Mars-Henge? Kontroverse um Steinkreis-Formation auf dem Mars
Überreste eines Steinkreises auf dem Mars?
Copyright: NASA/JPL/University of Arizona
Saarbrücken (Deutschland) – Wieder einmal sorgen Aufnahmen vom Mars für Aufsehen und kontroverse Diskussionen – scheinen diese doch eine auffallend kreisförmige Anordnungen vermeintlich großer Steinquader auf einem ebenfalls kreisrunden Mars-Hügel zu zeigen. Tatsächlich drängen sich – zumindest auf den ersten Blick – Vergleiche mit irdischen megalithischen Steinkreisen wie Stonehenge auf.
Als einer der ersten machte Jeff Taylor in einem Kommentar auf der Facebook-Seite „Journey to the Surface of MARS“ auf die auffallende Anordnung der Steine aufmerksam (s.Abb.l.). Die Aufnahme selbst stammt schon vom 24. September 2012, wurde von der HiRISE-Kamera an Bord der NASA-Sonde „Mars Reconnaissance Orbiter“ (MRO) gefertigt und zeigt einen Ort bei 28.064°N, 75.956°E in der Mars-Region Nilosyrtis Mensae.
Vergleichbare Satellitenaufnahme (s/w-Version) des Steinkreises von Stonehenge in der südenglischen Grafschaft Wiltshire.
Copyright/Quelle: Google Earth
Das „irdische“ Stonehenge im Luftbild.
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Nachdem erste Analysen auf der Grundlage falscher Maßangaben nahe gelegt hatten, dass der „Steinkreis“ auf dem Mars mit einem Gesamtdurchmesser (inkl. Hügel) von gerade einmal 10 Metern vergleichsweise klein wäre und die Steine kaum 30 Zentimeter aus dem Boden hinausragten, schwand zunächst bei vielen Beobachtern die Faszination an „Mars-Henge“, da eine natürliche Erklärung der Formation sehr viel wahrscheinlicher erschien.
Gemeinsam mit Andreas Müller, Herausgeber des Nachrichtenblogs „Grenzwissenschaft-Aktuell.de“ analysierte Chris Savia auf „DailyGrail.com“ dann jedoch weitere NASA-Aufnahmen der fraglichen Struktur, um die genauen Ausmaße von „Mars-Henge“ korrekt zu ermitteln.
„Die Steinformation auf dem Mars hat in Wirklichkeit beeindruckende Ausmaße“, stellt Savin fest. „Der den ‚Steinkreis‘ umgebende, ebenfalls kreisrunde ‚Hügel‘ misst rund 359 Pixel im Durchmesser. Der ‚Steinkreis“ selbst ca. 188 Pixel. Bei einer Auflösung von 25 Zentimeter pro Pixel ergeben sich hierfür Durchmesser von rund 89,7 und 47 Metern.“
Die Grafiken veranschaulichen die Auflösung der Aufnahme und Analyse durch Chris Savia
Das NASA-Originalbild (Achtung: 714,4 MB groß!) können Sie HIER herunterladen
Copyright/Quelle: NASA/JPL/University of Arizona, Chris Savia / DailyGrail.com, GreWi.de
Die vier großen Hauptsteine auf den Positionen 3, 6, 9 und 12 Uhr (Anm. GreWi: Savin hat diese spaßeshalber mit den Beinamen seiner Kollegen „Greg“, „Patrick“, „Andreas“ und „Miguel“ versehen) werfen zudem Schatten, die mit Hilfe der Metadaten zur Aufnahme, die von der NASA und der University of Arizona zur Verfügung gestellt werden, Rückschlüsse auf die Höhe dieser Steine zulassen.“
Demnach ragt „Greg“ (3-Uhr-Position) rund 2,25 Meter hoch aus dem Boden. „Miguell“ (12) 1,8 Meter, „Patrick“ (6) knapp 1,62 Meter und „Andreas“ (9) rund 81 Zentimeter.
„Während das im Vergleich zu den gewaltigen, rund 7 Meter hohen Steintoren von Stonehenge zwar vergleichsweise klein ist“, so Savin, „sind die sonstigen Ausmaße jedoch beachtlich: So misst ‚Greg‘ immerhin rund 6,25 Meter in der diagonalen Breite (West-Ost). ‚Patrick‘ 1,8 Meter, ‚Miguel‘ 4 Meter und ‚Andreas‘ 4,25 Meter.“
Sollte die Anordnung dieser Steine nicht natürlichen Ursprungs sein, so spekuliert Chris Savin weiter, „so verfolgten die Mars-Druiden eine andere Ästhetik als ihre irdische Kollegen, denn die Steine scheinen nicht nach den vier Kardinalpunkten, noch nach den Sonnenaufgangs- und/oder Untergangspunkten der marsschen Sonnenwenden ausgerichtet zu sein. Pareidolie, also die menschliche Tendenz selbst in zufälligen und chaotischen Strukturen wie Wolken und Felsen, bekannte Muster zu erkennen, ist als Erklärungsmöglichkeit ebenfalls nicht ausgeschlossen.“
Die Arbeitsvorlage der Größenbestimmung.
Das NASA-Originalbild (Achtung: 714,4 MB groß!) können Sie HIER herunterladen
Copyright/Quelle: NASA/JPL/University of Arizona, Chris Savia / DailyGrail.com, GreWi.de
Als mögliche Erklärung für die kreisrunde Anordnung der Struktur nannten in der bisherigen Kontroverse Geologen etwa Eruptionen oder auch das Phänomen der sogenannten Frostmusterböden bzw. Strukturböden. Hierbei handelt es sich um Oberflächenformen mit regelmäßigen Strukturen, die durch Einwirkung von Bodenfrost entstehen, sowohl von der Erde als auch auf dem Mars bekannt sind und Sediment und kleinere Steinbrocken durch die Frost-und-Tauzyklen von Permafrostböden zu gleichmäßigen Anordnungen gruppieren.
Im Gegensatz zu bekannten Beispielen dieser Frostmusterböden liegt „Mars-Henge“ jedoch auffallend einsam in der Landschaft. Erst wieder weiter südlich finden sich vergleichbar runde Geländemerkmale, die in ein Umfeld von Frostmusterböden eingebettet sind (s. Abb.). Die umgebenden Bodenmuster sind im Fall von „Mars-Henge“ nicht zu erkennen. Ein Grund hierfür könnte stärkere Erosion in dieser Gegend sein. Auf jeden Fall zeigen diese anderen Strukturen jedoch zumindest, dass es weitere ähnliche Strukturen natürlichen Ursprung mit vergleichbaren Ausmaßen ganz in der Nähe von „Mars-Henge“ gibt.
Beispiele natürlicher „Steinkreise“ in Folge von Frostmusterböden unweit von „Mars-Henge“. Zu beachten sind die strukturierten Frostmusterböden rund um diese Strukturen.
Copyright: NASA/JPL/University of Arizona
„Um also ein endgültiges Urteil fällen zu können, muss diese Struktur wahrscheinlich vor Ort in Augenschein genommen werden“, stell Savin abschließend fest und Müller fügt hinzu: „Ganz gleich ob natürlich oder künstlicher Herkunft, diese Steinformation würde ich gerne aus der Nähe und Bodenperspektive sehen.“
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