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GreWi-Interview: Finden sich in den Gaia-Daten Hinweise auf außerirdische Konstruktionen?

Künstlerische Darstellung eines Dyson-Schwarms (Illu.)
Copyright/Quelle: via WikimediaCommons / CC BY-SA 4.0

Saarbrücken (Deutschland) – Im ersten Datenpaket des europäischen Weltraumteleskops „Gaia“ und des „Radial Velocity Experiment“ (RAVE), einer spektroskopischen Durchmusterung des Südhimmels, haben Astrophysiker nach Hinweisen auf mögliche künstliche Riesenstrukturen um ferne Sterne, sogenannte Dyson-Konstruktionen, gesucht. Tatsächlich liegen schon anhand dieser Daten ausreichend Informationen zu mehr als 8.000 Sternen vor, um diese auf entsprechende Konstrukte hin zu überprüfen. Einen dieser Sterne haben die Forscher exemplarisch untersucht. In Interview mit Grenzwissenschaft-Aktuell.de (GreWi) hat einer der Autoren der Studie, Andreas Korn von der Universität Uppsala, deren Ergebnisse genauer erläutert.

Andreas Müller, Hrsg. Grenzwissenschaft-Aktuell.de (GreWi): Herr Korn, in einigen Medienberichten heißt es, dass Sie und Ihre Kollegen, Erik Zackrisson und Ansgar Wehrhahn von der Universität Uppsala gemeinsam mit Johannes Reiter von der Universität Heidelberg in den Gaia-Daten sage und schreibe „8.000 Kandidaten potentieller Dyson-Sphären“ gefunden hätten. Nach der Durchsicht Ihres vorab via ArXiv.org veröffentlichten Fachartikels, vermute ich jedoch, dass es sich dabei um ein Missverständnis handelt. Liege ich da richtig?

Andreas Korn: „Ja, tatsächlich haben wir in der Schnittmenge des ersten Daten-Katalogs der Gaia-Mission (Gaia DR1) und von RAVE rund 8.000 Sterne ausfindig gemacht, zu denen schon jetzt genügend Daten vorliegen, um auf dieser Grundlage eine Suche nach potentiellen Dyson-Konstrukten durchzuführen. Das ist ein wichtiger Unterschied.“

Hintergrund
Gaia DR1
Der erste Daten-Katalog (Gaia DR1) des Weltraumteleskops „Gaia“ der Europäischen Raumfahrtagentur ESA wurde am 14. September 2016 veröffentlicht, das bis zu dieser Zeit bereits die Position und Magnitude (also die scheinbare Helligkeit) für 1,1 Milliarden Sterne ermitteln konnte.
– Weitere Information zum „Gaia Data Release 1“ finden Sie HIER

 

Dyson-Konstruktionen
Bei Dyson-Konstruktionen handelt es sich um – bislang rein hypothetische – Konstrukte technologisch weit fortgeschrittener, außerirdischer Zivilisationen, die im Idealfall einen Stern vollständig kugelförmig umschließen, um dessen Energie möglichst effizient zu absorbieren und damit optimal nutzen zu können. Weitere
Informationen zu Dyson-Konstrukten finden Sie HIER

GreWi: Können Sie uns den Ansatz ihrer Suche nach Dysons-Konstrukten anhand der Gaia- und RAVE-Daten kurz erläutern?

Andreas Korn: Wir suchen nach Sternen, die scheinbar grundlos unterleuchtkräftig sind, also für ihren Abstand und ihr Entwicklungsstadium nicht die aus Sternentwicklung zu erwartende Leuchtkraft haben. Da Entfernungsbestimmungen (Parallaxe) in der Astronomie generell schwierig sind, sind wir dabei auf „Gaia“ angewiesen. Im Vergleich zwischen der astrometrischen (Gaia)-Entfernung und einer Spektralanalysen-Entfernung kann man solche unterleuchtkräftigen Sterne finden. Es sei dabei erwähnt, dass es auch natürliche unterleuchtkräftige Sterne gibt, z.B. metallarme Sterne und Weiße Zwerge. Aber eine Spektralanalyse kann zeigen, ob es sich um solche Objekte handelt, die dann also eine natürliche Erklärung finden.

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Auf diese Weise könnte es die Gaia-Mission in den kommenden Jahren ermöglichen, direkt nach Dyson-Konstruktionen zu suchen und diese als solche auch zu erkennen, in dem nach Signaturen von charakteristischer Abwärme solcher Strukturen im Infrarotspektrum entsprechender Sterne gesucht wird.

Künstlerische Darstellung der Gaia-Mission (Illu.).
Copyright/Quelle: ESA/ATG medialab; background: ESO/S. Brunier

Doch schon heute ist eine eingeschränkte Suche dieser Art möglich, in dem die Gaia-Daten zu den Parallaxenabständen mit den spektrophotometrisch ermittelten Distanzen kombiniert werden, wie sie von bodengestützten Durchmusterungen (wie dem „Radial Velocity Experiment“, RAVE) ermittelt werden können. Bei unserer Suche haben wir nach Sternen gesucht, die von nicht ganz vollständigen Dyson-Konstruktionen in Form eines sogenannten „Dyson-Schwarms“ umgeben sein könnten.

