JB 55: Forensiker rekonstruieren Gesicht von John Barber, dem “Vampir von Connecticut”

Die computergenerierte 3D-Gesichtsrekonstruktion anhand des Schädels von John Barber. Copyright: Parabon Nanolabs, Virginia Commonwealth University
Lesezeit: ca. 3 Minuten
Die computergenerierte 3D-Gesichtsrekonstruktion anhand des Schädels von John Barber. Copyright: Parabon Nanolabs, Virginia Commonwealth University

Die computergenerierte 3D-Gesichtsrekonstruktion anhand des Schädels von John Barber.
Copyright: Parabon Nanolabs, Virginia Commonwealth University

Reston (USA) – 1990 entdeckten Forscher in Grinswold im US-Bundesstaat Connecticut das Grab eines Mannes, der noch im 19. Jahrhundert zu Lebzeiten vermutlich als Vampir galt. Nachdem der 2019 erstmals identifiziert werden konnte, präsentieren Forensiker nun eine Gesichtsrekonstruktion des sogenannten „Vampirs von Connecticut“.

Während die meisten europäischen “Vampirgräber” aus der Antike bis zum Spätmittelalter und nur selten aus späterer Zeit stammen, sind auch aus den USA noch bis ins 18. Jahrhundert hinein entsprechende Bräuche im Umgang mit vermuteten Untoten anhand deren Gräber archäologisch dokumentiert. Die Überreste eines vermutlich ebenfalls als Vampir exhumierten Mannes, der vor 200 Jahren starb, wurden jahrelang nur anhand einer Inschrift als „JB 55“ geführt und erst 2019 von Forensikern um Jennifer Higginbotham vom U.S. Armed Forces Medical Examiner System und des National Museum of Health and Medicine in Silver Springs als John Barber identifiziert.

Barber war demnach vermutlich ein armer Farmer, der an Tuberkulose litt und daran auch verstarb. Eine Untersuchung der Knochen zeigte damals, dass der Mann zudem an einem schlecht verheilten Schlüsselbein und Arthritis in den Knien litt. Auch die Tuberkulose selbst sei derart schwer gewesen, dass sie noch an den Rippen Barbers Läsionen hinterlassen haben.

www.grenzwissenschaft-aktuell.de
+ HIER können Sie den täglichen kostenlosen GreWi-Newsletter bestellen +

Die merklichen Spuren der Krankheit und der darauffolgende Tod waren es denn vermutlich auch, die Barbers Hinterbliebene vermuten ließen, dass John ein Vampir gewesen sei. Lungengeschwüre in Folge der Tuberkulose ließen die Opfer meist sehr blass, abgemagert und schwach erscheinen. Oft hatten entsprechende Patienten in Folge von Blutauswurf beim Husten Blutspuren in den Mundwinkeln und ihr Zahnfleisch ging zurück. Gerade Letzteres ließ diese Menschen derart erscheinen, als seien Ihre Zähne ungewöhnlich lang geworden. Alles also klassische Merkmale eines Vampirs.

Historische Zeichnung eines bereits abgemagerten Tuberkulose-Patienten Copyright: unbek.

Historische Zeichnung eines bereits abgemagerten Tuberkulose-Patienten
Copyright: unbek.

Auch der Umstand, dass Tuberkulose damals wie heute stark ansteckend war und ist, sorgte verständlicherweise unter den Familienmitgliedern und Mitbewohnern in Neuengland für Angst vor Epidemien, deren Verbreitung man den Erkrankten und vermeintlichen Vampiren zuschrieb, – breitete sich die Krankheit doch tatsächlich zunächst über die Familien und das engere Umfeld der entsprechend sich bis ihrem Tode regelrecht verwandelnden Opfer aus.

Um die Befürchtung, dass es sich bei einem Verstorbenen tatsächlich um einen Vampir handelte, zu überprüfen, sei es damals auch in den neuenglischen Kolonien üblich gewesen, deren Körper nach einer bestimmten Zeit wieder auszugraben und nach „Lebenszeichen“, wie etwa vermeintlich postmortal gewachsenen Haaren, Fingernägeln oder nach Blutspuren an den Mündern abzusuchen.

