz aufgegeben hat und nur noch Daten über potentielles urzeitliches und heute ausgestorbenes Leben sucht, dass vielleicht einmal vor Milliarden von Jahren auf dem Mars existiert hatte und zugleich die Möglichkeit von heute noch aktiven Leben auf dem Mars regelrecht ignoriert? Die Feststellung, dass wir Erdlinge nicht alleine im Universum sind, würde eine der frühesten, ergreifensten und fortwährensten Fragen der Menschheit beantworten.“
GreWi: Erlauben Sie mir nochmals die Nachfrage, nach dem Grund, den die NASA für eine Vertuschung der Entdeckung von einstigem und/oder sogar heute noch vorhandenem Marsleben haben sollte?
DiGregorio: 1. Wenn die NASA heute verkünden würde, dass schon die Viking-Missionen 1976 tatsächlich mikrobielles Leben auf dem Mars gefunden hatten, wie glauben sie denn, würde sich das auf die Finanzierung zukünftiger Rovermissionen auswirken, die 2,5 Milliarden Dollar und mehr kosten? Wir haben doch gesehen, was mit den Apollo-Flügen zum Mond passierte: Nachdem das einmal geschafft war, verlor die Öffentlichkeit schnell das Interesse daran und nach Apollo 17 war Schluss und die Missionen 18 und 19 wurden gestrichen.
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2. Die Bekanntgabe, dass auch noch heute von mikrobischem Leben auf dem Mars existiert würde die Pläne der NASA für die Rückführung von Marsproben zur Erde beeinflussen. Zunächst müssten schließlich Fragen über die Eigenschaften der Marsmikroben beantwortet und die Frage geklärt werden, wie diese unsere Biosphäre beeinflussen könnten. Vermutlich denkt die NASA, man könne diese Fragen vermeiden, wenn man die Öffentlichkeit in dem Glauben lässt, dass vom Mars lediglich sterile Proben aber keine lebendigen Mikroben zu erde gelangen können?
3. In den Traum von bemannten Marsmissionen werden derzeit gewaltige Geldsummen gepumpt. Hier geht es um Milliarden von Dollar. Nochmals: Sollt die NASA die Existenz von Marsmikroben bekannt geben, so muss man sich doch fragen, wie sich dies auf die Pläne Menschen zum Mars zu schicken auswirken würde? Würden die ersten Mars-Astronauten sozusagen als Versuchskaninchen zum Mars geschickt werden, um zu sehen, wie sie mit den Marsmikroben zurecht kommen? Das wäre dann schon fast wie in einem Alien-Film, oder nicht? Wenn wir uns also entscheiden, Menschen zum Mars zu schicken oder Proben von dort zur Erde zu bringen, dann sollten wir uns zuvor doch bitte wirklich sicher sein, dass wir damit hier niemanden töten oder unsere eigenen Biosphäre kontaminieren. Alles unterhalb dieser Vorsichtsmaßnahmen ist lediglich großes Gerede, um Milliarden von Dollar in einen falschen Traum zu investieren.“
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GreWi: Dann sind sie also gegen eine bemannte Marsmission?
DiGregorio: „Nein. Menschen werden ganz sicher eines Tages zum Mars reisen. Doch bevor wir das tun, sollten wir zunächst sicherstellen, dass dies für diese Menschen auch sicher ist. Tatsächlich bin ich überrascht, dass die Öffentlichkeit dies nicht schon längst mit mehr Druck von der NASA fordert.“
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GreWi: Welche Konsequenzen hätte es, wenn Sie mit Ihrer Lesart der Strukturen als Spurenfossilien richtig lägen?
DiGregorio: „Wenn diese Strukturen tatsächlich Spurenfossilien sind – und ich bin davon überzeugt, dass meine Analysen genau das zeigen – dann bedeutet das, dass sich das Leben auf dem Mars bis hin zu mehrzelligen Organismen entwickelt hatte. Das wäre wirklich eine ganz erstaunliche Entdeckung.“
GreWi: Warum genau?
DiGregorio: „Nun, in diesem Fall würde das bedeuten, dass schon alleine in unserem Sonnensystem das Leben schon sehr früh auf mindestens zwei Planeten entstanden wäre und sich entwickelt hätte. In diesem Fall könnte dies sicherlich auch auf viele Planetensysteme um andere Sterne als unsere Sonne übertragen werden und würde dann bedeuten, dass zumindest einfache Lebensformen im Universum eher die Regel als die Ausnahme sind.“
GreWi: Ich bedanke mich für Ihre Ausführungen.
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