GreWi-Interview: Mars-Wasser-Endecker Lujendra Ojha über mögliche Rinnsale flüssigen Wassers in der Nähe des Mars-Rovers „Curiosity“
Atlanta (USA) – Lujendra Ojha vom Georgia Institute of Technology gilt als Mitentdecker der Abflussrinnen flüssigen Salzwassers, die auch heute noch an der Marsoberfläche zu beobachten sind. Im Gespräch mit „Grenzwissenschaft-Aktuell.de“ äußert sich Ojha exklusiv erstmals auch zu einer Aufnahme des NASA-Mars-Rovers „Curiosity“, die eine ähnliche Struktur im Miniaturmaßstab nur wenige Meter von der Fahrspur des Rovers zu zeigen scheint. Allerdings glaubt der Wissenschaftler nicht, dass auch hier erst kürzlich noch Wasser floss.
Zuvor hatten Ojha und Kollegen durch den Nachweis flüssigen Oberflächenwassers in den Sommermonaten des Mars für eine wissenschaftliche Sensation gesorgt. Den Beweis dafür fanden die Forscher anhand fingerartiger Linien an Kraterwänden (Recurring Slope Linea, RSL), die sich in den wärmeren Mars-Sommermonaten hangabwärts weiten (s. Abb.), verlängern und dann in den kalten Wintermonaten wieder zurückweichen (…GreWi berichtete, s. Abb.).
Die sich mit den Jahreszeiten verändernden dunklen „Wasserfinger“ an einem Hang im Mars-Canyon Valles Marinieris.
Copyright: NASA/JPL-Caltech/Univ. of Arizona
Nur kurze Zeit später sorgte dann eine Aufnahme des Mars-Rovers „Curiosity“ für kontroverse Spekulationen darüber, ob noch vor Kurzem flüssiges Wasser auch im Kleinen und sogar ganz in der Nähe der mobilen Laboreinheit an die Oberfläche tritt. Tatsächlich weist die sich deutlich von der trockenen, sandigen Umgebung abzeichnende Struktur, zunächst Ähnlichkeiten mit einem Wasserrinnsal auf sandigem Untergrund auf (…GreWi berichtete, s. Abb.).
Zeigt dieses Landschaftsdetail ein Rinnsal flüssigen Wassers im Sand des Mars-Kraters Gale?
Klicken Sie auf die Bildmitte, um zur Originalaufnahme zu gelangen.
Copyright: NASA/JPL-Caltech
Da die NASA selbst die Aufnahme und darauf basierende Diskussion um ein mögliches kleines Wasser-Rinnsal in direkter Nähe von „Curiosity“ bislang nicht kommentierte, hat der Herausgeber von „Grenzwissenschaft-Aktuell.de“ (GreWi), Andreas Müller, Lujendra Ojha persönlich kontaktiert und um eine Stellungnahme zur fraglichen Curiosity-Aufnahme gebeten.
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GreWi: Mr. Lujendra Ojha, ich gehe davon aus, dass Sie diese (und vielleicht sogar weitere ähnliche?) Aufnahmen kennen. Können Sie uns etwas dazu und zur zumindest für mich (und viele andere Betrachter) als Laien auffallenden Ähnlichkeit dieser dunklen Spur im Sand neben Curiosity sagen?
Lujendra Ojha: Ja, wir haben diese Aufnahmen schon zuvor gesehen. Diese Streifen sind zunächst nur wenige Zentimeter groß. Kein Vergleich also zu den RSL. Meiner Meinung nach ist diese aber deshalb dunkler, weil der Sand im Untergrund dunkler ist, als die staubige Oberfläche und es ist solcher (dunkler) Sand, den wir hier sehen.
Lujendra Ojha
Copyright/Quelle: eas.gatech.edu
Auch das Missionsteam glaubt, dass viele solcher Rutschungen tatsächlich vom Rover selbst und den von ihm verursachten Vibrationen ausgelöst werden, wenn dieser in der Nähe von Sandanhäufungen an starken Neigungen vorbeifährt.