Während heute bekannt ist, dass gerade diese Phänomene Merkmale der Verwesung von Leichen sein können, wurden sie im damaligen sozio-kulturellen Kontext als deutliche Beweise für einen Vampir gedeutet, woraufhin dieser dann entsprechend behandelt wurde. Das Neuarrangement der Knochen sollte die Lebenden vor dem Fluch des Wiedergängers schützen, berichten die Forscher.

Gemeinsam mit Kollegen der Parabon NanoLabs haben die Forseniker der Armed Forces DNA Identification Laboratory nun das Ergebnis einer Gesichtsrekonstruktion von John Barber auf dem International Symposium on Human Identification (ISHI) in Washington vorgestellt.

Anhand der genetischen Daten schließen die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen, dass John Barber zum Zeitpunkt seines Todes etwa 40 Jahre alt war, helle Haut, braune Augen, dunkle Haare und vermutlich Sonnensprossen hatte.

GreWi-Dossier: Vampire, Untote und Widergänger
Vampirgrab in Polen: Sichel und Schloss sollten Wiedergängerin im bannen 5. November 2022

Studie ergründet Bauchbestattungen im Mittelalter 15. Oktober 2020

Studie sieht in Infektionskrankheiten den Ursprung des Glaubens an das Böse 31. Oktober 2019

JB 55: Rätselhafter “Vampir von Connecticut“ nach 200 Jahren identifiziert 6. August 2019

Eine um den Hals gelegte Sichel sollte offenbar beigesetzte vermeintliche Vampire beim Versuch sich zu erheben enthaupten. Das Foto zeigt eines der 2008/09 auf dem Friedhof von Drawsko im Nordwesten Polens entdeckten Skelette. Copyright/Quelle: Gregoricka, Betsinger et al. / PLoS One

Eine um den Hals gelegte Sichel sollte offenbar beigesetzte vermeintliche Vampire beim Versuch sich zu erheben enthaupten. Das Foto zeigt eines der 2008/09 auf dem Friedhof von Drawsko im Nordwesten Polens entdeckten Skelette.
Copyright/Quelle: Gregoricka, Betsinger et al. / PLoS One

Corpus Draculianum: Weitere Bände des Forschungsprojekts zur historischen Figur des Vlad Drăculea publiziert 23. Oktober 2018

Archäologen finden spätrömisches Grab eines ‚Kinder-Vampirs‘ 13. Oktober 2018

Vampir- und Riesengrab aus der Merowingerzeit bei Theißen entdeckt 15. Oktober 2017

Mögliches Wiedergänger-Grab aus der Jungsteinzeit bei Theißen entdeckt 9. August 2017

Archäologen finden Hinweise für Glauben an Wiedergänger in England 5. April 2017

Neues Buch: „Geköpft und gepfählt – Archäologen auf der Jagd nach den Untoten“ 22. September 2016

Diesem angeblichen Pest-Vampir in Venedig wurde bei der Bestattung anno 1578 ein Steinquader in den Mund getrieben. Copyright: Matteo Borrini, restiumani.it

Diesem angeblichen Pest-Vampir in Venedig wurde bei der Bestattung anno 1578 ein Steinquader in den Mund getrieben.
Copyright: Matteo Borrini, restiumani.it

Rätsel um polnischen „Vampir-Friedhof“ gelüftet 28. November 2014

Vampirglaube in Norddeutschland: Grabfunde belegen Bestattungssrituale gegen Wiedergänger und Nachzehrer 13. September 2014

Archäologen finden weiteres „Vampirgrab“ im Bulgarien 11. September 2013

Archäologen finden Vampirgrab in Bulgarien 10. Juni 2012

Archäologen finden „Wiedergänger-Skelette“ in Irland 22. September 2011

Archäologen finden „Wiedergänger-Skelette“ in Irland 22. September 2011

Bestattung in Bauchlage galt als Herabsetzung der Toten 27. Juni 2009

Historisches Vampirgrab in Venedig entdeckt 9. März 2009

4000 Jahre altes „Vampirgrab“ im Böhmen entdeckt 22. Juli 2008

Recherchequellen: Parabon Nanolabs, Virginia Commonwealth University, eigenen Recherchen grenzwissenschaft-aktuell.de

© grenzwissenschaft-aktuell.de