Karte zeigt, wo es heute noch unentdeckte Tiere geben könnte

Die neue MoL-Karte bildet Wahrscheinlichkeiten ab, noch unentdeckte Wirbeltiere zu entdecken. Copyright: Mario Moura und Walter Jetz
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Die neue MoL-Karte bildet Wahrscheinlichkeiten ab, noch unentdeckte Wirbeltiere zu entdecken. Copyright: Mario Moura und Walter Jetz

Die neue MoL-Karte bildet Wahrscheinlichkeiten ab, noch unentdeckte Wirbeltiere zu entdecken.
Copyright: Mario Moura und Walter Jetz

New Haven (USA) –Die Vorstellung, dass unser Planet nahezu vollständig erkundet und erschlossen wird, ist ebenso weit verbreitet wie falsch. 10 Jahre nach ihrer „Karte des Lebens“, die die bekannten Lebensformen und ihre geografische Verteilung abbildet, haben zwei Yale-Ökologen nun eine Kartenvariante vorgestellt. Diese bildet nun die Wahrscheinlichkeit für die Entdeckung heute noch unbekannter Landlebewesen ab.

Wie Mario Moura und Walter Jetz von der Yale University und der Federal University of Paraiba aktuell im Fachjournal „Nature Ecology & Evolution“ (DOI: 10.1038/s41559-021-01411-5) berichten, offenbare diese Art der „spekulativen Kartographie“ nicht nur die aktuelle Krise der Biodiversität, sondern zeige auch auf, wo wir noch Möglichkeiten haben, Tiere noch zu entdecken, zu dokumentieren und somit bestenfalls auch zu schützen, bevor sie dauerhaft aussterben.

Konservative Schätzungen legen nahe, dass wir derzeit nur 10-20 Prozent aller lebenden Arten kennen. Die neue Karte beruht denn auch auf den von den Forschern bereits zuvor im Rahmen ihrer „Map of Life“ (MoL) zusammengetragenen Informationen zur biologischen, umweltwissenschaftlichen und soziologischer Faktoren anhand der Daten zu mehr als 32.000 bereits bekannten Wirbeltieren, die dann auf die noch potenziell unentdeckt existierenden Arten und Lebensräume übertragen wurden.

Hierzu untersuchten die Forschenden 11 Schlüsselfaktoren, die es ihnen ermöglichten, Standorte, an denen sich möglicherweise unentdeckte Arten befinden, besser vorhersagen zu können. So sei es beispielsweise wahrscheinlicher, dass große Tiere mit großen geografischen Verbreitungsgebieten in besiedelten Gebieten bereits entdeckt wurden. Neue Entdeckungen solcher Arten dürften in Zukunft entsprechend eher selten sein. Bei kleineren Tieren mit begrenzten Reichweiten, die in unzugänglicheren Regionen leben, sei es hingegen wahrscheinlicher, dass sie bislang nicht entdeckt wurden. „Die Chancen, früh entdeckt und beschrieben zu werden, sind bei den Arten nicht gleich“, erläutert Moura. „Zum Beispiel wurde der Emu, ein großer Vogel in Australien, 1790 entdeckt, kurz nachdem taxonomische Artenbeschreibungen begonnen hatten. Die kleine, schwer fassbare Froschart Brachycephalus guarani wurde jedoch erst 2012 in Brasilien entdeckt, was darauf hindeutet, dass noch weitere solche Amphibien zu finden sind.“

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Mit ihrer Karte zeigen Moura und Jetz, dass die Wahrscheinlichkeiten für die Entdeckung neuer Arten weltweit sehr unterschiedlich sind. Ihre Analyse legt nahe, dass Brasilien, Indonesien, Madagaskar und Kolumbien mit einem Viertel aller potenziellen Entdeckungen die größten Möglichkeiten zur Identifizierung neuer Arten insgesamt bieten.

Nicht identifizierte Arten von Amphibien und Reptilien tauchen am wahrscheinlichsten in neotropischen Regionen und indo-malaiischen Wäldern auf. Moura und Jetz konzentrierten sich auch auf eine andere Schlüsselvariable bei der Aufdeckung fehlender Arten – die Anzahl der Taxonomen, die nach ihnen suchen: „Wir neigen dazu, zuerst das ‚Offensichtliche‘ und später das ‚Verborgene‘ zu entdecken“, sagt Moura. „Wir brauchen mehr Mittel für Taxonomen, um die verbleibenden unentdeckten Arten zu finden.“

– Eine interaktive Online-Version der Karte finden Sie HIER

Allerdings sei auch die weltweite Verteilung der Taxonomen sehr ungleichmäßig, weshalb die Karte des unentdeckten Lebens dazu beitragen solle, neue Anstrengungen zu konzentrieren.

„Diese Arbeit wird zunehmend an Bedeutung gewinnen, wenn sich Nationen weltweit versammeln, um später in einen neuen globalen Rahmen für die biologische Vielfalt im Rahmen des Übereinkommens über die biologische Vielfalt auszuhandeln und Verpflichtungen zur Eindämmung des Verlusts der biologischen Vielfalt einzugehen“, zeigen sich die Forscher überzeugt. „Eine gleichmäßigere Verteilung taxonomischer Ressourcen kann die Entdeckung von Arten beschleunigen und die Anzahl der für immer unbekannten aussterbenden Arten begrenzen.“




Mit Partnern weltweit planen Jetz und Kollegen, ihre Karte des unentdeckten Lebens in den kommenden Jahren auf Pflanzen-, Meeres- und Wirbellose auszuweiten. Diese Informationen sollen Regierungen und Wissenschaftsinstitutionen dabei helfen, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, wo sie ihre Bemühungen auf die Dokumentation und Erhaltung der biologischen Vielfalt konzentrieren können, so die Wissenschaftler abschließend.

Quelle: Yale University

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