Links von diesem großen, dunklen Streifen sieht man ja auch einen kleinen „Baby-Streifen“, der bereits stark verblast ist.
Kurz gesagt: Ich halte das zwar für eine wirklich coole Beobachtung. Aber ich glaube wirklich nicht, dass es sich um etwas Ähnliches wie (die von flüssigem Wasser an den Kraterhängen hervorgerufenen) RSL handelt. Schlussendlich hätten wir auch vom Rover-Team einiges in dieser Sache gehört, wenn sie diese Streifen schon genauer untersucht hätten.
GreWi: Was sagt denn das Rover-Team bislang zu dieser (und ähnlichen?) Strukturen?
Ojha: Wir haben uns mit den Rover-Leuten schon früher darüber unterhalten. Sie haben mir gesagt, dass die Vibrationen des Rovers diese Abrutschungen hervorrufen. Offenbar gab es schon einige frühere Beispiele solcher dunklen Streifen auch auf anderen (Curiosity-)Aufnahmen.
Grundsätzlich hat mir das Rover-Team erklärt, dass „der Rover Vibrationen erzeugt und diese Abrutschungen in der Entstehung beobachtet wurden.“
GreWi: Vorausgesetzt dunklerer Untergrundsand im Wechselspiel mit dem staubigeren und dadurch helleren Sand an der Oberfläche kann also die Farbunterschiede erklären. Glauben Sie nicht auch, dass auch die Oberflächenstruktur- und Textur dieser „Linie“ wie nasser Sand aussieht – gerade an den unteren Rändern? Ganz so, als sei der obere Teil bereits ausgetrocknet und die Restflüssigkeit hätte sich (aufgrund der Schwerkraft) im unteren Teil angesammelt?
Zudem stellt sich mir die Frage, ob dunkler Untergrundsand an der Oberfläche verblasst, so wie dies der von Ihnen bereits angesprochene kleinere (vielleicht ältere?) Streifen links neben dem dunklen Streifen vermuten lässt. Was würde ein solches Verblassen verursachen, wenn nicht unterschiedliche Feuchtigkeit – und wäre bei gänzlicher Abwesenheit von Wasser und Feuchtigkeit nicht auch der Untergrundsand genau so „trocken-farben“ wie der Sand darüber?
Detailvergrößerung (durch GreWi.de).
Copyright: NASA/JPL-Caltech
Ojha: Das ist eine wirklich gute Frage. Nun, die Oberflächensand ist wirklich sehr staubig und heller, weshalb solche staubigen Rutschungen auch sehr wahrscheinlich sind. RSL auf dem Mars bilden sich hingegen in relativ staubfreien Gegenden.
Dieses Bild hier (s. Abb.) zeigt aber wie gesagt eine wirklich sehr staubige Gegend. Sollte hier wirklich Wasser ausgetreten und geflossen sein, so wäre dieses Wasser direkt nach unten versickert.
Stellen Sie sich vor, sie wären an einer irdischen Düne (etwa in der Sahara) und würden versuchen, einen solchen Fluss zu erzeugen. Schon durch die hohe Porigkeit des Sandes, würde das meiste Wasser geradlinig nach unten versickern, statt hangabwärts zu fließen, wie es hier der Fall scheint.
Auf den hochauflösenden Versionen dieser Aufnahme ist auch eine leichte Topografie auf dieser Abrutschung zu sehen. Auch dieses Merkmal ist schwer vorstellbar, sollte es sich um einen wässrigen Abfluss handeln.
Das für mich überzeugendste Argument dafür, dass es sich hier nicht um eine (Miniaturausgabe) von RSLs handelt, ist der Hinweis des Rover-Teams, dass diese Strukturen durch die Vibration des Rovers selbst entstehen.
GreWi: Mr. Ohja, besten Dank für Ihre Ausführungen und Erläuterungen.
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