Haben Fische doch ein Schmerz- und Stressempfinden?
Zebrafische (Danio rerio).
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Barcelona (Spanien) – Verfügen Fische über eine eigene Körperwahrnehmung und können Sie somit auch schmerzen und Stress wahrnehmen? Über diese Frage streiten sich nicht nur Tierschützer, Aquaristen und Angler sondern auch Wissenschaftler. In einem aktuellen Experiment haben Forscher nun sogenanntes „emotionales Fieber“ bei Zebrafischen und damit einen Hinweis auf die Schmerz- und Stressempfindlichkeit auch bei Fischen beobachtet.
Wie die Forscher um Sebastian Boltaña von der Universitat Autònoma de Barcelona und Sonia Rey vom Institute of Aquaculture an der University of Stirling aktuell im Fachjournal „Proceedings of the Royal Society of London, Biological Sciences“ (DOI: 10.1098/rspb.2015.2266) berichten, haben sie diesen Anstieg der Körpertemperatur durch einen von außen herbeigeführten Stress beobachtet.
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Bislang konnte emotionales Fieber nur bei Säugetieren, Vögeln und einigen Reptilienarten nachgewiesen werden – nicht aber bei Fischen. Diese Nichtnachweis war eines der Hauptargumente gegen die Vorstellung der Fähigkeit des Schmerz/Stressempfindens von Fischen. Hinzu vermuten zahlreiche Wissenschaftler, dass Fischhirne zu klein und aufgrund des nicht vorhandenen celebralen Cortex nicht komplex genug sind, als dass sie Stress, Schmerz und Leid wahrnehmen könnten (…GreWi berichtete). Zudem verfügen sie nur über geringe Kapazitäten für Erinnerungen und Lernfähigkeit und ein nur relativ einfaches Verhaltensrepertoire.
Andere Forscher verweisen hingegen zumindest auf Ähnlichkeit in der Fisch-Hirnstruktur mit der von Wirbeltieren, wie etwa dem für das Lernen und die räumliche Wahrnehmung verantwortlichen Hypocampus oder dem „Gefühlszentrum“ von Säugetieren, der Amygdala.
In ihren Experimenten haben die Forscher 72 Zebrafische (s.Abb) in zwei Gruppen zu je 36 Fischen aufgeteilt und in ein Becken mit jeweils verbundenen Abteilungen mit unterschiedlichen Wassertemperaturen zwischen 18 und 35 Grad Celsius gesetzte. Während die Kontrollgruppe gänzlich ungestört in jenem Gebiet mit der Wassertemperatur ihrer Wahl (28 Grad) verbleiben durfte, wurde die zweite Gruppe einer Stresssituation ausgesetzt, in dem sie 15 Minuten lang in einem engen Netz innerhalb der 27-Grad-Region gehalten wurden. Nach dieser Zeit wurde diese Gruppe ebenfalls wieder freigelassen.
Das Ergebnis: Während sich die Kontrollgruppe weiterhin relativ unverändert innerhalb ihrer eigens gewählten Komfort-Zone bei 28 Grad aufhielten, suchten die gestressten Fische jene Beckenregionen mit für die Fische eigentlich zu hohen Wassertemperaturen auf, um auf diese Weise ihre Körpertemperatur um zwei bis vier Grad Celsius zu erhöhen. Da Fische wechselwarm sind und somit ihre Körper selbst kein Fieber erzeugen können, werten die Forscher dieses Verhalten als das Gegenstück von besagtem emotionalem Fieber bei Fischen.
„Unsere Ergebnisse sind sehr interessant“, kommentiert Rey. „Der Ausdruck von emotionalem Fieber legt erstmals nahe, dass Fische tatsächlich zu einem gewissen Grad eine Form von Bewusstsein besitzen.“
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