Interstellare Herkunft des ersten interstellaren Meteors bestätigt

Archivbild: Meteor. Copyright: Navicore (via WikimediaCommons) / CC BY 3.0
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Cambridge (USA) – Bislang gilt das Objekt 1I/ʻOumuamua (wie der Namensvorsatz schon sagt) als das erste innerhalb des Sonnensystems beobachtete und als solches auch erkannte Objektinterstellarer Herkunft. Schon 2019 entdeckten zwei Harvard-Astronomen allerdings anhand von rekonstruierten Flugbahndaten, dass ein 2014 in der Erdatmosphäre verglühter Meteor ursprünglich aus einem anderen Planetensystem zu stammen schien. Jetzt wurden die Berechnungen der beiden Astronomen offiziell anerkannt und damit der erste bekannte interstellare Meteor als solch solcher bestätigt. Erneut befeuert die Erkenntnis darüber hinaus aber nicht nur die Diskussion um eine mögliche interstellare Herkunft des Lebens, sondern auch um die Frage, ob es sich bei solchen Objekten auch um außerirdische technologische Artefakte handeln könnte.

Wie Amir Siraj und Professor Avi Loeb von der Harvard University bereits 2019 via ArXiv.rg dargelegt hatten, handelte es sich um einen Meteor, der im Januar 2014 als Feuerspur in der Atmosphäre über Papua Neuguinea verglüht war. Während es sich bei ʻOumuamua um ein sehr großes Objekt handelte, war dieser „interstellare Besucher“ mit einem Durchmesser von wenigen Metern also vergleichsweise klein – so klein, dass er vermutlich gänzlich in der Erdatmosphäre verglühte.

Auf das Objekt aufmerksam wurden die beiden Astronomen im Meteor-Katalog des Centre für Near Earth Object Studies (CNEOS) der NASA aufgrund seiner Geschwindigkeit von 60 Kilometern pro Sekunde, mit der das Objekt zuvor die Sonne passiert hatte.

Anhand der bekannten Daten rekonstruierten Siraj und Loeb die Flugbahn des Objekts und entdeckten, dass es ursprünglich offenbar nicht die Sonne umkreiste, denn dafür war es schlichtweg zu schnellso schnell, dass es der Anziehungskraft der Sonne sogar entkam. Um dies zu tun, musste der Meteor also von jenseits des Sonnensystems stammen, so die damalige Schlussfolgerung der beiden Astronomen und Astrophysiker (…GreWi berichtete).

Wie Loeb und Siraj, so stimmen tatsächlich zahlreiche andere Astronomen überein, dass derartige Objekte sehr viel häufiger vorkommen und auch mit der Erde kollidieren sollten, als uns dies bislang bewusst war. „Unsere Entdeckung legt nahe, dass derart große bzw. kleine interstellare Boliden die Erde bisher bereits mindestens 450.000.000 Mal getroffen haben sollten“, so Siraj und Loeb in ihren Paper von 2019. „Und das legt nahe, dass auch interstellare Meteore das Leben aus einem fernen Planetensystem zur Erde gebracht haben könnten.“

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Jetzt berichtet Avi Loeb selbst in einem Artikel auf Medium.com, dass ihm von der zuständigen US-Behörde nun offiziell die Bestätigung für die Richtigkeit der Berechnungen und damit für die interstellare Herkunft des Meteors erhalten habe. „Damit bestätigt sich, dass der Meteor tatsächlich das erste als solches erkannte interstellare Objekt im Sonnensystem war – 3,75 Jahre vor der Entdeckung von `Oumuamua.“

Im Vergleich zum mehre als hundert Meter großen Objekt `Oumuamua, war der beschriebene Meteor viel zu klein, um mit Teleskopen (mit denen etwa `Oumuamua entdeckt wurde) überhaupt vorab entdeckt werden zu können. Doch gerade deshalb sei die Einschätzung plausibel, dass gerade solche kleinen Objekte auch wesentlich häufiger sind, als deutlich größere Objekte wie `Oumuamua. Da wir aber gerade für die kleineren Meteore, die schließlich in Form von Boliden, Feuerbällen eine Vielzahl von irdischen Detektoren besitzen, bieten gerade diese Objekte eine besonders faszinierende Möglichkeit der wissenschaftlichen Analyse interstellarer Besucher – nicht zuletzt, weil die Objekte in der Atmosphäre (meist vollständig) verglühen und dabei durch den farbigen Flammenschein sogar eine Spektralanalyse über ihre Zusammensetzung möglich wird.