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GreWi: Als Beispiel haben Sie einen aus den 8.000 Sternen für eine erste weitere Analyse ausgewählt: TYC 6111-1162-1. Sticht er aus den anderen derart 8.000 heraus?

Andreas Korn: Wir haben den Datensatz systematisch heruntergekocht, bis nur noch 6 Sterne übrig waren, deren Leuchtschwäche als f_cov > 0.7 interpretiert werden könnte. Und unter diesen erschien uns TYC6111 als F-Stern (der Sonne recht ähnlich, wenn auch ein paar hundert K, 5% heißer) der interessanteste Kandidat zu sein.

GreWi: Verstehe ich Ihre Ausführungen richtig, dass dieser Stern (TYC 6111-1162-1) zwar zunächst die Kriterien für eine potentielle Dyson-Sphäre oder -Schwarm erfüllt, aber nicht den dafür notwendigen Hitzeüberschuss im Infrarot-Spektrum (IR) aufweist – und sie deshalb auf einen Weißen Zwerg als Begleiter tippen, der die sonstigen Eigenschaften erklären würde?

Andreas Korn: Man hätte nicht wirklich spektroskopische Follow-ups gebraucht, um TYC6111 als Dyson-Sphären-Kandidaten auszuschließen, da er – wie Sie richtig verstanden haben – keine zusätzliche künstliche Abwärme im IR hat. Wir haben den Weg der Nachbeobachtung gewählt, weil ich die RAVE-Analyse, die auf mäßig guten Daten beruht, in Frage gestellt hatte. Im Grunde haben wir die grobe RAVE-Analyse dann aber mit einem deutlich besseren Spektrum bestätigt. Der Stern ist also wirklich diskrepant.

Die Interpretation mit dem Weißen Zwerg als (bislang unentdeckter) Begleiter kommt ins Bild, weil wir durch die Spektren der Nachbeobachtung zeigen konnten, dass der Stern eine große Radialgeschwindigkeitsvariation aufweist. Er wird also von einem Begleiter hin- und hergezerrt.

GreWi: Ihre Studie basiert auf den Daten von „Gaia DR1“- erst kürzlich wurden ja auch DR2 veröffentlicht. Haben Sie diese auch schon berücksichtigt?

Andreas Korn: Die Parallaxe in Gaia DR2 ist deutlich kleiner, etwa 4 kombinierte DR1+DR2-sigma kleiner! Gaia hat also auch gemerkt, dass bei dem Stern was nicht stimmt, kann Doppelsterne im Moment aber noch nicht „auflösen“ (eine Frage der Komplexität der Datenanlyse). Damit ist auch die Diskrepanz gesunken und die Radialgeschwindigkeitsvariationen lassen sich mit einem deutlich weniger massereichen Begleiter erklären.

GreWi: Was passiert nun mit den restlichen „7.999 Kandidaten“?

Andreas Korn: Man sollte eine ähnliche Studie mit DR2 machen. Es gibt ab sofort auch mehr Kandidaten, die Gaia mit anderen spektroskopischen Surveys (APOGEE, GALAH, Gaia-ESO) gemeinsam hat.

GreWi: Könnte man eine Analyse aller Kandidaten auch automatisieren?

Andreas Korn: Wenn man sich auf den Vergleich der Parallaxe mit der spektroskopischen Entfernung beschränkt, ist das keine Kunst. Aber um dann zu bestätigen, dass da wirklich was im Busch ist, bedarf es des genaueren Hinsehens. Wie es heißt: „extraordinary claims require extraordinary proof!“ (außergewöhnliche Behauptungen erfordern außergewöhnliche Beweise!“

GreWi: Welche Schritte sollten und könnten als nächstes bzw. mittelfristig auf der Grundlage Ihrer Studie gegangen werden?

Andreas Korn: Das jetzt Wesentliche ist die Verbesserung der Statistik. Wir suchen nach einem extrem unwahrscheinlichen, extrem seltenen Phänomen. Die zukünftigen regulären Gaia-Kataloge werden dies ermöglichen, wie auch die Daten der verlängerten Gaia-Mission.

GreWi: Das bedeutet, Ihr Team wird auch weiter nach Dyson-Konstrukten in den Gaia-Daten DR2-3 suchen?

Andreas Korn: Mit großer Wahrscheinlichkeit. Aber man publiziert auch, damit andere
Wissenschaftler inspiriert werden und die Idee weiterentwickeln.

GreWi: Herr Korn, besten Dank für die spannenden Informationen.

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© grenzwissenschaft-aktuell.de

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Andreas Müller
Fachjournalist Anomalistik | Autor | Publizist
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