Loch Ness: Genetiker präsentieren Ergebnisse der Suche nach Nessies eDNA

Grafische Darstellung der Ergebnisse der eDNA-Analyse anhand von Wasserproben aus dem Loch Ness. Copyright/Quelle: Gemmel et al. / University of Otago
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Grafische Darstellung der Ergebnisse der eDNA-Analyse anhand von Wasserproben aus dem Loch Ness. Copyright/Quelle: Gemmel et al. / University of Otago

Grafische Darstellung der Ergebnisse der eDNA-Analyse anhand von Wasserproben aus dem Loch Ness.
Copyright/Quelle: Gemmel et al. / University of Otago

Drumnadrochit (Großbritannien) – Anhand von Wasserproben aus dem sagenumwobenen Loch Ness haben Genetiker eine umfangreiche eDNA-Analyse des größten Sees Schottlands und damit der dortigen Artenvielfalt erstellt. Aus der Studie lassen sich auch Rückschlüsse auf die Identität des angeblichen Ungeheuers von Loch Ness ziehen.

Zuvor hatte das Team um Prof. Neil Gemmell von der neuseeländischen University of Otago Wasserproben aus dem Loch Ness und umliegenden Seen entnommen und diese einer sogenannte eDNA-Analyse unterzogen.

Hintergrund: eDNA
Bei der Methode der eDNA handelt es sich um ein vergleichsweise neues DNA-Analyseverfahren, das noch kleinste DNA-Spuren aus Umweltproben wie beispielsweise Wasser- oder Böden extrahieren kann. Bekannt wurde das Verfahren durch den DNA-Nachweis der Existenz der sogenannten Denisova-Menschen aus der Analyse von Ablagerungen in einer Höhle, in der sich sonst keine physischen Beweise oder Spuren als Beleg für die einstige Anwesenheit der lange Zeit unbekannten Frühmenschenart fanden

„Die Methode des eDNA ist deshalb so effektiv, weil das Leben selbst schmutzig ist“, so Gemmell. „Egal welche Kreatur sich durch eine Umwelt bewegt und darin lebt – sie hinterlässt auf jeden Fall kleinste Fragmente ihrer DNA in Form von Haut, Schuppen, Federn, Haaren, Kot und Urin. Es ist diese DNA, die wir mittlerweile extrahieren und sequenzieren können, um damit diese Kreaturen zu identifizieren, in dem man die ermittelten Sequenzen mit den Datenbänken bekannter genetischer Sequenzen von mehr als 100.000 unterschiedlichen Organismen vergleicht.“

Insgesamt wurden 250 Wasserproben aus dem Loch Ness entnommen und analysiert, wobei rund 500 Millionen Sequenzen extrahiert und mit bestehenden Datenbanken verglichen wurden. Auf diese Weise sei nicht nur nach dem sagenumwobenen Ungeheuer „Nessie“ gesucht, sondern auch eine Bestandsaufnahme der gesamten Biodiversität – von Bakterien bis hin zu höheren, großen Tieren – des Loch Ness erstellt worden (…GreWi berichtete).

Wie Gemmel gemeinsam mit dem Leiter des „Loch Ness Centre & Exhibition“, Adrian Shine im schottischen Drumnadrochit auf der heutigen Pressekonferenz berichtete, könne man anhand der Ergebnisse nun einige der populärsten Theorien rund um die Natur des vermeintlichen Ungeheuers wiederlegen.

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Demnach ließen sich „leider keine genetischen Beweise für die Existenz einer urzeitlichen Reptilien-Population im Loch Ness finden“, wie sie etwa in Form überlebender Plesiosaurier seit Jahrzehnten die Fantasien anregen. „Da wir keine in diese Richtung weisende eDNA im Loch Ness finden konnten, glauben wir nicht, dass die Idee von Plesiosauriern im See weiterhin aufrechterhalten werden kann“, so Gemmel.

