IceCube-Detektor liefert ersten Nachweis für tiefkosmische Herkunft eines Neutrinos
Künstlerische Darstellung eines aktiven Galaxienkerns. Das supermassive Schwarze Loch im Zentrum der Akkretionsscheibe schickt einen energiereichen, scharf gebündelten Teilchenstrahl senkrecht ins All (Illu.).
Copyright: DESY, Science Communication Lab)
Madison (USA) – Mit dem antarktischen Neutrino-Observatorium „IceCube“ hat ein internationales Wissenschaftlerteam erstmals die genaue Quelle und Herkunft eines energiereichen Neutrinos nachgewiesen: Diese liegt in einer fast vier Milliarden Lichtjahren entfernten aktiven Galaxie.
Wie das Team aus Forschern und Wissenschaftlern der „The IceCube Collaboration“ aktuell im Fachjournal „Science“ (DOI: 10.1126/science.aat1378) berichtet, basiert der Nachweis auf einem einzelnen, am 22. September 2017 georteten hochenergetischen Teilchen. Nachdem dieses von IceCube registriert wurde, machten sich Teleskope rund um den Globus auf die Suche nach dem Ursprung dieses Elementarteilchens und ermittelten diesen in einer fast vier Milliarden Lichtjahre entfernten Galaxie mit der Katalognummer TXS 0506+056 im Sternbild Orion, in deren Zentrum ein extrem massereiches Schwarzes Loch derartige Teilchen auf natürliche Weise beschleunigt. Damit handelt es sich bei der jetzt identifizierten aktiven Galaxie also um einen sogenannten Blazar, eine aktive Galaxie, deren Jet genau in Richtung Erde zeigt.
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Nach der Entdeckung durchforsteten die Wissenschaftler auch ältere Daten zu früheren Neutrinomessungen aus der ermittelten Himmelsrichtung und wurden für den Zeitraum von September 2014 bis März 2015 fündig, innerhalb dessen sich ein merklicher, zeitweiliger Neutrino-Überschuss feststellen lässt. „Die Wahrscheinlichkeit, dass es sich beim diesem Überschuss lediglich um einen statistischen Ausreißer handelt, ist sehr gering und wird auf 1:5000 geschätzt“, erläutern die Wissenschaftler.
Das „IceCube Observatory“ in der Antarktis vor dem Hintergrund der Illustration kosmischer Strahlung.
Copyright: icecube.wisc.edu
Hintergrund
Neutrinos sind Elementarteilchen, die fast ohne Wechselwirkung durch die Materie reisen und existieren als drei verschiedene Typen: als Elektron-, Myon- und Tau-Neutrinos und als deren jeweilige Antiteilchen (den Antineutrinos). Pro Sekunde rasen unbemerkt Billionen von Neutrinos durch unseren Körper, treffen auf die Erdoberfläche und durchdringen alles auf dem und den Planeten selbst nahezu ungehindert. Sie entstehen durch radioaktive Zerfälle in der Sonne und allen anderen Sternen und in Folge anderer kosmischer Ereignisse wie etwa in natürlichen kosmischen Teilchenbeschleunigern wie Sternenexplosionen (Supernovae) und den Materiestrudeln gigantischer Schwarzer Löcher gemeinsam mit den elektrisch geladenen Atomkernen der kosmischen Teilchenstrahlung. Anders als diese Atomkerne werden die elektrisch neutralen Neutrinos auf ihrem Weg durchs All aber nicht von kosmischen Magnetfeldern abgelenkt, so dass ihre Ankunftsrichtung direkt zu ihrer Quelle zurückweist.
Die aktuellen Forschungskampagnen liefern zugleich auch den ersten stichhaltigen Beleg für einen Herkunftsort der energiereichsten Teilchen im Weltall, vorwiegend Protonen, die als sog. kosmische Strahlung fortwährend auf die Erdatmosphäre treffen: „Energiereiche kosmische Neutrinos sind dabei ein äußerst hilfreicher Indikator, da sie über größte Entfernungen ohne Richtungsänderung unbeschadet zu uns gelangen können. Die Beobachtung des einzelnen Neutrinos bestätigt, dass sogenannte aktive Galaxien mit einem extrem schweren Schwarzen Loch im Zentrum auch die Beschleuniger der kosmischen Teilchen sind.“
„Wir verstehen jetzt besser, wonach wir suchen müssen. Für die Zukunft heißt das, dass wir solche Quellen gezielter aufspüren können“, sagt Elisa Resconi von der Technischen Universität München und Marek Kowalski, Leiter der Neutrino-Astronomie am Deutschen Elektronen-Synchrotron (DESY) fügt abschließend hinzu: „Da Neutrinos eine Art Nebenprodukt von geladenen Teilchen der kosmischen Strahlung sind, impliziert unsere Beobachtung, dass aktive Galaxien auch die Beschleuniger dieser Teilchen sind. Mehr als ein Jahrhundert nach der Entdeckung der kosmischen Strahlung durch Victor Hess im Jahr 1912 hat IceCube damit erstmals eine konkrete extragalaktische Quelle der energiereichen Teilchen geortet.“
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