Pasadena (USA) – Anhand von Daten der Saturnsonde „Cassini“ haben US-Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen weitere Hinweise Schlüsselelement edes Lebens und eine lebensbefördernde Energiequelle auf dem Saturnmond Enceladus entdeckt.
Wie das Team um Jonah Peter, Doktorand an der Harvard University, aktuell im Fachjournal „Nature Astronomy“ (DOI: 10.1038/s41550-023-02160-0) berichtet, war schon zuvor bekannt, dass die Eis- und Dampf-Fontänen, die aus der Südpolregion des Saturnmondes austreten und von einem tief unter der gewaltigen Eiskruste verborgenen Ozean gespeist werden, reich an organischen Verbindungen sind, von denen einige für Leben, wie wir es von der Erde kennen, wichtig sind.
Die nun vorgelegte Arbeit geht jedoch noch einen Schritt weiter und erklärt, man habe „starke Beweise für Blausäure gefunden, ein Molekül, das für die Entstehung des Lebens von entscheidender Bedeutung ist.“ Hinzu zeige sich, dass der die Fontänen speisende Ozean des Mondes eine starke Quelle chemischer Energie enthalte.
Diese bisher unbekannte Energiequelle bestehe aus „mehreren organischen Verbindungen, von denen einige auf der Erde als Brennstoff für Organismen dienen“. Die Untersuchungsergebnisse deuten darauf hin, dass sich auf Enceladus möglicherweise viel mehr chemische Energie befindet als bisher angenommen. „Je mehr Energie zur Verfügung steht, desto wahrscheinlicher ist es, dass sich Leben vermehrt, erhalten bleibt und gedeiht“, attestierten die Autoren und Autorinnen der Studie. „Unsere Arbeit liefert einen weiteren Beweis dafür, dass Enceladus einige der wichtigsten Moleküle beherbergt, sowohl für die Bildung der Bausteine des Lebens als auch für die Aufrechterhaltung dieses Lebens durch Stoffwechselreaktionen“, so Jonah Peter. „Enceladus scheint nicht nur die Grundvoraussetzungen für Lebensfreundlichkeit zu erfüllen, wir haben jetzt auch eine Vorstellung davon, wie komplexe Biomoleküle sich dort bilden könnten und welche chemischen Wege daran beteiligt sein könnten.“
www.grenzwissenschaft-aktuell.de
+ HIER können Sie den täglichen und kostenlosen GreWi-Newsletter bestellen +
Die Entdeckung von Blausäure ist deshalb so besonders, weil sie den Ausgangspunkt für die meisten Theorien über die Entstehung des Lebens darstellt. „Das Leben, wie wir es kennen, erfordert Bausteine wie Aminosäuren, und Blausäure ist eines der wichtigsten und vielseitigsten Moleküle, die zur Bildung von Aminosäuren benötigt werden.“ Da seine Moleküle auf viele verschiedene Arten gestapelt werden können, bezeichnen die Studienautoren Blausäure als das „Schweizer Taschenmesser unter den Aminosäurevorläufern“.
Schon 2017 fanden Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen auf Enceladus Hinweise auf eine Chemie, die dazu beitragen könnte, Leben (sofern vorhanden) in seinem Ozean zu erhalten. „Die Kombination von Kohlendioxid, Methan und Wasserstoff in den Geysirwolken ließ auf Methanogenese schließen, einen Stoffwechselprozess, bei dem Methan entsteht. Methanogenese ist auf der Erde weit verbreitet und könnte für die Entstehung des Lebens auf unserem Planeten von entscheidender Bedeutung gewesen sein.“
Zudem liefert die neue Studie Hinweise auf zusätzliche chemische Energiequellen im Enceladus-Ozean, die weitaus leistungsfähiger und vielfältiger sind als die Herstellung von Methan: Wie sich zeigt, ist wohl eine ganze Reihe organischer Verbindungen vorhanden, die oxidiert wurden. Das wiederum deute darauf hin, dass es viele chemische Wege gibt, um möglicherweise Leben im verborgenen Ozean des Mondes zu erhalten, da Oxidation die Freisetzung chemischer Energie vorantreibt. „Wenn die Methanogenese in Bezug auf die Energie wie eine kleine Uhrenbatterie wirkt, dann deuten unsere Ergebnisse darauf hin, dass der Ozean von Enceladus etwas enthalten könnte, das eher einer Autobatterie ähnelt und in der Lage ist, jegliches Leben, das vorhanden sein könnte, mit einer großen Menge an Energie zu versorgen“, erläutert Kevin Hand vom Jet Proulsion Laboratory (JPL) der NASA und Mitautor der Studie.
Im Gegensatz zu früheren Forschungen, bei denen Laborexperimente und geochemische Modelle zur Nachbildung jener Bedingungen eingesetzt wurden, die Cassini in Enceladus vorgefunden hat, verließen sich die Autoren der neuen Arbeit auf detaillierte statistische Analysen. Sie untersuchten Daten, die mit dem Ionen- und Neutralmassenspektrometer von Cassini gesammelt wurden, mit dem das Gas, die Ionen und die Eiskörner um Saturn untersucht wurden. Durch die Quantifizierung der in den Daten enthaltenen Informationsmenge konnten die Autoren subtile Unterschiede darin herausfinden und überprüfen, wie gut verschiedene chemische Verbindungen das Cassini-Signal erklären. „Es gibt viele potenzielle Puzzleteile, die zusammengefügt werden können, wenn man versucht, die beobachteten Daten abzugleichen“, sagte Peter. „Wir haben mithilfe von Mathematik und statistischer Modellierung herausgefunden, welche Kombination von Puzzleteilen am besten zur Wolkenzusammensetzung passt und das Beste aus den Daten herausholt, ohne den begrenzten Datensatz zu überinterpretieren.“
Zwar sind auch die neuen Ergebnisse noch bei Beweis, dass auch tatsächlich auf Enceladus Leben entstanden ist, doch legt die neue Arbeit chemische Wege für das Leben dar, die später auch im Labor getestet werden könnten. „Unsere Studie zeigt, dass Cassinis Mission zwar [seit 2017] beendet ist, dass ihre Beobachtungen uns jedoch weiterhin neue Erkenntnisse über Saturn und seine Monde liefern – einschließlich des rätselhaften Enceladus“, bemerkt Tom Nordheim, ein JPL-Planetenforscher und Cassini-Teammitglied sowie ebenfalls Mitautor der Studie, abschließend.
WEITERE MELUNGEN ZUM THEMA
Lebensfreundlicher Saturnmond: Beprobung der Enceladus-Föntänen ist aussagekräftig 7. Dezember 2023
Bausteine des Lebens: Nun auch direkter Nachweis von Phosphor auf Saturnmond Enceladus 15. Juni 2023
Webb-Weltraumteleskop dokumentiert gewaltigen Wasserdampfausbruch aus Saturnmond Enceladus 31. Mai 2023
Nun auch letzte “Zutat des Lebens” im Ozean auf Saturnmond Enceladus nachgewiesen 29. September 2022
Verborgene Ozeane auf Saturnmond Enceladus sind salzreich genug für Leben 27. Juli 2022
Recherchequelle: NASA
© grenzwissenschaft-aktuell.de