Holzig, würzig, süß: So riechen altägyptische Mumien

Copyright/Quelle: Strlic et al., Journal of the American Chemical Society 2025
London (Großbritannien) – In einem bislang einzigartigen Forschungsprojekt haben britische und slowenische Forschende erstmals die Geruchsnoten altägyptischer bestimmt. Die Ergebnisse sind nicht nur Olfaktogourmets, sondern liefern auch neue Details über die Praktiken der Mumifizierung.
Inhalt
Wie das Team unter Matija Strlic vom University College London (UCL) und der Universität Ljublinana in Zusammenarbeit mit Konservatoren und Kuratoren des Ägyptischen Museums in Kairo aktuell im „Journal of the American Chemical Society“ (DOI: 10.1021/jacs.4c15769) berichten, zeigen die Messeregbnisse, dass altägyptische Mumien einen „holzigen“, „würzigen“ und „süßen“ Geruch verströmen.
Erste systematische Geruchsbestimmung
Laut den Autoren und Autorinnen handelt es sich um die erste systematische Studie, die Gerüche von mumifizierten Körpern von insgesamt neun altägyptischen Mumien mithilfe einer Kombination aus instrumentellen und sensorischen Techniken analysiert hat. Dazu gehörten eine elektronische „Nase“ sowie geschulte menschliche Geruchsexperten (Schnüffler bzw. Olfaktogourmets).
Die so gewonnenen neuen Erkenntnisse liefern Hinweise auf die bei der Mumifizierung verwendeten Materialien, deren Entwicklung im Laufe der Zeit sowie auf Konservierungsmethoden, die später in Museen angewendet wurden. Die Forschenden hoffen zudem, dass die hierfür entwickelte chemische Analyse dazu beitragen kann, Konservatoren zu schützen, antike Artefakte zu bewahren und ihr olfaktorisches Erbe zu erhalten.
Hintergrund
Professor Ali Abdelhalim, Direktor des Ägyptischen Museums in Kairo, erklärt zur Studie:
„Für die alten Ägypter war die Mumifizierung eine zentrale rituelle Praxis, die darauf abzielte, Körper und Seele für das Jenseits zu bewahren. Dies geschah durch ein aufwendiges Einbalsamierungsverfahren mit Ölen, Wachsen und Balsamen. Diese Praktiken entwickelten sich über die Jahrhunderte weiter. Die Identifikation der verwendeten Materialien und Techniken gibt uns wertvolle Einblicke in die jeweilige Epoche, den geografischen Ursprung und den sozialen Status der mumifizierten Person.“Geruch spielte für die alten Ägypter bei der Mumifizierung eine wichtige Rolle. Angenehme Düfte wurden mit Reinheit und den Körpern von Göttern assoziiert, während schlechte Gerüche als Zeichen von Verfall und Verderbnis galten. Noch heute, etwa 5.000 Jahre später, beschreiben Konservatoren den Duft mumifizierter Körper oft als „angenehm“. Dies liegt an den verwendeten Harzen und Ölen von Nadelbäumen (z. B. Kiefer, Zeder, Wacholder), Gummi- und Räucherharzen (z. B. Myrrhe und Weihrauch) sowie Wachsen.
Gerüche erlauben Rückschlüsse auf verwendete Materialien
Gerüche bestehen aus chemischen Molekülen, die von einer Substanz freigesetzt werden und in der Luft schweben. Die Forscher nutzten ein Gaschromatographie-Massenspektrometer, um die chemischen Verbindungen zu messen und zu quantifizieren, die von neun Mumien im Ägyptischen Museum in Kairo – sowohl aus der Ausstellung als auch aus dem Lagerbestand – freigesetzt wurden. Zusätzlich bewertete ein Team geschulter „Schnüffler“ die Gerüche hinsichtlich Qualität, Intensität und Angenehmheit.
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Copyright/Quelle: Strlic et al., Journal of the American Chemical Society 2025
„Der Geruch mumifizierter Körper hat seit Jahren sowohl Experten als auch die breite Öffentlichkeit fasziniert, doch bislang gab es keine kombinierte chemische und wahrnehmungswissenschaftliche Studie dazu“, berichtet Strlic. „Diese bahnbrechende Forschung hilft uns nicht nur, die Konservierung besser zu planen und antike Einbalsamierungsstoffe zu verstehen, sondern bereichert auch die Ausstellung von Mumien in Museen um eine weitere Dimension.“
Geruchskombination offenbart auch Risiken
Durch die Kombination dieser Methoden konnten die Forscher feststellen, ob ein Geruch von der archäologischen Substanz selbst stammt, von später hinzugefügten Konservierungsmitteln oder Pestiziden, oder ob er auf natürliche Zersetzungsprozesse durch Schimmel, Bakterien oder andere Mikroorganismen zurückzuführen ist. Die Studie zeigte, dass Geruchsanalyse eine wirksame, nicht-invasive und zerstörungsfreie Methode zur chemischen Untersuchung antiker Überreste ist.
Neben einem besseren Verständnis der Konservierung und Materialgeschichte altägyptischer Mumien ermöglicht die Forschung Museen künftig, ihre Besucher nicht nur visuell, sondern auch olfaktorisch einzubinden – durch sogenannte „Geruchslandschaften“.
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In Zukunft plant das Forschungsteam, eine Rekonstruktion des Geruchs antiker Mumien zu erstellen. Dadurch soll es möglich werden, dieses bedeutende Element des altägyptischen Erbes zu erleben und sich auf eine neue, sensorische Weise mit Mumifizierung und Konservierung auseinanderzusetzen.
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Funde offenbaren Rezepte zur Mumifizierung 8. Februar 2023
Recherchequelle: UCL
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