Hintergrund
Entdeckt wurde das Objekt erstmals am 19. Oktober 2017 (…GreWi berichtete) und hat beim Verlassen des Sonnensystems im Juni 2018 einen unerwarteten Schub entwickelt, der den eigentlichen Vorherberechnungen nicht nur widersprach, sondern auch nicht durch Schwerkraftinteraktionen mit Körpern des Sonnensystems zu erklären war (…GreWi berichtete). Auch gab es keine Beobachtungen von Ausgasungen des Objekts in Sonnennähe, anhand derer dieses als typischer Komet identifiziert werden konnte (…GreWi berichtete). Für einen gewöhnlichen Asteroiden fehlten wiederum die sonst typischen Eigenschaften und spektralen und thermalen Signaturen.

Dieses Diagramm zeigt die Umlaufbahn des interstellaren Objekts `Oumuamua beim Durchlaufen des Sonnensystems. Es zeigt den vorhergesagten Weg von `Oumuamua und den neuen Kurs unter Berücksichtigung der neu gemessenen Geschwindigkeit des Objekts. Klicken Sie auf die Bildmitte, um zu einer vergrößerten Darstellung zu gelangen. Copyright: ESA

Dieses Diagramm zeigt die Umlaufbahn des interstellaren Objekts ‘Oumuamua beim Durchlaufen des Sonnensystems. Es zeigt den vorhergesagten Weg von ‘Oumuamua und den neuen Kurs unter Berücksichtigung der neu gemessenen Geschwindigkeit des Objekts.
Klicken Sie auf die Bildmitte, um zu einer vergrößerten Darstellung zu gelangen.
Copyright: ESA

Statt also bekannte Kometen oder Asteroiden zu bemühen, stellten dann im März 2021 zwei Astrophysiker die Hypothese von ‘Oumuamua als Teil eines Pluto-artigen Planeten eines fernen Planetensystems vor. Demnach wäre ʻOumuamua dann ein Fragment der Planetenkruste dieses Planeten und bestünde aus festem Stickstoff. ‘Oumuamua wäre also sozusagen ein interstellarer Stickstoff-Eisberg (…GreWi berichtete). Mittlerweile wurde aber auch dieser Hypothese widersprochen, bedient sie sich doch einem bislang noch nie entdeckten und damit rein hypothetischen Vorstellung von der Existenz solcher Stickstoff-Kometen (…GreWi berichtete).

Abschließend wirft der interstellare Meteor erneut die Frage nach „interstellarer Panspermie“ auf. Loeb selbst hält diese Vorstellung ebenfalls dann für möglich, solange der Meteore groß genug ist, um nicht gänzlich in der Atmosphäre zu verglühen und in ausreichend großer Menge auf der Oberfläche einschlagen.

Darüber hinaus sei die Bestätigung der interstellaren Herkunft eines Meteors auch für die Diskussion um eine mögliche künstliche Natur solcher Objekte interessant – also genau jener Diskussion, die sich schon anhand der ungewöhnlichen Eigenschaften und Merkmale des ʻOumuamua-Objekts entwickelt hatte. Hierzu schreibt Loeb abschließend: „Kleine Objekte, wie der beschriebene Meteor mögen zunächst wie eine Plastikflache erscheinen, die an einen endlosen Strand gespült werden. Wir wissen aber, dass wir selbst bislang noch kein Raumschiff ins ferne All gestartet haben, das auch nur annähernd so groß war, wie ʻOumuamua. Im Gegensatz dazu haben wir aber schon einige Satelliten gestartet, die vermutlich eine ganz ähnliche Größe hatten, wie besagter Meteor von 2014.“ Mindestens zwei davon, die Voyager-Sonden, haben unser Sonnensystem bereits verlassen und weitere werden folgen – und das, obwohl die Menschen der Erde erst seit kaum 70 Jahren Raumfahrt beitreiben.




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Recherchequelle: Medium.com, eigenen Recherchen www.grenzwissenschaft-aktuell.de

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