Eine der populärsten Theorien sieht in “Nessie” Exemplare einer bis heute im Loch Ness überlebenden Population von Plesiosauriern (Illu.).
Copyright: Adam Stuart Smith (via Wikimedia Commons), CC BY-SA 2.5

“Wir haben auch alle anderen populären Theorien darüber, was im See groß genug sein könnte, um die zahlreichen Sichtungen eines großen Wesens erklären zu können, untersucht. Dazu zählen neben Riesenwelsen und Stören auch die Vorstellung von einem verirrten Grönlandhai. Aber, im Loch Ness findet sich weder eDNA von Haien noch die eines Riesenwelses und auch Stör-DNA konnten wir nicht finden.“

Ein 2015 vor Plymouth gefangener Riesenaal. Copyright: Plymouth Fischeries

Ein 2015 vor Plymouth gefangener Riesenaal.
Copyright: Plymouth Fischeries

Was bleibt sei die Vorstellung von Aalen als Erklärung für Nessie, so Gemmel. „Es könnte sich also durchaus um einen bzw. mehrere sehr große Aale handeln, die dem Mythos vom Ungeheuer im Loch Nes zu Grunde liegen.“ Die Größe dieser Tiere könne die der bislang größten bekannten Exemplar Europäischer Aale deutlich übertreffen (s. Abb.).

Während anhand der gewonnen DNA keine Rückschlüsse auf die Körpergröße der Aale im Loch Ness gezogen werden könne, schließe die große Menge an Aal-DNA, wie sie an allen Probeentnahmestellen im See vorgefunden wurde, die Existenz von Riesenaalen im See nicht aus.

Insgesamt habe man neben unzähligen Mikroben (darunter sogar eine Salzwasserbakterienart) durch die Studie nun 11 Fischarten, 3 Amphibienarten, 22 Arten von Vögeln und 19 Säugetierarten im und am Loch Ness identifiziert. Befürchtungen, der Loch Ness könnte auch schon von hier eigentlich nicht heimischen, eingeschleppten Arten “kontaminiert” sein, widerspricht die Studie: „Bislang konnten wir noch keine DNA solcher Arten (darunter beispielsweise Pazifiklachse) finden.“

Zwar habe man innerhalb der Studie mit Sicherheit noch nicht alle im Loch Ness lebenden Arten identifiziert, dennoch zeigen sich die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen um Gemmel überzeugt, dass man „keine im See lebende Hauptgruppe von Tieren übersehen habe.“

Auch eine eDNA-Studie könne anwesende Arten im See übersehen. Als Gründe hierfür nennen die Forscher beispielsweise potentielle Mängel in der Probenentnahme; den Umstand, dass es sich bei einer Art um wandernde Tiere wie etwa Lachse handele, wie sie den See nur zeitweise aufsuchen und bevölkern ;sowie kleine oder nur selten vorkommende Tiergruppen. Auch der Umstand, dass beim Abgleich der gefundenen eDNA-Sequnezen eine Art übersehen wurde, könne nie ganz ausgeschlossen werden, so Gemmel.

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„Der Loch Ness ist sehr weitläufiges Gewässer. Vor dem Hintergrund, dass eDNA-Signale sich oft auch schnell wieder auflösen und meist nur Tage oder Wochen währen, bleibt natürlich die Möglichkeit bestehen, dass es weiterhin etwas im Loch Ness gibt, das wir nicht gefunden haben“, so Gemmel und führt abschließend weiter aus:

“Vielleicht haben wir schlichtweg auch nur zur falschen Zeit und/oder den falschen Stellen gesucht oder unsere Methoden waren nicht dazu geeignet, ‘Nessie’ zu erkennen, da die Sequenz (des Ungeheuers) mit keiner in den Datenbanken vorhandenen Sequenz übereinstimmt oder dieser gleicht. (…) Unsere Untersuchung kann diese Frage also leider nicht abschließend beantworten. Wir fanden aber auch keine eindeutigen Beweise für die Existenz eines „Ungeheuers“ im Loch Ness. Denn schlussendlich gilt auch hier, dass es unmöglich ist, die Nichtexistenz von etwas zu beweisen.“ Allerdings habe man nun Belege für eine Theorie, die es weiterhin zu untersuchen gelte. „Die Vorstellung von einem Riesenaal im Loch Ness ist es weiterhin wert, erforscht zu werden.”

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Quelle: Super Natural History – Loch Ness Edition, University of Otago

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